SERIE GELDWÄSCHE: USA

Amerika setzt auf globale Verfolgung

Der Kongress hat gegen das Veto von Ex-Präsident Donald Trump kürzlich ein neues Reformgesetz für den Kampf gegen Geldwäsche verabschiedet. Das Gesetz beinhaltet ein Belohnungsprogramm für Informanten. Ausländischen Banken drohen mehr Ermittlungen und höhere Strafen.

Amerika setzt auf globale Verfolgung

nok New York

Donald Trump, dessen Präsidentschaft am Mittwoch endete, hat in jüngster Zeit einige Abstimmungen verloren. Zur Jahreswende überstimmte der Kongress mit parteiübergreifender Mehrheit etwa Trumps Veto gegen das Verteidigungsbudget für das kommende Haushaltsjahr. Vor der breiteren Öffentlichkeit kaum bemerkt wurde mit dem Verteidigungshaushalt auch eine an das Gesetz angehängte Reform der amerikanischen Geldwäsche-Statuten verabschiedet, die große Auswirkungen auf ausländische Banken haben könnte.

Das Gesetz, der mehr als 200 Seiten starke „Anti-Money Laundering Act of 2020“, stärkt die Zugriffsmöglichkeiten von US-Behörden auf Banken und Unternehmen außerhalb der Vereinigten Staaten. Dazu sieht das Gesetz eine stärkere Belohnung von Informanten (Whistleblower) bei dienlichen Hinweisen vor.

Laut Gesetzgeber handelt es sich dabei um eine „umfassende Reform und Modernisierung“ des 1970 mit den Gesetz zum Bankgeheimnis (Bank Secrecy Act) erstmalig festgezurrten und zuletzt mit dem 2001 in Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September verschärften rechtlichen Rahmens für die Bekämpfung von Geldwäsche und Korruption. Die Fachleute in den großen amerikanischen Anwaltskanzleien sehen das ähnlich. Anwälte rechnen unisono mit einer deutlich zunehmenden Zahl von straf- und zivilrechtlichen Ermittlungen und Klagen beim Thema Geldwäsche.

Die Vereinigten Staaten gehen schon seit geraumer Zeit aggressiv gegen ausländische Banken im Zusammenhang mit Geldwäsche oder der Verletzung von Sanktionen vor. Die US-Niederlassungen dieser Banken sind wie die der amerikanischen Konkurrenz verpflichtet, die Anforderungen des Bank Secrecy Act zu erfüllen. „Das stellt einen Angriffspunkt für die Bankaufsichtsbehörden dar, ihre juristische Zuständigkeit auszuüben“, heißt es in einem Kommentar der Kanzlei Allen & Overy. Die Liste ausländischer Banken mit amerikanischer Niederlassung, die in der Vergangenheit wegen Mängeln bei der Bekämpfung von Geldwäsche außerhalb der Vereinigten Staaten von Aufsichtsbehörden belangt wurden, reicht von HSBC, BNP Paribas und Société Générale über Unicredit bis zur Commerzbank. Neben Bundesbehörden sind auch solche der Bundesstaaten wie das New Yorker DFS (Department of Financial Services) aktiv, das jüngst eine Geldstrafe gegen die Deutsche Bank verhängte. Das DFS ist einflussreich, weil es für jede Bank zuständig ist, die in New York eine Lizenz hat – auf die angesichts der großen Bedeutung des Finanzplatzes keine Bank verzichten kann.

Aber nichtamerikanische Banken müssen gar keine Niederlassung in den USA haben, um ins Visier der US-Behörden zu geraten und mehrstellige Millionen-Dollar-Strafen zu riskieren. Das neue Geldwäschegesetz erweitert den Zugriff von US-Behörden auf Informationen von ausländischen Banken, die nur ein Korrespondenzkonto in den USA unterhalten. Korrespondenzkonten er­möglichen grenzüberschreitende Transaktionen zwischen verschiedenen Finanzinstituten, die keine direkte Beziehung miteinander haben. US-Dollar-Transaktionen machen laut Weltwährungsfonds rund die Hälfte der weltweiten Korrespondenzüberweisungen aus, und US-Banken spielen dabei eine zentrale Rolle. Amerikanische Behörden haben schon jetzt das Recht, per Zwangsvorladung Informationen von einer ausländischen Bank anzufordern, wenn sie ein Korrespondenzkonto besitzt. Die Auskunft war bisher aber auf Unterlagen und Daten beschränkt, die direkt mit dem Korrespondenzkonto in Zusammenhang standen.

Zugriff auf jegliches Konto

Mit dem neuen Gesetz bekommen die amerikanischen Behörden jetzt Zugriff auf „jegliche Konten der ausländischen Bank“, wenn die US-Behörden das bei ihren Ermittlungen für wichtig halten. „Für internationale Banken kann dieser extraterritoriale Ansatz beängstigend sein“, sagt Marc-Alain Galeazzi, Anwalt und Fachmann für Geldwäsche bei der Wirtschaftskanzlei Morrison & Foerster in New York. „Das Gesetz kann Banken in die problematische Lage bringen, zwischen den Gesetzen im Heimatland und den US-Gesetzen wählen zu müssen.“ Das neue Antigeldwäschegesetz nehme das billigend in Kauf, sagt Galeazzi. Ein Verstoß gegen ein ausländisches Gesetz sei laut Gesetzestext nämlich kein Grund, eine Vorladung aufzu­heben.

Das neue Belohnungsprogramm für Whistleblower, das in ähnlicher Form im Jahr 2010 auch schon bei der US-Börsenaufsicht SEC eingeführt wurde, könnte einen größeren Anreiz für Mitarbeiter und Klägeranwälte bieten, anonyme Tipps an die Behörden zu geben. „Es gibt eine Menge Leute mit Zugang zu Informationen, die Behörden jetzt direkt informieren können, wenn ihre Arbeitgeber die Bestimmungen des Bank Secrecy Act nicht einhalten. Das könnte eine große Sache werden“, meint Alma Angotti, Expertin für Geldwäsche, die lange für US-Aufsichtsbehörden tätig war und jetzt für die Beratungsgesellschaft Guidehouse Finanzinstitute berät.

Wenn eine vom Justiz- oder Finanzministerium vorgebrachte Klage zu einer Geldstrafe von mehr als 1 Mill. Dollar führt, kann ein Informant bis zu 30% der Vergleichssumme als Belohnung erhalten. Bisher war die Summe auf 150000 Dollar beschränkt. Die SEC hat seit 2010 mehr als 40000 Hinweise von Informanten aus 130 Ländern erhalten. Im vergangenen Oktober erhielt ein Informant die Rekordsumme von 114 Mill. Dollar als Belohnung.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des neuen Gesetzes ist die Schließung eines Schlupflochs für anonyme Briefkastenfirmen. Unternehmen müssen ihre Eigentümer künftig an die FinCEN melden, die für die Bekämpfung von Finanzkriminalität zuständige Sparte des Finanzministeriums. Die Behörde sammelt die Informationen in einer nichtöffentlichen Datenbank und kann sie anderen Regierungsbehörden bei Ermittlungen zugänglich machen. Jährlich werden in den Vereinigten Staaten über 2 Millionen Unternehmen gegründet, aber die meisten Bundesstaaten verlangen – anders als international üblich – bei der Gründung keine Auskunft über die Eigentümer. „Wenn eine terroristische Zelle ihr Geld verschieben oder ein kriminelles Syndikat Geld waschen will, dann tun sie das in der Regel direkt hier in den USA, mit einer Briefkastenfirma“, sagte die demokratische Abgeordnete Carolyn Maloney aus New York, die diesen Teil des Gesetzes auf den Weg gebracht hatte.

Mehr Ressourcen

Der neue Präsident Joe Biden hat angedeutet, dass das Vorgehen gegen illegale Finanzgeschäfte im In- und Ausland höchste Priorität haben wird. Beraterin Angotti geht daher davon aus, dass die Aufsichtsbehörden unter Biden mehr Ressourcen bekommen werden. „Es könnte mehr Ermittler geben, die möglicherweise etwas härter gegen Banken vorgehen“, sagt sie. Auch Jurist Galeazzi hält es für eine politische Entscheidung, wie „aggressiv oder nachsichtig“ eine Behörde vorgeht. Er glaubt auch, dass die Verfolgung von Geldwäsche unter Biden insgesamt forciert wird, nachdem sie in den vergangenen Jahren etwas nachgelassen hatte. Galeazzi ist sich mit vielen seiner Kollegen einig: „Es wird sicherlich mehr Ermittlungen und Klagen geben.“

Zuletzt erschienen:

Europäische Union: Einheitliche Regeln, neue Aufsicht (19.1.)

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