Interview zu Serie Geldwäsche

„Ausländische Banken unterschätzen die Macht der US-Behörden“

Der Partner von Morrison & Foerster über den langen Arm der Justiz.

„Ausländische Banken unterschätzen die Macht der US-Behörden“

Norbert Kuls.

Herr Galeazzi, mit dem neuen Antigeldwäschegesetz erweitern die Vereinigten Staaten ihre extraterritoriale Zuständigkeit. Sind die Vereinigten Staaten mit diesem Ansatz allein oder gibt es andere Länder, die ähnlich vorgehen?

Nein, es ist in der Tat außergewöhnlich. Für ausländische Banken ist es immer wieder erstaunlich und oft unfassbar, wie weit der Arm der amerikanischen Aufsichtsbehörden ins Ausland reicht, entweder um Banken zu bestrafen, die in den Vereinigten Staaten eine Niederlassung haben, oder um an Informationen über Transaktionen zu kommen, die im Ausland stattgefunden haben.

Was steht hinter diesem Ansatz? Trauen die Amerikaner ausländischen Aufsichtsbehörden nicht?

Die Vereinigten Staaten sind generell davon überzeugt, dass ihre Gesetze und Regularien richtig sind und überall angewendet werden sollten. Bei der Bekämpfung der Geldwäsche haben die Amerikaner zudem früh eine Führungsrolle übernommen und sind immer noch weiter als andere Länder. Extraterritorialität bietet etwa bei Sanktionen gegen Länder wie den Iran auch ein Druckmittel, um sie weltweit durchzusetzen. Ausländische Banken, die weiter Transaktionen mit dem Iran abwickeln, können dann keine Geschäfte in den USA oder mit amerikanischen Firmen mehr machen. Das Druckmittel funktioniert auch bei der Bekämpfung der Geldwäsche, die ja ein globales Problem ist und mit dem Aufkommen digitaler Währungen gänzlich grenzenlos wird.

Amerikanische Antigeldwäschegesetze gibt es schon seit 1970, und US-Aufseher sind für ihr hartes Vorgehen bekannt. Warum geraten ausländische Finanzinstitute trotzdem immer wieder in die Bredouille?

Die Antigeldwäschegesetze sind in der Tat nicht neu. Aber bis zur Jahrtausendwende wurde das in Amerika ein wenig so gehandhabt wie Trunkenheit am Steuer in den fünfziger Jahren. Es war zwar verboten, aber die Leute haben trotzdem drei Martinis zum Lunch getrunken und sind dann nach Hause gefahren.

Den Zusammenhang von Geldwäsche und Cocktails müssen Sie näher erläutern.

Es reichte früher aus, irgendwo ein Häkchen auf einem Papier zu machen, damit die Anforderungen formell erfüllt waren. Nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 änderte sich das schlagartig. Die US-Gesetze wurden strikter, und es ging ernsthaft darum, die Risiken von Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu erkennen und zu minimieren. Das wurde ein weltweiter Trend, aber die Vereinigten Staaten haben es vorangetrieben. Viele ausländische Banken haben aber nicht gleich erkannt, wie wichtig die Bekämpfung von Geldwäsche für die USA und ihre Aufsichtsbehörden geworden war.

Ist das eine Frage mangelnden Verständnisses unterschiedlicher Rechts- und Geschäftskulturen?

Das ist für mich als gebürtigen Schweizer mit Arbeitsplatz New York und vielen internationalen Klienten ein fast tägliches Thema. Ausländische Banker nehmen die amerikanischen Gesetze oft nicht ernst, weil sie nicht in den USA sitzen und die internationale Reichweite und die Macht der US-Behörden unterschätzen. Denken Sie nur an die Schweizer Bank Wegelin, der vor zehn Jahren der Steuerstreit mit den USA zum Verhängnis wurde. Die Bank wurde vom US-Justizministerium angeklagt, obwohl sie nur ein Korrespondenzkonto, aber keine Niederlassung in den USA hatte. Wer in den USA Geschäfte macht, muss auch die amerikanischen Regeln einhalten.

Das Interview führte

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