Industrie

Auslandsnachfrage schiebt Auftragseingang an

Die deutsche Industrie sammelt zum Jahresauftakt unerwartet viele Bestellungen, vor allem aus dem Ausland ein. Damit kann sie weiter die Verluste anderer Wirtschaftsbereiche - zumindest teilweise - ausgleichen.

Auslandsnachfrage schiebt Auftragseingang an

ba Frankfurt

Die kräftige Auslandsnachfrage hat der deutschen Indus­trie im Januar ein deutlich stärkeres Auftragsplus beschert als erwartet. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) sammelte das verarbeitende Gewerbe 1,4% mehr Neubestellungen als im Vormonat ein. Ökonomen hatten nach dem Rückgang um revidiert 2,2 (zuvor 1,9)% im Dezember zwar mit einer Gegenbewegung gerechnet, aber nur ein Plus von 0,5% prognostiziert. Damit beweist das stark exportabhängige Gewerbe wie schon von den jüngsten Stimmungsindikatoren signalisiert erneut Stärke – und kann sich wohl auch im ersten Quartal den Verlusten im Dienstleistungssektor entgegenstemmen. Im aktuell auf den 28. März terminierten Lockdown kämpft hauptsächlich der Servicesektor mit den wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie. Ökonomen erwarten allerdings, dass die Industrie im ersten Quartal die Verluste nicht vollständig kompensieren kann und die deutsche Wirtschaft einen Rückschlag hinnehmen muss.

Sorge bereitet Ökonomen das starke Auseinanderdriften der Inlands- und Auslandsbestellungen. Die Aufträge aus dem Inland gingen um 2,6% zurück, während die Auslandsnachfrage um 4,2% zulegte. Hier war die Spreizung auch bei weitem nicht so hoch wie in den vergangenen Monaten. Die Neubestellungen aus Ländern der Eurozone legten um 3,9% zu, die aus dem restlichen Ausland um 4,4%. Deutschland profitiert besonders von der starken chinesischen Nachfrage: Das Reich der Mitte ist die einzige große Volkswirtschaft, die 2020 ein Wachstum ausweisen konnte – für 2021 hat der am Freitag begonnene Volkskongress ein Ziel von mindestens 6% ausgerufen (siehe Bericht auf dieser Seite). Die Schwäche der Inlandsnachfrage verorten Ökonomen im Lockdown – woran sich zunächst nichts ändern dürfte. Jens-Oliver Niklasch von der LBBW erwartet, dass die Industrie damit noch eine Weile zurechtkommen könne, „aber eine dauerhafte Perspektive kann das nicht sein“.

Im Januar nahmen die Ordereingänge den Aufwärtstrend wieder auf und überschritten ihr Niveau vor Ausbruch der Pandemie im vierten Quartal 2019 weiterhin deutlich um knapp 6%, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die am Freitag veröffentlichten Daten. Ökonomen erwarten angesichts des Niveaus der Auftragseingänge für die kommenden Monate einen spürbaren Anstieg der Industrieproduktion und damit eine Unterstützung der Erholung der Gesamtwirtschaft. Mit Blick auf den im Januar um 1,1% gesunkenen Umsatz erwartet Ralph Solveen von der Commerzbank, „dass die Produktion im Januar – wohl auch wegen der Nachschubprobleme der Autoindustrie – leicht gefallen ist“. Die Produktionsdaten werden am Montag veröffentlicht.