Banken stehen Kunden in der Klemme bei
Im Gespräch: Carsten Demmler und Jonas Probst
Banken stehen Kunden in der Klemme bei
Assetmanager berichtet von steigender Zahl leistungsgestörter Immobilienkredite
tl Frankfurt
Die Zahl leistungsgestörter Projekte hat deutlich zugenommen. Entsprechend hat auch das Geschäft mit leistungsgestörten Krediten oder Schuldscheindarlehen bei dem Hamburger Assetmanager HIH Invest Real Estate seit etwa drei Jahren zunehmend an Schwung gewonnen.
„Seitdem kommen vermehrt institutionelle Kunden und Banken auf die HIH zu und fragen nach Unterstützung bei der Lösung von Leistungsstörungen bei Darlehensverträgen und Schuldscheindarlehen“, sagt Carsten Demmler, Geschäftsführer von HIH Invest Real Estate, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Betroffen seien insbesondere Büros in peripheren Lagen, aber auch gemischt genutzte Immobilien.

Zinszahlungen bleiben aus
Den Geldgebern stehen Darlehensnehmer wie Projektentwickler, Bestandshalter, die ihre Objekte repositionieren wollen, oder Bauträger gegenüber, die ihre Zinsen nicht mehr vollständig und fristgerecht zahlen können, weil die Mieten entweder noch nicht fließen (Projektentwicklung) oder diese nicht ausreichen. Manche Projektentwickler wollen allerdings ihre Projekte nicht fertigstellen, weil aufgrund gestiegener Bau- und Grundstückskosten sowie zu erwartender niedrigerer Exit-Erlöse ihre Kalkulation nicht mehr aufgeht.
Nach Beobachtung von Geschäftsführer Demmler wollen die Banken in der aktuell angespannten Marktlage nach wie vor keinen Default forcieren. „Wir empfehlen, einen Weg zu finden, eine schwierige Zeit mit einem nicht ausreichenden Cashflow zu überbrücken, zum Beispiel durch Prolongationen, Zins- und Tilgungsaussetzungen“, sagt er.
Aufsicht schreckt Banken auf
Seitdem die Aufsichtsbehörden bekannt gegeben haben, Risiken aus gewerblichen Immobilienkrediten in Jahresabschlüssen besonders kritisch zu betrachten, beschäftigen sich Banken intensiver mit ihren Kreditportfolien, beobachtet Jonas Probst, Head of Private Debt bei HIH Invest Real Estate. „Dabei werden auch Marktwertgutachten kritisch hinterfragt. Nach meinem Eindruck blicken Banken heute realistischer als noch vor zwei Jahren auf den Markt. Sie sind bereit anzuerkennen, dass drei oder vier Jahre alte Bewertungen heute nicht mehr erreichbar sind. Das erleichtert unsere Arbeit ungemein und ermöglicht ein realistisches Zielbild der gemeinsamen Arbeit an der Immobilie.“

Adressen wie HIH „kommen gewöhnlich erst dann ins Spiel, wenn eine erhebliche Leistungsstörung vorliegt“, stellt Probst fest. „Um die Insolvenz zu vermeiden, werden möglichst einvernehmliche Lösungen gesucht.“
Zweckgesellschaft springt ein
So könnten beispielsweise die Anteile an der Projektgesellschaft an eine Zweckgesellschaft übertragen werden. „Eine solche Zweckgesellschaft kann dann auch weiter von Banken finanziert werden“, so Probst weiter. Sobald die Bank so Zugriff auf das Objekt habe, könne über Art, Umfang und Dauer eines Weiterbaus entschieden werden. Das ermögliche auf Basis der Baukosten eine saubere Kalkulation.
Servicer müssen Beteiligungen bilanziell und aufsichtsrechtlich sauber in die eigene Unternehmensstruktur integrieren können. „In der Regel gründet man eine Beteiligungsgesellschaft zum Erwerb der Anteile einer Immobiliengesellschaft", sagt Probst. „Außerdem braucht man ein Management, das nicht nur steuerrechtlich und bilanziell aufräumen, sondern sich auch um das Objekt selbst kümmern kann.“ Vertragswerke müssten geändert, neue Dienstleister gewonnen und alte, bewährte gehalten werden, aber auch Gewährleistungsketten geschlossen bleiben.
Fertigstellen und dann vermieten
Für ins Stocken geratene Projektentwicklungen verfügt HIH über eine eigene Projektentwicklungsabteilung mit inzwischen mehr als 30 Mitarbeitern. Ein Weg zur Fertigstellung ist die Umnutzung von Büro in Wohnen. „In diesem Fall muss das Baurecht geprüft werden und gegebenenfalls das Gespräch mit der Kommune gesucht werden.“ HiH nutzt die hauseigene Expertise, um das Objekt voll zu vermieten. „Ist das erreicht, halten wir das Objekt entweder für den Investor im eigenen Bestand, oder es wird verkauft.“
Projektgesellschaft geht Pleite
Als Beispiel nennt Demmler ein wohnwirtschaftliches Projekt zweier berufsständischer Versorgungswerke. „Nachdem die Projektgesellschaft insolvent gegangen ist, haben wir ein Vehikel aufgesetzt, in das die Versorgungswerke investieren konnten. Mit dem Insolvenzverwalter haben wir vereinbart, dass wir das Objekt übernehmen können. Anschließend haben wir sichergestellt, dass das Projekt, das nur einen Fertigstellungsstand von 30% aufwies, fertiggestellt wird.“ Dabei ging es um die Übernahme von Werkverträgen mit dem Generalunternehmer bzw. den Einzelgewerken, um die Haftung für die schon erbrachten Bauleistungen nicht zu verlieren. „Gleichzeitig haben wir bei den ursprünglichen Kalkulationen geprüft, ob sie in Bezug auf die Baukosten noch haltbar sind, um das Objekt fertigzustellen.“ Inzwischen ist das wohnwirtschaftliche Objekt fertiggestellt, berichtet Demler. „Jetzt geht es in die Vermietung und wird dann verkauft.“