Chelsea-Verkauf wird durchgespielt
Von Björn Godenrath, FrankfurtDie Probleme von Roman Abramovich begannen vor einem Jahr: Der russische Milliardär und Eigentümer vom FC Chelsea bekam von den britischen Behörden kein neues Visum ausgestellt, obwohl das schon lange beantragt war. Offiziell wurde dazu nie etwas bestätigt oder dementiert, aber es liegt auf der Hand, dass sich die britischen Behörden die Ankündigung der damaligen Innenministerin Amber Rudd zu Herzen genommen haben, die Visa reicher Russen nach dem Skripal-Attentat verschärft unter die Lupe zu nehmen – London ist seitdem nicht mehr Londongrad.Bis zu 100 russische Gäste des Rohstoff-Milliardärs wurden bei Heimspielen an der legendären Stamford Bridge in den guten Zeiten regelmäßig gesichtet. Und es gab viele gute Jahre in der Abramovich-Ära, nachdem er den von der Zahlungsunfähigkeit bedrohten Club 2003 für 140 Mill. Pfund inklusive Schulden übernahm. Rund 2 Mrd. Pfund soll er seitdem in Transfers und Infrastruktur investiert haben, was dem Club fünf Premiere-League-Titel, ebenso oft den FA Cup sowie als Krönung 2012 den Champions-League-Titel einbrachte – Bayern-Fans werden sich erinnern.Doch seit Manchester City und der FC Liverpool aufgerüstet haben, spielt Chelsea in der Liga nur noch eine untergeordnete Rolle, “franchise player” Eden Hazard will zu Real Madrid, die Fifa-Transfersperre verhindert eine Ersatzverpflichtung – und die Leidenschaft des Eigentümers ist abgekühlt, seitdem die britische Regierung ihn mit Liebesentzug bestraft: Seit einem Jahr war Abramovich nicht mehr im Stadion, obwohl er seit Annahme der israelischen Staatsbürgerschaft einreisen kann. Zudem liegen die 1,2 Mrd. Pfund teuren Pläne für den Bau eines neuen Stadions auf Eis.Da überrascht es nicht, dass in dieser Woche erneut Gerüchte die Runde machten, Abramovich spiele einen Verkauf seiner Anteile durch. 2,5 Mrd. Pfund verlangt Abramovich britischen Medien zufolge. Ganz oben auf dem Zettel der Interessenten: der britische Milliardär Jim Ratcliffe, neuer Eigentümer und mit seinem Chemiekonzern Ineos auch Hauptsponsor des Radteams Sky rund um die Tour-de-France-Sieger Chris Froome und Geraint Thomas. Während dafür umgerechnet 36 Mill. Euro pro Saison reichen, müsste er für Chelsea deutlich tiefer in die Tasche greifen – und ziert sich noch, der Preisforderung Abramovichs nachzukommen. Zudem seien ein US-Investor sowie einer aus Asien interessiert, heißt es vage.Da Chelsea sportlich am Scheideweg steht, dürfte Abramovich Schwierigkeiten haben, seine Wunschvorstellung beim Preis durchzusetzen – das Asset verliert aktuell im Wettbewerb an Wert, wenn nicht in eine Runderneuerung der Mannschaft investiert wird: Ohne beste Chancen auf regelmäßige Champions-League-Einnahmen ist Chelsea nur noch zweite Garde in der Premier League, da selbst Adressen wie Tottenham Hotspur derzeit vor den Blues angesiedelt sind. Entweder Abramovich verkauft jetzt oder aber der Club ist zu einem gewissen Siechtum verdammt.