Chinas zerzauster Immobilienmarkt macht neuen Kummer
Chinas zerzauster Immobilienmarkt macht neuen Kummer
Chinas zerzauster Immobilienmarkt macht neuen Kummer
Krise droht sich zu verschärfen – Branchenriese Vanke schlittert auf Bond-Default zu – Peking lässt Daten zu Wohnungsverkäufen im November sperren
Von Norbert Hellmann, Schanghai
Chinas Finanzszene muss sich wieder mit dem Schreckgespenst der Immobilienmarktkrise auseinandersetzen. Die Prognosen auf eine baldige Entspannung in der Problematik, die Chinas Konjunktur schwer belastet, haben sich nicht bewahrheitet. Vielmehr verdichten sich die Anzeichen für einen weiteren Abschwung im Immobilienmarkt.
Die Durchschnittspreise für Neuwohnungen sinken Monat für Monat unaufhaltsam weiter. Zahlreiche private Haushalte kommen bei der Bedienung von Hypothekenkrediten nicht hinterher und sehen sich zu Notverkäufen mit entsprechenden Preiszugeständnissen gezwungen. Die Sachinvestitionen im Immobiliensektor sind in den letzten Monaten noch stärker abgebröckelt und liegen für das aufgelaufene Jahr schon jetzt 15% im Minus. An der Börse hatten Immobilienaktien im Zuge einer breiten Markthausse im Frühjahr mächtig Aufwind bekommen. Seit Juli aber ist wieder Talfahrt angesagt.
Vanke wird zum Sorgenkind
Jüngster Sorgenfaktor sind die Missstände beim zeitweilig größten und auch reputationsstärksten Immobilienentwickler des Landes, China Vanke. Trotz staatlicher Rückendeckung durch den Großaktionär Shenzen Metro Group, dem Betreiber des U-Bahn-Netzes in der Metropole Shenzhen, scheinen gähnende Finanzierungslücken zu klaffen, die nun auch ein Aushängeschild der Branche zum potenziellen Pleitekandidaten machen.
Seit Montag wissen die Marktteilnehmer, dass ein Zahlungsausfall am Bondmarkt fast unausweichlich erscheint. Eine am 15. Dezember fällige heimische Anleihe über 2 Mrd. Yuan (knapp 250 Mill. Euro) soll nun erst in einem Jahr bedient und abgelöst werden. Am 10. Dezember müssen 90% der Bondinvestoren dem Ansinnen zustimmen, um einen förmlichen Default zu vermeiden.
Hohe Tilgungslast
Dass der Bauträger für den nicht sonderlich voluminösen Bond Zinsendienst und Tilgung aussetzen muss, ist ein ziemlicher Schock und verheißt nichts Gutes für die Zukunft. Bereits Ende des Monats wird eine üppigere Anleihe über 3,7 Mrd. Yuan fällig. Im Tilgungskalender für die erste Jahreshälfte finden sich vier weitere Yuan-Bonds über insgesamt mehr als 7 Mrd. Yuan. Entsprechend ungünstig sind auch die Perspektiven für in Hongkong begebene Dollarbonds von Vanke mit Laufzeiten bis 2027 und 2029. Die im November noch bei etwa 80 Cents zum Dollar notierenden Titel, werden jetzt nur noch bei etwa 20 Cents gehandelt.

Die neue Situation bei Vanke strahlt natürlich auch auf die Bewertung der Anleihen von Dutzenden anderer chinesischer Bauträger aus, die mit heftigen Zahlungsproblemen konfrontiert sind. Analysten befürchten Ansteckungsgefahren und einen neuerlichen Vertrauensdämpfer. Ein förmlicher Default oder massiver Wertabschlag (Haircut) bei einer Flaggschiff-Adresse wie Vanke hat extrem negative Signalwirkung für die Branche. Vankes Sonderstellung als privater Immobilienentwickler mit staatlichem Großaktionär scheint bei der Bewältigung der Verschuldungslöcher wenig zu helfen. Dies wirft neue Fragen zu Pekings Vorgehensweise zum Lindern der Immobilienkrise auf. Es gilt, den Wohnungsmarkt mit Stimuli wieder flott zu kriegen, ohne sich auf staatliche Rettungsaktionen für besonders wichtige Adressen einzulassen.
Verschleierungstaktik
Angesichts der Unruhe rund um Vanke scheint die Regierung zunächst auf Verschleierungstaktik zu setzen. Anders lässt sich nicht erklären, dass die von den privaten Datenanbietern China Real Estate Information und China Index regelmäßig zum Monatsende erfolgende Aufstellung über Wohnungsverkäufe der 100 größten Bauträger für November nicht öffentlich gemacht wurde. Im Oktober sah man eine gewaltige Verschlechterung mit einem Rückgang um 42% gegenüber Vorjahr. Aller Voraussicht nach sind die November-Daten noch verheerender ausgefallen. Prompt werden sie auf Anordnung von oben zurückgehalten, um die Marktstimmung durch das wahre Ausmaß der Misere nicht noch weiter zu belasten.
