Commerzbank hebt den Finger
ski/ste Frankfurt/Hamburg – Unter das halbe Dutzend Adressen, die Interesse an der Übernahme der Nord/LB oder an einem Einstieg bei der Landesbank haben, hat sich neben Finanzinvestoren und der Helaba ein Haus gemischt, das in diesem Zusammenhang wohl die wenigsten auf der Rechnung hatten: die Commerzbank. Das “Handelsblatt” hatte darüber berichtet, Finanzkreise bestätigten die Informationen. Die beteiligten Institute äußerten sich auf Anfrage nicht.Auf den ersten Blick erscheint der Vorstoß der Commerzbank abwegig, haben die Gelben doch gerade ihr einst riesiges Schiffsfinanzierungsportfolio in jahrelangen Anstrengungen auf 1,4 Mrd. Euro per Jahresmitte abgebaut und die einschlägigen Risiken in den Griff gekriegt. Sollten sie sich jetzt wirklich eine Bank zulegen wollen, bei der allein die problembehafteten Schiffskredite Ende Juni 7,7 Mrd. Euro ausmachten?Bei näherem Hinsehen macht die Abgabe eines – in dieser Phase des Bietungswettbewerbs unverbindlichen – Angebots aber Sinn, wenn man sich vor Augen führt, dass die Nord/LB nicht nur Landesbank, Sparkassenzentralbank, Wholesale-Bank und Förderbank ist, sondern in bedeutendem Umfang auch Retailbank. Die Commerzbank wiederum schaut sich jede sich bietende Gelegenheit an, wie sie ihren Marktanteil im Privatkundengeschäft ausbauen kann, und solche Opportunitäten sind hierzulande dünn gesät. Die Nord/LB bezeichnet sich im Bereich Privatkunden, kleine und mittelgroße Unternehmen als Marktführer im Alten Braunschweiger Land und in Norddeutschland mit 1 Million Kunden durch die Braunschweigische Landessparkasse und die ehemalige, nun integrierte Bremer Landesbank. Stralsund, Frankfurt, BerlinNicht zuletzt auf die als “Anstalt in der Anstalt” zur Nord/LB gehörende Braunschweigische Landessparkasse (BLSK) dürfte sich also das Interesse der Commerzbank richten. Und die Schiffsrisiken glaubt sie wohl dank nachgewiesener Expertise durchaus bewältigen zu können.Die BLSK ist in den zu Niedersachsen gehörenden Teilen des früheren Landes Braunschweig mit 91 Standorten vertreten. Sie wies für 2017 ein Kundenvolumen (Kredite, Einlagen, Wertpapiere) von 11,7 Mrd. Euro aus und erzielte mit 739 Beschäftigten ein Betriebsergebnis nach Risikovorsorge von 31,5 Mill. Euro. Betreut werden rund 234 000 Privat- und Geschäftsgirokonten.Für die Commerzbank ist es nicht der erste Anlauf, ein öffentlich-rechtliches Haus zu übernehmen. Vor 15 Jahren scheiterte ihr Versuch, die Sparkasse Stralsund zu erwerben, am Protest der Bürger. Auch bei der Frankfurter Sparkasse und der Landesbank Berlin hatte das später im Zuge der Finanzkrise teilverstaatlichte Institut den Finger gehoben.Bei der Nord/LB ist das Rennen nach Informationen aus Finanzkreisen noch völlig offen, es gebe keine Vorfestlegung. Derzeit würden die Bücher geprüft. Mit einer Entscheidung sei keinesfalls vor oder mit Veröffentlichung der Ergebnisse des EU-Bankenstresstests am 2. November zu rechnen, heißt es.In Hannover demonstrierten am Mittwoch rund 250 Nord/LB-Beschäftigte gegen eine Privatisierung und Zerschlagung der Bank. Sie forderten den Erhalt von Standorten und Arbeitsplätzen. Zu der Aktion hatte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft Verdi aufgerufen.