Diskussion um Stablecoin-Gesetz

Digitalisierung lässt auch den Franken nicht aus

Die Schweiz will ein Stablecoin-Gesetz schaffen und ihre Position als internationaler Krypto- und Blockchain-Hub verteidigen.

Digitalisierung lässt auch den Franken nicht aus

Digitalisierung macht auch vor dem Franken nicht halt

Die Schweiz befindet sich mit ihren Plänen für ein Stablecoin-Gesetz befindet in guter Gesellschaft

Von Dani Zulauf, Zürich

„Sie legten uns bei jedem Schritt Steine in den Weg“, so schilderte David Marcus, Leiter der Facebook-Initiative „Libra“ im vergangenen Dezember auf der Plattform X, wie das Projekt einer digitalen Weltwährung am Widerstand von Notenbanken, Regierungen und Parlamenten scheiterte. Dass Marcus seinen Frust vom Scheitern des Libra just zu jenem Zeitpunkt in Erinnerung rief, als Donald Trump gerade sein Comeback als US-Präsident feierte, war gewiss kein Zufall.

Position des Dollars als Weltwährung stärken

Denn Trump hat bekanntlich ein Faible für Ideen mit libertärem Touch. Etwa für private Währungen – vor allem, wenn sie seinen politischen Zielen dienlich sind. Dieses Potenzial sieht Trump offenbar auch in Stablecoins. Diese Token oder Vermögenswerte, wie sie in vielen Ländern private Emittenten unter unterschiedlichen Bedingungen schon ausgegeben haben, müssen unter einem neuen US-Gesetz namens „Genius Act“ nun vollständig durch Cash oder liquide US-Staatsanleihen gedeckt sein. Langfristig sind sie damit vielleicht geeignet, die Position des Dollar als Weltwährung zu stärken und ins digitale Zeitalter zu überführen.   

Derweil denkt man in Frankfurt über eine „strategische Antwort“ nach, um Europas Währungshoheit und Finanzstabilität zu verteidigen. Im Oktober will die Europäische Zentralbank (EZB) über den Stand der Entwicklung eines digitalen Euro informieren. Das Projekt sei unter dem Eindruck der jüngsten Entwicklungen in den USA beschleunigt worden, heißt es. Bislang ist ein digitaler Euro für den privaten Zahlungsverkehr in der Eurozone nicht vorgesehen.

Wettlauf um die Hoheit im digitalen Zahlungsverkehr

Aus gutem Grund: Die Nachfrage ist gering und die bestehenden Zahlungsverkehrssysteme sind effizient genug. Nun erwägt man in Frankfurt aber offenbar doch einen digitalen Euro für jedermann zu schaffen, um einer potenziellen, künftigen US-Dominanz zuvorzukommen. Das Szenario ist nicht unwahrscheinlich. Die US-Notenbank schätzt, dass sich die Menge der derzeit ausgegebenen Stablecoins im Wert von aktuell 280 Mrd. Dollar in drei Jahren verachtfachen und in fünf Jahren verfünzehnfachen wird. Zwar wären Stablecoins auch dann noch eine Randerscheinung im Vergleich zur Umlaufmenge herkömmlichen Notenbankgeldes. Aber der Samen für einen Wettlauf um die Hoheit im digitalen Zahlungsverkehr wäre gelegt.

Die EZB erwägt offenbar, den Risiken und Nachteilen eines digitalen Retail-Euros mit einer Mengenbeschränkung zu begegnen. Maximale Wallet-Größe: 3000 oder vielleicht 5000 Euro. Als Wertanlage für Private wäre der digitale Euro damit nicht mehr geeignet. Zugleich wäre das Risiko, dass der Abzug von Bankdepositen die Finanzstabilität unterläuft, gebannt.

Blockchain-Lobbyisten contra Einigelungspolitik

In der Schweiz werden diese Überlegungen aufmerksam verfolgt. Ein digitaler Franken für jedermann ist für die Schweizerische Nationalbank bis heute keine Option. Auch hier fehlt es an Nachfrage und Zusatznutzen zu den funktionierenden Zahlungssystemen, wie es zur Begründung heißt. Doch auch die Schweiz wird sich den internationalen Entwicklungen nicht verschließen können. Und zumindest die helvetische Blockchain-Lobby wird alles daran setzen, eine Einigelungspolitik zu verhindern.

Immerhin beheimatet die Schweiz die Ethereum-Stiftung in Zug, der „Hauptstadt“ des schweizerischen Crypto Valley. Das Land war weltweit Vorreiterin bei der Krypto- und Blockchain-Regulierung. Aber der Vorsprung ist in den vergangenen zwei Jahren schnell zusammengeschmolzen. Nun will die Regierung die wenig wirkungsvolle Fintech-Gesetzgebung von 2021 durch eine neue Vorlage ersetzen, die Stablecoin-Emittenten separat lizenzieren könnte.

Machbarkeitsstudie zum Schweizer „Deposit Token“

2016, als der heutige BaFin-Präsident noch Chef der Schweizer Finanzmarktaufsicht war, gab Mark Branson die Stoßrichtung für die damals in Vorbereitung befindliche Fintech-Regulierung so vor: „Innovation ist ein wichtiger Treiber der Wettbewerbs­fähigkeit der Finanzindustrie, in den weitaus mehr Energie gesteckt werden sollte als in aufwendige Rückzugs­gefechte für aussterbende Geschäfts­modelle." Insofern darf man gespannt sein, wie die Platzhirsche im Zahlungsgeschäft auf die im Oktober beginnende öffentliche Anhörung des neuen Schweizer Stablecoin-Gesetzes reagieren werden. In dieser Woche will die Branche unter Führung der Schweizer Bankiervereinigung eine Machbarkeitsstudie zum "Deposit Token“ vorstellen.