Gewinnträchtiges Privatkundengeschäft
Gewinnträchtiges Privatkundengeschäft
Trotz der EZB-Zinssenkungen sprudeln die Einnahmen mit Retailkunden, zeigt eine ZEB-Studie
fir Frankfurt
Im Privatkundengeschäft lässt sich hierzulande trotz der EZB-Zinssenkungen weiter gut verdienen. Die Erträge sinken einer ZEB-Studie zufolge zwar zinsbedingt, liegen aber weit über dem Niveau vor 2022. Das Geschäft ist konzentriert: 55% der Erträge erwirtschaften Banken mit einem Viertel der 41,5 Millionen Haushalte.
Deutsche Banken profitieren nachhaltig von den Zinsanhebungen der Europäischen Zentralbank (EZB) der Jahre 2022 und 2023. Diese hätten zu einer deutlich höheren Ertragsbasis geführt, verdeutlicht die Studie „Geschäftsperspektiven im deutschen Privatkundengeschäft“ der Beratungsgesellschaft ZEB. Das gelte ungeachtet der im Juni 2024 eingeleiteten Zinssenkungsserie der Notenbank, die den Einlagenzins seitdem auf 2,0% glatt halbiert hat.

Beliefen sich die im deutschen Retailgeschäft erzielten Gesamterträge im Jahr 2020 noch auf 57 Mrd. Euro, so stiegen sie 2022 auf 65 Mrd. Euro und machten im Jahr darauf einen Sprung auf 90 Mrd. Euro. Seitdem geht es zwar bergab, doch sind die von ZEB für das Jahr 2027 auf 79 Mrd. Euro geschätzten Retail-Erträge 40% über den 2020, also vor der Zinswende, erzielten Beträgen. „Die Erträge schmelzen leicht, werden aber in den nächsten Jahren noch substanziell über den Werten des vergangenen Jahrzehnts liegen, in denen die Branche ja ziemlich darbte“, kommentiert Ulrich Hoyer
Co-Head ZEB Retail Banking, die Befunde. Er hat die Studie gemeinsam mit Marc Buermeyer, ebenfalls Co-Head ZEB Retail Banking, verfasst.
Daily Banking als treibende Kraft
Als Ertragstreiber haben sie das sogenannte Daily Banking ausgemacht. Die mit Sichteinlagen, Tagesgeld, Dispo- und Kreditkartenkrediten, Konto- und Kartengebühren und im Zahlungsverkehr erzielten Einnahmen haben sich zwischen 2022 und 2023 auf 40 Mrd. Euro nahezu verdoppelt. Bis 2027 dürften ZEB zufolge die Einnahmen deutlich schrumpfen, mit 31 Mrd. Euro aber noch weit über dem früheren Niveau liegen.
Das gilt auch für den Bereich Sparen und Investieren, also das Geschäft mit Festgeldern, Spareinlagen, Schuldverschreibungen, Aktien, Fonds und Vermögensverwaltung. Auch wenn es sich laut Prognose als rückläufig erweist, erzielen die Banken demnach künftig höhere Erträge als vor 2022. Stabil bleibt das Konsumentenkreditgeschäft mit 10 Mrd. Euro. Erträge mit Baufinanzierungen und Vorsorge werden hingegen in den nächsten Jahren auf 14 Mrd. bzw. 12 Mrd. Euro leicht zulegen, erwartet ZEB.
Banken verbleiben weniger Zinsen
Den Rückgang der Gesamterträge seit vergangenem Jahr führt Buermeyer allerdings nicht nur auf die acht Zinssenkungen der EZB zurück. „Grund ist auch die Veränderung des Zinsbetas, das angibt, inwieweit Banken das Zinsniveau an ihre Kunden weitergeben und Kunden diese Angebote nutzen. Diese Quote war zunächst relativ unelastisch und nähert sich mittlerweile wieder dem langfristigen Mittel von etwa 0,5.“ Das heißt, dass noch rechnerisch die Hälfte der Zinserträge in den Banken verbleibt, weniger als zuvor.
Erträge pro Haushalt sind ausbaufähig
Im europäischen Kontext kommt dem deutschen Retailmarkt schon allein aufgrund seiner Größe mit 84 Millionen Menschen besondere Bedeutung zu. Luft nach oben biete auch die ausbaufähigen Haushaltserträge, die im Ländervergleich im Mittelfeld liegen. Demnach erzielen deutsche Banken im Schnitt Erträge von 1.831 Euro pro Haushalt. Das ist deutlich weniger als in Österreich (2.125 Euro) oder den Niederlanden (3.043), liegt aber noch weit über den Werten in Italien (1.557) oder Frankreich (1.280).
Konzentration der Einnahmen
Der Großteil der Einnahmen konzentriert sich auf einkommensstarke Haushalte mit einem Nettoeinkommen ab 5.000 Euro. „Wir reden von etwa 10,5 Millionen Haushalten, die in Deutschland über die Hälfte der Erträge im Privatkundengeschäft stellen und deshalb natürlich besonders attraktiv sind“, erläutert Hoyer. Das heißt, dass Banken 55% der Retail-Erträge mit einem Viertel der etwa 41,5 Millionen Haushalte erwirtschaften. „Das erklärt auch, weshalb in den vergangenen Jahren etliche Institute, die bislang nicht im Geschäft mit besser Verdienenden unterwegs waren, angekündigt haben, diese Gruppe durchdringen zu wollen.“
Junge Zielgruppen im Blick
Und auch wenn sich zeigt, dass das Geld überwiegend bei den Kunden ab 50 Jahren liegt, die für zwei Drittel der Erträge stehen, haben sich ihm zufolge viele Banken auf die Fahnen geschrieben, Geschäfte mit Jüngeren auszubauen. Heiß begehrt sind etwa Affluent-Kunden mit mindestens 100.000 Euro liquidem Vermögen. „Nahezu alle Retailbanken denken über Initiativen nach, um neue, junge Kunden zu gewinnen“, sagt Hoyer. Das hänge mit dem Erfolg von Neobrokern und -banken zusammen, die bereits vorgemacht hätten, wie das funktioniert.
Risikovorsorge unauffällig
Was die Risikovorsorge im Privatkundengeschäft angeht, so zeigt sich Buermeyer entspannt: „Wir sehen aktuell keine größeren, außergewöhnlichen Gewitterwolken aufziehen. Wenn es um Immobilien- und Konsumentenkredite geht, sehen wir eher eine Re-Normalisierung.“ Die Gefahren bestünden zunächst eher auf der gewerblichen Seite, macht er deutlich. Konsumentenfinanzierer wie die genossenschaftliche Teambank haben die Kreditrisikovorsorge hochgefahren, weil die trübe wirtschaftlich Lage auf ihr Geschäft durchschlägt.