PodcastChristoph Stresing, Bundesverband Deutscher Startups

„Es mangelt eben an erfolgreichen Exits“

Der deutsche Venture-Capital-Markt stockt – und das hat Folgen. Ein Drittel des Kapitals für Start-ups kommt bereits aus den USA, und viele Gründer verlagern ihren Sitz ins Ausland. Was sich ändern muss, um mehr Wagniskapital in Deutschland zu mobilisieren, erklärt Christoph Stresing vom Bundesverband Deutscher Startups.

„Es mangelt eben an erfolgreichen Exits“

„Es mangelt eben an erfolgreichen Exits“

Christoph Stresing vom Startup-Verband über fehlende Rahmenbedingungen bei VC

knd Frankfurt

Der Markt für Wagniskapital in Deutschland stagniert, wie aktuelle Studien zeigen. Dabei stammt fast ein Drittel des Geldes nach wie vor aus den USA. Viele junge Unternehmen holen sich Kapital im Ausland oder verlagern ihren Sitz gleich dorthin. Die Folge: Wertschöpfung und Gewinne fließen ab.

Interessant ist dabei, dass es immer wieder heißt, das Geld sei vorhanden, es werde nur nicht an der richtigen Stelle eingesetzt. Das betont auch Christoph Stresing, Co-Geschäftsführer vom Bundesverband Deutscher Start-ups. „Es kann nicht in unserem Interesse liegen, dass die Wertschöpfung am Ende im Ausland stattfindet.“ Dabei will er den Start-ups überhaupt keine Vorwürfe machen, warum sie solche Investoren haben. „Es geht darum, die Quellen, die wir an Kapital haben, besser zu erschließen.“ Laut Bitkom denkt jedes vierte Start-up in Deutschland darüber nach, ins Ausland zu ziehen. Grund dafür ist der Kapitalmangel.

Mit Blick auf die Politik und die geschaffenen Rahmenbedingungen für das gesamte Ökosystem zeichnet Stresing ein gemischtes Bild. Auf der einen Seite sieht er „viel Positives“, auch mit Blick auf den Koalitionsvertrag. Es gebe auch konkrete Maßnahmen und eine Start-up und Scaleup-Strategie. Gleichzeitig kritisiert er allerdings die Zuständigkeiten, die in vielen Ressorts noch nicht geklärt seien. Dazu lägen Gesetz lange in Schubladen, bis wirklich etwas passiere.

Die Herausforderungen seien vielseitig, betont Stresing. Unter anderem müssten mehr Anreize für Exits geschaffen, sowohl für Börsengänge als auch für Tradesales. Wenn wir über IPO sprechen, brauchen wir „einen wirklich tiefen Kapitalmarkt“, der so attraktiv sei, dass Start-ups und Scalups an die Börsen gehen wollten.

Problem verlagert

Laut KfW hat seit 2022 kein deutsches Unicorn mehr den Sprung an die Börse geschafft. Private-Equity-Gesellschaften springen zwar häufiger ein, doch das löse das Problem nicht, meint Stresing: „Diese Investoren denken doch genauso exitorientiert." Dadurch sei das Problem nur verlagert.

Mit Blick auf die Tradesales fehlen laut Stresing auch die Anreize für Unternehmen, sich Know-How bei Start-ups einzukaufen, anstatt alles selbst zu entwickeln. Eine Untersuchung zeige: „Grundsätzlich wird das Potenzial von Start-ups als sehr hoch eingeschätzt", dennoch gebe es nur wenige Unternehmen, die sich für Zukäufe entschieden. „Im deutschen Mittelstand ist es noch nicht so verbreitet, sich mit dem Thema Kooperation oder am Ende Tradesale auseinanderzusetzen.“ Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Beim Thema Kooperationen verliert Deutschland sogar an Dynamik. Laut KfW arbeiteten 2019 noch rund 70% der Gründer mit Unternehmen zusammen, inzwischen sind es noch gut 60%.

Am Ende könnten das auch Stellschrauben sein, die das Thema Wagniskapital am Ende für Investoren interessanter machen könnten. „Es mangelt eben an erfolgreichen Exits – also den Momenten, in denen Investoren ihr Kapital mit Gewinn zurückerhalten.“ Und: Exits seien schließlich das Rückgrat eines funktionierenden Start-up-Ökosystems, so Stresing.