Im PodcastVicente Vento, DTCP

„Europa muss Rechenzentrumskapazitäten verdreifachen"

Vicente Vento investiert mit DTCP in Rechenzentren – unter anderem in Frankfurt. Warum dort in den nächsten Jahren wohl kein weiteres großes Rechenzentrum mehr möglich ist und Deutschland beim Training von künstlicher Intelligenz keine Chance hat.

„Europa muss Rechenzentrumskapazitäten verdreifachen"

Im Podcast: Vicente Vento

Investor warnt vor deutscher KI-Abhängigkeit

DTCP-Gründer sieht viele Probleme beim Bau leistungsstarker Rechenzentren

phh Frankfurt

In den nächsten fünf Jahren sind Investitionen von bis zu 60 Mrd. Euro in den Ausbau von Rechenzentren nötig, um Deutschlands wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und nationale Souveränität zu sichern. Zu diesem Ergebnis kommt die Unternehmensberatung Deloitte in einer aktuellen Studie. Derzeit bestehe eine Rechenkapazitätslücke von 1,4 Gigawatt, um den wachsenden Bedarf an KI-Anwendungen zu decken.

Vicente Vento von Digital Transformation Capital Partners (DTCP) teilt diese Sorge. Innerhalb der nächsten fünf bis sechs Jahre müsse die Rechenzentrumskapazität in Europa verglichen mit dem heutigen Stand verdreifacht werden. „Sonst droht Europa gegen die USA und China den Anschluss zu verlieren“, sagt Vento im Private-Markets-Podcast „Beyond Billions“.

Zögerlicher Bau von Rechenzentren

Diese Kapazitäten entstehen nicht über Nacht. Der Bau eines Rechenzentrums dauere zwei bis drei Jahre. „Meine Sorge ist, dass wir den Zug verpassen, indem wir zu lange warten, bis die Zentren gebaut werden“, sagt Vento. Dann stünde Deutschland in einigen Jahren da, Amerika und China seien Weltmarktführer mit funktionierender KI, und Europa sei zu einem Sekundärmarkt verkommen, der von amerikanischer oder chinesischer KI abhängig sei.

Europäer sind für Vento zu zögerlich und skeptisch beim Ausbau. Man warte ab, ob die große KI-Nachfrage wirklich eintrete. In Amerika sei das anders. Dort nehme man das Risiko einer Überkapazität in Kauf, um die Chancen nicht zu verpassen, die künstliche Intelligenz verspricht. In Amerika spreche man daher bereits über „Giga-Rechenzentren“. Das sind auf einem Campus verteilte Rechenzentren mit einer Leistungsfähigkeit von 1.000 Megawatt, die über ein eigenes Kraftwerk zur Stromversorgung verfügen.

Deutschland hat ein Stromproblem

Die Probleme in Deutschland sind vielschichtig, angefangen schon bei der Fläche. Der Bau großer Rechenzentren erfordert mehre Hunderttausend Quadratmeter an Fläche. Der Zugang zu solch großen Grundstücken ist in Deutschland schwierig. Vento spricht von langen Genehmigungsprozessen und viel Bürokratie. Zudem haben die Rechenzentren einen großen Stromverbrauch. In Norwegen baut DTCP derzeit an einem 300-Megawatt-Rechenzentrum, das mit Energie von einem benachbarten Wasserkraftwerk versorgt wird.

Wir haben sehr viele Engpässe, was Strom angeht.

Vicente Vento, Gründer, DTCP

In Deutschland ist der Strom ein großes Problem – insbesondere in Frankfurt, wo DTCP über das Portfoliounternehmen Maincubes mehrere Rechenzentren betreibt und baut. Verteilt auf mehrere Standorte spreche man hier über eine Rechenleistung von rund 200 Megawatt. Aber: „Wir haben sehr viele Engpässe, was Strom angeht“, sagt Vento. Bis 2030 könne man in Frankfurt deshalb wahrscheinlich kein weiteres Rechenzentrum dieser Größenordnung mehr bauen.

Dabei sei Frankfurt eigentlich einer der größten Märkte innerhalb von Europa. Stark im Kommen sei die Region Berlin, insbesondere Brandenburg, wo auch Maincubes aktiv sei. Die Stromversorgung sei dort gut und komme teilweise auch aus der Ostsee, sagt Vento.

Zweigeteilter Markt für Rechenzentren

Der Infrastrukturinvestor prognostiziert, dass sich der Markt für Rechenzentren zweiteilen wird – in einen Markt für das KI-Training und einen für KI-Anwendungen. Die benötigte Rechenleistung für das Training sei deutlich höher als für die anschließende Anwendung. Im KI-Training sieht Vento für Deutschland aufgrund der beschränkten Rechenkapazitätsmöglichkeiten keine Chance. „Ich glaube, an diesem Rennen wird es gar nicht möglich sein, überhaupt erst teilzunehmen“, sagt er.

An der Finanzierung sollte der Bau von Rechenzentren in Deutschland hingegen nicht scheitern. Zwar sind diese teuer – Vento kalkuliert grob geschätzt mit 10 Mill. Euro pro Megawatt. Ein Gigawatt-Rechenzentrum würde folglich rund 10 Mrd. Euro kosten. Ein Großteil davon werde jedoch fremdfinanziert. Infrastrukturinvestoren wie DTCP setzten lediglich 20% Eigenkapital ein. Der Rest komme über Banken und Kreditfonds. „Rechenzentren werden von Banken gut verstanden“, sagt Vento. Schließlich ist das Geschäft vergleichbar mit der Immobilienfinanzierung.

DTCP will Einsatz bei Maincubes mehr als verdoppeln

Für Investoren lohnt sich das Geschäft. Bei Maincubes rechnet Vento mit einer jährlichen Rendite von über 20%. Auf die gesamte Investitionsdauer umgerechnet bedeutet das, dass DTCP seinen Eigenkapitaleinsatz bei Maincubes von 200 Mill. Euro mehr als verdoppeln möchte. Als mögliche Abnehmer des Portfoliounternehmens kämen neben größeren Infrastrukturinvestoren auch strategische Investoren wie Energiekonzerne oder börsennotierte Betreiber von Rechenzentren infrage.