Goldman Sachs geht eigene Blockchain-Wege

Kryptowährung für Wertpapierhandel patentiert - Schritt aber kein Widerspruch zur Schaffung von Industriestandards

Goldman Sachs geht eigene Blockchain-Wege

Kaum einer geht die Blockchain-Entwicklung so forsch an wie Goldman Sachs. Angesichts des flotten Tempos dürfte die US-amerikanische Bank schon bald die ersten Produkte im Wertpapierhandel lancieren.Von Björn Godenrath, FrankfurtGoldman Sachs ist bullish für die Blockchain, jene Datenbank-Technologie also, die es erlaubt, Transaktionen in einem dezentralen Register rechtssicher zu speichern, was Nachhandelsprozesse überflüssig macht sowie Gegenparteirisiken eliminiert. Schlagzeilen hatte die immer mehr zu einer gewöhnlichen Geschäftsbank mutierende US-Investmentbank im April gemacht, als man sich maßgeblich an der 50 Mill. Dollar schweren Finanzierungsrunde für das Blockchain-Start-up Circle beteiligte. Circle ist im Zahlungsverkehr tätig und verfügt über (einlagengesicherte) Konten- und Depotfeatures, welche die Wandlung vom Bitcoin in Dollar und umgekehrt erlauben – ein hybrides Währungsmodell auf Basis einer Kryptotechnologie.Dieses Prinzip hat Goldman Sachs nun eine Ebene weiter getragen, indem die Bank sich kürzlich ihre eigene Kryptowährung patentieren ließ. Diese wurde auf den nicht minder kryptisch anmutenden Namen “SETLcoin” getauft.Eingesetzt werden soll diese digitale Devise im Wertpapierhandel, was dank Blockchain ein Settlement direkt zwischen den Handelspartnern ermöglicht und Intermediäre bis hin zur Wertpapieraufbewahrung ausschaltet. Dabei beruht SETLcoin auf Codes aus dem Hause Circle. Pfade gehen auseinanderDa Goldman Sachs damit einen sehr eigenen, offensiven Weg bei der Anwendungsentwicklung für die Blockchain geht, wird in Fachkreisen bereits spekuliert, die Amerikaner würden die Industrieallianz der Finanzbranche in Sachen Blockchain torpedieren – 30 globale Banken inklusive Goldman Sachs, Deutsche Bank und Commerzbank sind in der Fintech-Initiative R3 verbunden, um Standards für die Blockchain-Verwendung zu schaffen. Denn jedes Institut werkelt zunächst für sich an Blockchain-Apps, womit Entwicklungspfade auseinandergehen können.So erwartet die Deutsche Bank, dass je nach Assetklasse eigene Blockchains entstehen werden, welche spezifische Anforderungen an Sicherheit und Skalierbarkeit erfüllen müssen (vgl. BZ vom 3. Dezember). Im Rahmen der Standardisierung wäre dann ein Übergang zwischen den einzelnen Lösungen zu finden.Vor diesem Hintergrund ist auch der Alleingang von Goldman Sachs zu betrachten, ist jede Bank doch bestrebt, ihre im eigenen Haus mit üppigen IT-Budgets entwickelten Blockchain-Anwendungen schnell zur Marktreife zu bringen, um damit beim Kunden zu punkten oder um Effizienzgewinne durch das Abschalten von Altsystemen zu realisieren. Goldman Sachs gilt als besonders forsch beim Vorantreiben von Technologielösungen und hat unter dem seit 2013 amtierenden Chief Information Officer (CIO) Martin Chavez eine Führungsrolle bei der Wandlung vom Bank- zum integrierten Softwarekonzern eingenommen.Banken nutzen für die Erprobung der Blockchain derzeit geschlossene Systeme in der hauseigenen Cloud, um parallel mit Regulatoren die Compliance der Systeme sicherzustellen – angesichts verschärfter Überwachung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung steigen die Anforderungen im Zahlungsverkehr. Die Blockchain gilt grundsätzlich als gut geeignet für sicherheitsrelevante Transaktionen, denn Regulatoren haben volle Einsicht in die Datensätze des Verfahrens.Bei der Entwicklung von Anwendungsfeldern arbeiten die Banken mit Blockchain-Start-ups zusammen. Die UBS hat ihre Bemühungen im Londoner Fintech Level 39 gebündelt. Unterstützung kommt vor Ort von den Spezialisten Ethereum und Clearmatics, die sich einer sprunghaft gestiegenen Venture-Capital-Finanzierung erfreuen (siehe Grafik). Die Schweizer Großbank will in ihrem Labor eine industrieübergreifende digitale Währung für das Abwicklungsgeschäft entwickeln, um damit eine Brücke zwischen verschiedenen Handels- und Kryptowährungsplattformen zu schaffen. Anfang 2016 soll das Projekt “Utility Coin” erste Ergebnisse präsentieren. Notenbank-CoinDie Schaffung einer digitalen Währung stößt auch bei Notenbanken auf Interesse, die damit eine eigene digitale Einheit mit Bindung an die Zentralbankwährung einführen könnten. Damit könnten die Zentralbanken selbst digitales Geld in Umlauf bringen und wären im Transmissionsmechanismus ihrer geldpolitischen Maßnahmen nicht mehr auf die Geschäftsbanken angewiesen. In akademischen Kreisen wird schon – in Anlehnung an die US-Notenbank Federal Reserve – über eine “Fedcoin” auf Basis einer Blockchain diskutiert, für welche dann die Notenbank das Hauptbuch führen würde.