ING-DiBa bekommt einen neuen Chef
Von Bernd Wittkowski, FrankfurtSieben Jahre scheinen bei der ING-DiBa das Maß der Dinge zu sein, wenn es um das Amt des Vorstandsvorsitzenden geht. Bernhard Hafner war von 1996 bis 2003 Vorsitzender (zuvor allerdings schon eine Zeit lang Sprecher) des Vorstands der damaligen DiBa Allgemeine Deutsche Direktbank, sein Nachfolger Ben Tellings blieb bis 2010. Im Oktober jenes Jahres übernahm dann Roland Boekhout die Rolle des CEO der hierzulande führenden Direktbank oder, wie sie sich inzwischen vorzugsweise nennt, Digitalbank, die nach der Zahl ihrer 8,8 Millionen Kunden (einschließlich Österreich) die drittgrößte deutsche Bank ist. Der 53-jährige Boekhout steht nun seinerseits weit im siebten Jahr an der Spitze der Bank mit dem Löwen-Logo – damit ist offenbar auch für ihn die Zeit gekommen, etwas Neues zu machen. Boekhout steigt aufZum 8. Mai, dem Tag der Hauptversammlung der niederländischen ING Group, soll er bei der Muttergesellschaft in Amsterdam in den Management Board Banking aufrücken, wie am Mittwoch mitgeteilt wurde. In dieser Position werde er zukünftig für das Bankgeschäft in Benelux sowie insbesondere für die Implementierung einer integrierten Banking-Plattform in Belgien und den Niederlanden verantwortlich sein. Dass es den aus der vergangenen Zeit des Allfinanzriesen ING stammenden, eine Ebene unter dem Konzernvorstand (Executive Board) angesiedelten Management Board Banking überhaupt noch gibt, überrascht, denn als Folge der Finanzkrise und der 2008/09 in Anspruch genommenen Staatshilfe ist die ING heute im Wesentlichen ja ohnehin nur noch Bank. Der Nachfolger heißt Nick JueBoekhouts Nachfolger als CEO der ING-DiBa sowie Head of ING in Deutschland, Österreich und Tschechien soll, vorbehaltlich der Zustimmung der verantwortlichen Gremien, Nick Jue werden. Der 51-Jährige ist 1993 in die ING Group eingetreten und wurde zunächst Head of Marketing im Einlagengeschäft der zum Konzern gehörenden Postbank in den Niederlanden. Es folgten diverse Managementpositionen in den Niederlanden und Belgien, darunter von 2003 an die Leitung der Unternehmenskommunikation der ING. 2006 wurde Jue zum Retail-Chef der ING in den Niederlanden ernannt, vier Jahre später stieg er zum CEO der gesamten Gruppe in ihrem Heimatmarkt auf. Unter seiner Führung wurde dort ein konsequenter Konsolidierungskurs gefahren, während bei seiner künftigen Aufgabe an der Spitze der ING-DiBa mit ihren fast 4 000 Beschäftigten mehr die Erschließung weiterer Wachstumspotenziale im Vordergrund stehen dürfte. Der verheiratete Vater zweier Töchter will bis zum Antritt in Frankfurt sein schon sehr ordentliches Deutsch perfektionieren.Dass Boekhouts Wechsel, der anders als seinerzeit das Ausscheiden von Tellings für Insider der Bank nicht völlig überraschend kommt, just am Tag der Wahl in den Niederlanden mitgeteilt wurde, hat übrigens – ebenso wie die sieben Jahre – keinen tieferen Sinn. Das Timing hängt schlicht damit zusammen, dass die Personalien – mit Ausnahme der Berufung Jues – jetzt von der Europäischen Zentralbank als Bankenaufsicht durchgewinkt wurden.Als Außenstehender musste man den relativ frühen Abgang Boekhouts nicht unbedingt auf der Rechnung haben, denn der Niederländer mit deutscher Mutter ist in die hiesige Finanzgemeinde und in die Frankfurter Stadtgesellschaft integriert wie nur wenige Auslandsbanker. Der Vater von vier Kindern wurde 2014 als erster Direktbanker in den Vorstand des deutschen Bankenverbandes gewählt, gehört dem Vorstand der Deutsch-Niederländischen Handelskammer, dem Board of Directors der American Chamber of Commerce in Germany, dem Kuratorium des House of Finance der Goethe-Universität und dem Präsidium von Frankfurt Main Finance an. Bei der ING-DiBa hat er die Wachstumsgeschichte auf beeindruckende Weise fortgeschrieben und nicht zuletzt die Integration und den Ausbau des Corporate Banking entschlossen vorangetrieben. Das “Geschäftsvolumen” (Einlagen plus Kredite) der Bank wurde unter seiner Ägide von 154 Mrd. auf zuletzt 269 Mrd. Euro hochgezogen, das Ergebnis vor Steuern kletterte von 2010 bis 2016 von 494 Mill. auf 1,2 Mrd. Euro. Änderungen in ING-FührungDie niederländische ING gab derweil weitere Personalien bekannt. Finanzchef des Konzerns soll im Mai Koos Timmermans (Jahrgang 1960), zurzeit und auch künftig stellvertretender Vorsitzender des Management Board Banking, als Nachfolger des aus der Gruppe ausscheidenden Patrick Flynn werden. Die Aufgabe des Chief Risk Officer soll im August der jetzige Global Head der Kundenbetreuung im Bereich Wholesale Banking der ING, Steven van Rijswijk (geboren 1970), als Nachfolger des in den Ruhestand gehenden Wilfred Nagel übernehmen. Die Vorstandsbestellung von Ralph Hamers (Jahrgang 1966), der die ING Group seit Oktober 2013 als CEO und Chairman führt, soll laut Vorschlag an die Aktionäre um weitere vier Jahre verlängert werden.