Wertpapierhandel

Neobroker kämpfen mit alten Problemen

Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, äußerte Zweifel, dass das Geschäftsmodell der Neobroker funktioniere, wenn die Leute sich rational verhielten und ETFs über Jahre liegen lassen würden.

Neobroker kämpfen mit alten Problemen

wbr Frankfurt

Der Anteil von Retailkunden am Wertpapierhandel ist steigend, und dieser Trend hat sich in der Coronakrise beschleunigt, sagte Steffen Kern von der ESMA auf dem Bankentag des „Handelsblatts“. Von dem Anstieg hätten insbesondere neue Handelsplattformen und Neobroker profitiert. Der Chefökonom der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde sagte, es sei unklar, ob es sich bei diesem Boom um ein Strohfeuer handele. Er warnte zugleich vor Interessenkonflikten und mangelnder Transparenz. „Kein Neobroker-Angebot ist wirklich kostenlos“, so Kern. Die Frage sei auch, ob die Broker beispielsweise Mifid-Anforderungen erfüllen wie die der bestmöglichen Ausführung.

Kern verwies auf einen weiteren heiklen Punkt beim neuen Trading-Hype: den Einfluss der sozialen Medien. „Spekulative Ansichten über Aktien im Internet zu teilen und ungenaue Meinungen zu verbreiten, kann irreführend sein. Trading auf Basis von Social Media führt zu höheren Risiken.“

Erik Podzuweit, CEO von Scalable Capital, wehrte sich gegen die Vorwürfe, dass die Anleger überwiegend Zockerei betreiben würden. „96% der Kunden haben nie eine Game-stop-Aktie angefasst.“ Die meisten Anleger verhielten sich vorbildlich, würden ETF-Sparpläne anlegen und sich ein Aktienportfolio aufbauen. Nichts hält Podzuweit von Spielereien, etwa einem Konfettiregen auf dem Handy beim Abschluss eines Trades. Richtig sei allerdings, dass das Smartphone bei zwei Dritteln der Kunden von Neobrokern der Zugang zum Kapitalmarkt sei. Scalable geht es darum, Kosten zu reduzieren und Barrieren abzubauen.

Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende, äußerte Zweifel, dass das Geschäftsmodell der Neobroker funktioniere, wenn die Leute sich rational verhielten und ETFs über Jahre liegen lassen würden. Er forderte ebenso wie die ESMA die Bekämpfung von Interessenkonflikten und das Durchsetzen von Transparenz in dem neuen Tradingsegment – wie auch in der traditionellen Finanzbranche. „Da haben die Aufsichtsbehörden noch viel Nachholbedarf.“ Schick betonte, es sei fraglich, ob man Geschäftsmodelle fördern sollte, die für den Verbraucher nicht gut seien.

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