Finanzberater atmen nach Aus für vollständiges Provisionsverbot auf
Finanzberater atmen auf
EU-Kommission nimmt Abstand von vollständigem Provisionsverbot – Diskussion über Alternativen
Seit Monaten wehren sich weite Teile der Finanzbranche gegen Pläne für ein Provisionsverbot – mit Erfolg: EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness beugt sich dem Druck. Verbraucherschützer sind zerknirscht. Härtere Auflagen für Finanzberater und ein Teilverbot könnten aber sehr wohl kommen.
rec Stockholm
Unter Finanzberatern ist Aufatmen angesagt: EU-Finanzmarktkommissarin Mairead McGuinness nimmt Abstand von ihren Plänen, Provisionen in der Finanzberatung vollständig zu verbieten. Bei den Versicherungskaufleuten macht sich nach Auskunft von Verbandspräsident Michael Heinz Erleichterung breit, „dass sich unsere intensiven Bemühungen gelohnt haben und unsere Argumente gehört wurden“. Norman Wirth vom Verband der unabhängigen Finanzberater rechnet damit, dass seine Mitglieder viele der Alternativen jenseits eines Provisionsverbots „mittragen“ könnten.
Seit Monaten wehren sich weite Teile der Finanzbranche gegen Überlegungen für ein Provisionsverbot. Es geht um Milliarden. Anlass ist die Kleinanlegerstrategie der EU-Kommission. Ihr erklärtes Ziel ist, mehr Anleger für den Kapitalmarkt zu begeistern – nicht zuletzt durch ein höheres Maß an Verbraucherschutz. Für McGuinness gelänge das am besten mit einem weitreichenden Verbot von Provisionen. Doch unter den EU-Staaten ist der Widerstand so stark angeschwollen, dass die Irin umdenkt.
Ihren Sinneswandel erläuterte sie auf einer Finanzkonferenz in Stockholm. Das dürfte kein Zufall sein, schließlich war ihr dort maximale Aufmerksamkeit der versammelten Branchenvertreter gewiss. „Wir haben denjenigen zugehört, die uns sagen, dass ein vollständiges Verbot von Provisionen in diesem Stadium zu disruptiv sein könnte“, sagte McGuinness. Sie wolle aber klar sagen: „Auch wenn wir jetzt kein Verbot aller Provisionen vorschlagen, bedeutet dies keinen Freifahrtschein für den Finanzsektor“.
Von Stockholm geht also eine doppelte Botschaft aus: Ein Komplettverbot von Provisionen ist vom Tisch. Finanzberater, Banken und Fondshäuser müssen sich aber auf eine Reihe anderer Verschärfungen einstellen. „Verbraucher verdienen eine vernünftige Beratung, der sie vertrauen können, zu einem vernünftigen Preis“, stellte McGuinness klar.
Vorschlag für Teilverbot
In der Branche machen längst mögliche Alternativen die Runde. Einige hat McGuinness in ihrer Rede in Stockholm von sich aus ins Spiel gebracht. So sollen Kunden besser über Kosten und Preis-Leistungs-Verhältnis informiert werden. Denn das, so ein Argument von Befürworterin, ist in Märkten mit Provisionsverbot nachweislich besser. McGuinness setzt sich auch für mehr Kontrollen ein.
Und: Die Irin hat de facto angekündigt, dass die EU-Kommission in wenigen Wochen zumindest ein Teilverbot von Provisionen vorschlagen wird. Das soll auf jene Geschäfte beschränkt bleiben, bei denen Banken oder andere Dienstleister eine Wertpapierorder von Kunden lediglich ausführen, nicht aber aktiv beraten. Unumstritten ist auch das nicht: „Zielführender“ wäre es für Henning Bergmann vom Derivateverband DDV, Zuwendungen auch bei Dienstleistungen ohne Anlageberatung an „Mehrwert zu knüpfen“. Die Abkehr von einem vollständigen Provisionsverbot begrüßt er.
Verbraucherschützer sind nicht zufrieden. Sie kritisieren, dass vermeintlich unabhängige Berater im Wahrheit oftmals eher wie Verkäufer agieren. Mit Provisionen blieben solche Interessenkonflikte Alltag, moniert Britta Langenberg von der Bürgerbewegung Finanzwende. „Das ist für Verbraucher eine bittere Botschaft.“ Der FDP-Politiker Frank Müller-Rosentritt aus dem Finanzausschuss des Bundestags sieht es anders: „Das Verbot von Provisionen hätte der überwiegenden Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger den Zugang zu einer professionellen Finanzberatung versperrt.“