Bankenfusion

Rom schiebt Monte dei Paschi zur Unicredit

Die defizitäre und teilverstaatlichte Monte dei Paschi wird vermutlich bald von der Unicredit übernommen. Doch die Mailänder Großbank stellt Bedingungen. Für den Staat zeichnen sich Verluste ab.

Rom schiebt Monte dei Paschi zur Unicredit

bl Mailand

Überraschende Wende im Fall der italienischen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena (MPS): Unicredit verhandelt mit der italienischen Regierung exklusiv über die Übernahme wesentlicher Teile des Instituts. CEO Andrea Orcel strebt einen Abschluss der Gespräche bis Mitte September an. Für die Regierung in Rom ginge im Erfolgsfall eine monatelange Hängepartie zu Ende.

Die Regierung unter dem ehemaligen EZB-Präsidenten Mario Draghi steht unter Druck, weil sie die Bank, die 2017 mit einer staatlichen Finanzspritze von 5,4 Mrd. Euro gerettet worden war, bis Jahresende privatisieren muss. Rom ist mit 64% an der defizitären Bank beteiligt. Die Regierung versucht seit Monaten vergeblich, Interessenten für das älteste noch existierende Kreditinstitut der Welt zu finden, und favorisierte von Anfang an Unicredit. Während der frühere CEO Jean Pierre Mustier eine Übernahme jedoch auch aus strategischen Gründen ablehnte, machte der erst seit dreieinhalb Monaten amtierende neue CEO Orcel jetzt den Weg frei – stellt dafür aber Bedingungen: Die Transaktion müsse kapitalneutral sein, zu einer deutlichen Steigerung der künftigen Profitabilität des Konzerns führen, die Übernahme notleidender Kredite müsse ausgeschlossen werden, ebenso wie Risiken aus den diversen Rechtsstreitigkeiten von Monte dei Paschi. Auch weitere Kreditrisiken müssten abgesichert sein. Die Regierung sichert Unicredit für die Übernahme außerdem Steuergutschriften von mindestens 2,2 Mrd. Euro zu.

Die Aktienkurse beider Institute reagierten positiv auf die Nachricht: Die Aktie von Monte dei Paschi ging am Freitag an der Börse in Mailand mit einem Plus von gut 3% auf 1,171 Euro aus dem Handel, während Unicredit, die am Freitag zugleich Quartalszahlen vorlegte, an der Börse um knapp 3% auf 10,11 Euro zulegte.

Orcel hatte noch vor wenigen Tagen erklärt, er gebe organischem Wachstum den Vorzug, sagt nun aber, eine solche Transaktion könne das Wachstum beschleunigen und die Wettbewerbsposition stärken. Stefano Caselli, Bankenprofessor an der Mailänder Bocconi-Universität, zeigt sich überzeugt, „dass der Deal zustande kommt“. Das sei im Interesse Italiens und Europas, da der Deal eine Banken-Systemkrise löse. Der Staat werde dabei vermutlich ganz aus der MPS aussteigen, „weil Unicredit sonst nicht freie Hand bei der Realisierung von Synergien hätte“.

Kahlschlag voraus

Beobachter rechnen damit, dass bis zu 6000 Arbeitsplätze bei der auf viel zu hohen Kosten sitzenden Monte dei Paschi wegfallen könnten. Das ruft die Gewerkschaften auf den Plan, die sich gegen eine Zerschlagung der Bank aussprechen. Es ist wahrscheinlich, dass Unicredit und Monte dei Paschi bei einer Übernahme in einigen Regionen Filialen abgeben werden.

Es ist unklar, welche Teile der mit einer Bilanzsumme von 150,4 Mrd. Euro viertgrößten Bank Italiens, die 2020 einen Verlust von 1,7 Mrd. Euro auswies, eventuell von einem Deal ausgeschlossen sein könnten und damit zunächst an den Staat fielen. Mit einer Übernahme würde das Gewicht von Unicredit als Nummer 2 in Italien deutlich steigen und die Position vor allem in der Toskana, in der Lombardei, in der Emilia-Romagna und in Venetien stärken.

Ex-Finanzminister Giulio Tremonti erklärt, die Rettung der Bank werde die Steuerzahler am Ende bis zu 20 Mrd. Euro kosten. Auch Caselli zeigt sich überzeugt, dass „das teuer wird für den Steuerzahler“. Doch werde die Transaktion von Italien und Europa unterstützt werden. „Die Alternative wären ein enormer Imageschaden für das Bankenwesen und noch höhere Kosten für den Staat und damit für die Steuerzahler.“

Der diesjährige Stresstest der European Banking Authority (EBA) hat für MPS ein desaströses Resultat zutage gefördert: Im adversen Szenario per Ende 2023 ist die harte Kernkapitalquote ins Minus gedreht. Sie sinkt im untersuchten Krisenszenario von 9,86% Ende 2020 auf minus 0,10% Ende 2023. Im europäischen Durchschnitt verringert sich die Quote von 15,0% auf 10,2%.

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