Rom will Carige auch mit Staatsgeld retten

Garantien für Anleihen sollen Institut stabilisieren - Furcht vor Ansteckungseffekten im Bankensystem

Rom will Carige auch mit Staatsgeld retten

Italiens Regierung will die schwer angeschlagene Genueser Sparkasse Carige notfalls mit Staatsgeldern retten. Das Kabinett beschloss am Montagabend ein Dekret, das zunächst staatliche Garantien für neue Anleihen des Instituts, notfalls dann aber auch eine Verstaatlichung des Instituts vorsieht.bl Mailand – Die Regierung in Rom will die Genueser Sparkasse Carige mit staatlichen Garantien für neue Anleihen stabilisieren. Italiens Premierminister Giuseppe Conte machte deutlich, dass man einen Zusammenbruch der Bank auch mit Staatsgeldern verhindern wolle, sollte die geplante Maßnahme nicht ausreichen. Die Kosten für den Steuerzahler werden für diesen Fall auf 1,2 Mrd. Euro geschätzt. Völlig überraschendDie Entscheidung der italienischen Regierung kam für Beobachter völlig überraschend. Im Idealfall muss der Staat nicht einspringen. Die geplanten Schritte ähneln stark den Rettungsaktionen früherer Regierungen zugunsten der Sieneser Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS) und zweier venezianischer Institute, die mit staatlichen Milliardenspritzen bereits gerettet worden waren. Beim Abbau des Bestands ausfallgefährdeter Kredite (Non Performing Loans, NPL) war Carige zwar vorangekommen. Doch die Sparkasse sitzt noch immer auf einem Bestand fauler Kredite von mehr als 2,5 Mrd. Euro, der womöglich auf die schon bestehende Bad Bank des Staates übertragen wird. Sparer schützenDie italienische Regierung begründete das Dekret vom Montagabend damit, die Sparer schützen und der Geschäftsführung die Möglichkeit geben zu müssen, die nötigen Maßnahmen zur Konsolidierung der Bank, der Veräußerung der faulen Kredite und der Anlehnung an ein anderes Institut vorzubereiten.Die beiden Regierungsparteien Lega und 5 Stelle hatten die Rettungsaktionen ihrer Vorgänger stets massiv kritisiert. Die aktuelle Krise bei Carige war kurz vor Weihnachten ausgelöst worden. Großaktionär Malacalza, der 27,6 % der Anteile hält, hatte eine Kapitalerhöhung um 400 Mill. Euro blockiert. In der Folge waren mehrere Aufsichtsratsmitglieder des Instituts zurückgetreten, darunter Raffaele Mincione, der 5,4 % hält. Weitere 9,1 % liegen bei Gabriele Volpi. Die Europäische Zentralbank (EZB) als Aufsichtsbehörde hatte Carige daraufhin unter Zwangsverwaltung gestellt. VetternwirtschaftDie noch 2007 fünftgrößte Bank des Landes, die damals an der Börse mit 6 Mrd. Euro bewertet worden war, ist nicht in erster Linie durch die Finanz- und Wirtschaftskrise in die sehr prekäre Lage gekommen. Unter der früheren Geschäftsführung wurden Kredite in großzügigster Weise und in Form einer Vetternwirtschaft vergeben. Außerdem verspekulierte sich das Institut, das für die wirtschaftlich angeschlagene Region Ligurien zentrale Bedeutung hat, bei großen Immobilienprojekten.Seit 2014 hat Carige 2,2 Mrd. Euro bei Investoren eingesammelt, Verluste von 1,5 Mrd. Euro angehäuft sowie mehrere Geschäftsführungen verschlissen. Das Institut, dessen Notierung ausgesetzt ist, war zuletzt noch 80 Mill. Euro wert. Nur weil der Einlagensicherungsfonds der Privatbanken Carige im November mit einer Anleihe von 320 Mill. Euro unter die Arme gegriffen hatte, konnte die Bank die EZB-Eigenkapitalvorschriften erfüllen. Die Maßnahme war an die Bedingung einer Kapitalerhöhung bis Ende März geknüpft. Die Privatbanken wollen über eine Reduzierung des Zinssatzes verhandeln.Die italienische Regierung fürchtete offenbar einen Bank Run, Ansteckungseffekte auf den Bankensektor sowie eine Liquiditätskrise. Fragezeichen stehen hinter der Werthaltigkeit der faulen Kredite. Die fehlenden Informationen dazu könnten ein Grund dafür sein, dass Malacalza die Kapitalerhöhung blockiert.Die jüngste Entwicklung bei Carige sät erneut Zweifel an der Stabilität des italienischen Bankensystems. Zwar haben die Banken des Landes große Fortschritte gemacht und sowohl die Kosten als auch ihre Bestände an faulen Krediten deutlich reduziert. Sie weisen auch stabile Kernkapitalquoten auf. Einige Institute wie Unicredit, Intesa Sanpaolo und Mediobanca gehören zu den ertragsstärksten Banken Europas. Hoher ZinsaufschlagDoch die Politik der aktuellen Regierung, die zu einem anhaltend hohen Zinsaufschlag für italienische gegenüber deutschen Staatsanleihen von 250 bis zu 330 Basispunkten geführt hat, macht vielen Banken, die auf hohen Beständen staatlicher Bonds sitzen, schwer zu schaffen. Selbst stabile Institute wie Intesa Sanpaolo und Unicredit haben Probleme, sich am Markt zu refinanzieren. Unicredit gilt neben der französischen BNP Paribas, dem Crédit Agricole, der Mailänder BPM, Ubi Banca und der MPS als möglicher Aufkäufer von Carige.