Versicherer

R+V verfehlt Jahresziele

Die Zinswende und ein Bilanzierungseffekt sind Schuld am drastischen Ergebnisabsturz der R+V im vergangenen Jahr. Doch nicht nur beim Gewinn erreichte der zweitgrößte deutsche Erstversicherer die eigenen Erwartungen nicht.

R+V verfehlt Jahresziele

R+V verfehlt Jahresziele

Zinswende drückt Versicherer nach IFRS in die Verlustzone – Marktanteile in wichtigsten Sparten verloren

ak Köln

Die R+V hat im vergangenen Jahr ihre Ziele für Beitragseinnahmen und Ergebnis verfehlt. Konzernchef Norbert Rollinger machte bei der Bilanzvorlage aus seiner Enttäuschung keinen Hehl, gerade zum 100-jährigen Bestehen des Versicherers den Wachstumspfad der vergangenen Jahre verlassen zu haben. „Ich hätte gerne über ein strahlendes Geschäftsjahr berichtet“, sagte der Manager, der seit einigen Monaten auch als Präsident an der Spitze des Branchenverbands GDV steht.

Bereits bei der Bilanzvorlage der Mutter DZ Bank Ende Februar war bekannt geworden, dass die R+V nach IFRS 2022 in die Verlustzone gerutscht ist.

Das Vorsteuerergebnis des zweitgrößten deutschen Erstversicherers sackte um mehr als 1 Mrd. Euro ab und landete bei -258 Mill. Euro.

Schuld ist die Zinswende – und ein Bilanzierungseffekt. Milliardenschwere Kursverluste im Portfolio vor allem bei festverzinslichen Wertpapieren sorgten dafür, dass das Kapitalanlageergebnis mit 3,6 Mrd. Euro negativ ausfiel. Durch die Bankmutter bilanziert die R+V ihre Assets auf der Aktivseite nach IFRS 9, der neue Standard für die Verpflichtungen eines Versicherers IFRS 17 wird jedoch erst im laufenden Jahr eingeführt. „Wir haben einen Bilanz-Mismatch“, sagte Rollinger. Er komme bei der R+V besonders stark zum Tragen.

Allerdings waren es nicht nur unrealisierte Marktwertverluste, die die Wiesbadener belasteten. Da Liquidität durch ein stark schrumpfendes Einmalbeitragsgeschäft in der Lebensversicherung nicht in dem Maße wie in den Vorjahren hereinfloss, musste die R+V für die Rückzahlung auslaufender Verträge in der Lebensversicherung auch Kapitalanlagen verkaufen – zum Teil mit hohen Einbußen. Laut Geschäftsbericht verdreifachte sich der Brutto-Verlust aus dem Abgang von Wertpapieren auf 2 Mrd. Euro.

So lag auch das Vorsteuerergebnis nach HGB mit 120 Mill. Euro unter den Erwartungen. In der HGB-Bilanz werden die Kursverluste der Anleihen im Portfolio als nicht ergebniswirksame stille Lasten verbucht, sie summierten sich auf 7,4 Mrd. Euro.

Im laufenden Jahr peilt die R+V die Rückkehr in die Gewinnzone an. Die Ergebnisvolatilität dürfte künftig auch abnehmen: Mit der Anwendung IFRS 17 gleichen sich Marktwertschwankungen von Kapitalanlagen auf der Aktivseite und Rückstellungen auf der Passivseite zu einem erheblichen Teil aus.

R+V
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20222021
Gebuchte Bruttobeiträge (HGB)19.51920.153
Gebuchte Bruttobeiträge (IFRS)18.66719.184
> davon Leben/Kranken8.7479.424
> davon Schaden/Unfall6.9246.706
> davon Rückversicherung2.9963.054
Combined Ratio Schaden/Unfall (%)9897,3
Kapitalanlageergebnis-3.6245.609
Ergebnis vor Steuern-258914
Ergebnis vor Steuern (HGB)120163

Doch auch bei den Einnahmen lief es 2022 nicht so wie geplant. In den größten Sparten Lebens- und Schaden-/Unfallversicherung verlor der genossenschaftliche Versicherer Marktanteile. Nur in der vergleichsweise kleinen Sparte Gesundheit, in der die R+V vor allem auf betriebliche Krankenversicherung setzt, legte das Unternehmen ein deutliches Plus von 13% hin. Mitte des Jahrzehnts soll die Beitragsmarke von 1 Mrd. Euro überschritten werden.

In der gesamten Gruppe, die mit 19,5 Mrd. Euro im vergangenen Jahr fast 4% weniger Einnahmen verzeichnete, sollen die 20 Mrd. Euro im laufenden Jahr laut Rollinger wieder deutlich überschritten werden. Im ersten Quartal jedoch legte die R+V noch einmal den Rückwärtsgang ein, weil die Einmalbeiträge in der Lebensversicherung in der Vorjahresperiode noch kräftig geflossen waren. Da die Kunden, die mehrheitlich über die Volksbanken zur R+V kommen, jetzt auch wieder andere attraktive Anlagemöglichkeiten haben, schrumpften die Beiträge in der Lebensversicherung in den ersten drei Monaten um 16%. Gruppenweit betrug das Minus knapp 3% auf 5,8 Mrd. Euro.

Wertberichtigt Seite 2