Weiterhin in Familienbesitz

„Solidvest ist für uns bewusst kein Spielzeugdepot“

Thorsten Schrieber, Vertriebsvorstand von DJE Kapital, will die Unabhängigkeit des Hauses bewahren und zugleich weiterwachsen. Bei aktiven ETFs ist das Haus jetzt eingestiegen.

„Solidvest ist für uns bewusst kein Spielzeugdepot“

Im Gespräch: Thorsten Schrieber

„Solidvest ist für uns bewusst kein Spielzeugdepot“

DJE-Kapital Vorstand über den digitalen Vertrieb und die Konkurrenz zu Neobrokern – Deutscher Standort von Vorteil – „Eine Handvoll aktiver ETFs “

wbr Frankfurt

Als Vertriebsvorstand von DJE Kapital will Thorsten Schrieber die Unabhängigkeit des Hauses bewahren und zugleich weiterwachsen. Schon der Vergleich mit anderen Vermögensverwaltern im VuV zeigt für ihn den Unterschied: „Wir heben uns vom typischen VuV-Mitglied ab mit eigener KVG, mehreren Standorten in Deutschland, Präsenz in der Schweiz, Spanien, Italien, Portugal. Das ist ein anderes Setting als die klassische Boutique.“ DJE versteht sich mit einem verwalteten Vermögen von 16 Mrd. Euro als eigentümergeprägtes Haus mit internationaler Aufstellung, aber ohne den Apparat eines großen Assets Managers.

Die Gesellschaft mit Sitz in Pullach bei München tritt im Tagesgeschäft häufig gegen größere Wettbewerber an. „In vielen Mandaten laufen wir faktisch gegen die Großkonzerne. Auf der anderen Seite stehen Deka, eine LBBW und ähnliche Adressen und wir versuchen, als vergleichsweise kleineres Haus dagegen zu bestehen“, sagt Schrieber, der 2001 zu erstmals DJE kam und nach einer Zeit bei Fondsboutiquen seit 2017 wieder an Bord ist. Entscheidend für das Geschäft eines Anbieters wie DJE sei die Nähe zu den Bedürfnissen der Mandanten und die Fähigkeit, passgenaue Lösungen zu bauen.

„Volle Kontrolle über Pricing“

Eine besondere Rolle spielt dabei die Kapitalverwaltungsgesellschaft in Luxemburg. „Unsere eigene KVG in Luxemburg liegt bei rund 8,8 Mrd. Euro. Ich könnte mir gut vorstellen, mit einem Partner das Volumen zu verdoppeln, um für das KVG-Geschäft eine stabilere Ertragssäule zu haben – bei voller Kontrolle über Pricing und Qualität.“ Zukäufe betrachtet Schrieber nur sehr selektiv: „Wir schließen nicht aus, in der klassischen Vermögensverwaltung oder auf der Fondseite selektiv dazuzukaufen. Aber das Volumen muss stimmen, die Kundenstruktur, die IT-Systeme, das Portfolio-Management. Sonst ist der Integrationsaufwand zu groß und dann passt das einfach nicht.“

Dass DJE Kapital familiär mit dem Gründer Jens Ehrhardt und dem Sohn Jan Erhardt an der Spitze geprägt ist, sieht Schrieber als Pluspunkt. „Unser Haus ist weiterhin in Familienbesitz und seit Jahrzehnten von der Gründerfamilie geprägt. Gerade im Stiftungs- und Mittelstandssegment ist das wichtig: Viele sagen ganz klar, sie wollen deutsche Gesprächspartner und deutsche Präsentationen.“ Auch die Verankerung in Deutschland ist Teil des Profils: „Wir operieren aus Deutschland heraus, Portfolio-Manager und Research sitzen hier. Das ist für viele Kunden ein strategischer Vorteil, den wir bewusst ausspielen, auch wenn wir bei ganz großen Tickets manchmal gegen DWS & Co. den Kürzeren ziehen.“

ETF mit Bottom-up-Scoring

Im ETF-Markt hat sich das Haus bewusst auf eine Nische fokussiert. „Wir haben lange überlegt, ob wir im Segment aktive ETFs überhaupt dabei sein wollen, und uns dann klar dafür entschieden. Aber: Es kann nur der aktive ETF sein, und er muss direkt aus unserem bestehenden Investmentprozess abgeleitet sein“, betont Schrieber. Ein rein passives Produkt komme für DJE nicht infrage; das etablierte Bottom-up-Scoring werde in einen aktiven ETF übertragen – „sonst wäre es nicht DJE“. Perspektivisch, sagt er, wolle man „vielleicht eine Handvoll aktiver ETFs im Haus“ haben. „Wir sind kein Massenproduzent, der jede Woche zehn neue ETFs in den Markt schiebt.“

Gleichzeitig verändert die Digitalisierung das Privatkundengeschäft. „Wir können in der Vermögensverwaltung nicht an Neobrokern und Apps vorbeischauen“, so Schrieber. Hier soll die digitale Lösung ansetzen: „Solidvest ist für uns bewusst kein ‚Spielzeugdepot‘. Das Durchschnittsalter liegt bei knapp 50 Jahren, das durchschnittliche Vermögen bei rund 75.000 Euro. Das ist positiv weit weg von dem, was bei typischen Neobrokern monatlich angelegt wird.“

Hohe Absätze über Sparkassen

Im institutionellen Geschäft will DJE ebenfalls wachsen. Da spiele das Thema ETF kaum eine Rolle, da gehe es um maßgeschneiderte Lösungen auf Basis der eigenen Research-Kompetenz.

„Auf der Wholesale-/Retail-Seite sind Sparkassen und Volksbanken unsere wichtigsten Kundengruppen. Die leiden zwar aktuell etwas unter dem Druck der Neobroker und Direktbanken und großen Publikumsfondsanbieter, sind aber in ihren Verbünden so stark, dass ich sie auch in fünf Jahren als dominierende Player sehe.“ Das zeigt sich auch in den Zahlen: „Wir hatten dieses Jahr über die Sparkassen so hohe Absätze wie noch nie.“ Um das Niveau zu halten, brauche es persönliche Betreuung und zunehmend die Fähigkeit, komplexe digitale Schnittstellen für diese Häuser zu bauen.

Der Vermögensverwalter DJE Kapital will wachsen, ohne seine Unabhängigkeit zu verlieren. Vorstand Thorsten Schrieber erklärt, wie das Eigentümer-geprägte Haus mit rund 16 Mrd. Euro Asset s under Management zwischen Boutique und Großkonzern seinen Platz findet – mit eigener KVG, aktiven ETFs und enger Nähe zu Sparkassen und Volksbanken im Inland.

Von Wolf Brandes, Frankfurt