Sondersituationen eröffnen filmreife Renditechancen
Sondersituationen eröffnen filmreife Renditechancen
Gastbeitrag
Sondersituationen eröffnen filmreife Renditechancen
In seinem Filmklassiker "Ist das Leben nicht schön?" hat der US-Regisseur Frank Capra (1897–1991) dem Phänomen des Bank Run ein Denkmal gesetzt. Fehlende Liquidität und ausbleibende Kredite durch Finanzinstitute sorgen in dem Streifen, der in den USA der 1920er Jahre spielt, nicht nur für Verzweiflung bei der Hauptfigur George Bailey, dem Leiter einer kleinen Bausparkasse, sondern auch für einen ausgemachten Tumult. Nun sollte man meinen, dass sich in den vergangenen 80 Jahren einiges geändert hat. Der Blick auf aktuelles Marktgeschehen zeugt vom Gegenteil. Der Vergleich mag zugespitzt sein, doch die Probleme von heute weisen Parallelen zu damals auf.
Europa als Blaupause für die USA
Die jüngste Bankenkrise im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hat die Kreditvergabe in Schwierigkeiten gebracht. Der europäische Finanzmarkt ist davon bisher unbeeindruckt geblieben. Dazu gehört auch, dass die Hüter der hiesigen Finanzstabilität emsig unterstreichen, um wie viele Mymeter das System hierzulande stabiler aufgestellt ist. Dieser Tatsache ist bei Betrachtung wesentlicher Kennzahlen und Mechanismen erst einmal auch nichts entgegenzusetzen. In Europa ist zudem seit der Finanzkrise ein Phänomen zu beobachten, das von nicht wenigen auch als Blaupause für die USA herangezogen wird.
Banken verlieren an Bedeutung
Bei genauer Betrachtung der Finanzierungswege ist auffällig, dass die Kreditvergabe durch Finanzinstitute seit 2008 nahezu stabil geblieben ist. Zeitgleich haben Wirtschaft und Unternehmensschulden zugelegt – und das bei rückläufigen Verschuldungskennzahlen. Die Bedeutung der Banken spielte zuletzt also eine weniger gewichtige Rolle. Allein von 2008 bis 2015 haben europäische Kreditinstitute ausgelöst durch die Finanzkrise und beschleunigt durch die Euro-Staatsschuldenkrise fast 500 Mrd. EUR an Krediten gegenüber dem Unternehmenssektor abgebaut.
Es erscheint logisch, dass diese Lücke vor allem aufgrund der ausgeprägten Niedrigzinsphase von Investoren außerhalb des Bankensektors geschlossen werden konnte. Dazu gehören Investmentfonds, Pensionskassen, Versicherungen oder andere Finanzintermediäre, zu denen wiederum Private-Debt-Fonds oder Collateralized Loan Obligations (CLOs) zählen. Einerseits lässt sich resümieren, dass eine Finanzierung außerhalb des Bankensektors in Stressphasen womöglich als Alternative dienen kann. Viel bedeutsamer ist die Frage, welches Szenario blüht, sollten Banken ihr Deleveraging vorantreiben und die neu hinzugewonnenen Gläubigergruppen zeitgleich wieder auskömmliche Renditen in risikofreieren Assets finden.
200 Mrd. Euro Refinanzierungsbedarf im Hochzinsbereich
Ein besonderes Augenmerk kommt dem Anleihemarkt zugute. In den kommenden drei Jahren muss der Markt europäischer Non-Investment-Grade-Unternehmen über 200 Mrd. Euro refinanzieren. Zuletzt lagen die Kosten für High-Yield-Papiere bei über 8%. So hoch wie mit wenigen Ausnahmen seit 2012 nicht mehr. Zudem mussten Transaktionen jüngst mit weiteren kapitalstärkenden Maßnahmen flankiert werden, um überhaupt das notwendige Vertrauen bei Investoren einzuwerben.
Emittenten sollten bestrebt sein, Refinanzierung frühzeitig zu adressieren. Wo Neuemissionen nicht zur Verfügung stehen und auch frisches Eigenkapital durch einen starken Sponsor aussichtslos erscheint, beginnen Verhandlungen mit Anleihegläubigern. Ein beliebter Weg ist dabei die „Amend & Extend“-Lösung. Dabei wird die Laufzeit eines Wertpapieres verlängert, was dem Unternehmen Luft verschafft. Gläubiger stimmen aber nur zu, sofern auch für sie etwas herausspringt.

Ein Beispiel für diese Lösung lieferte Ende 2022 der Pharmakonzern Stada. So wurde nicht nur die Prolongation einer Anleihe um zwei Jahre und eine Erhöhung des Kupons von 3,5% auf 7,5% angeboten, sondern zusätzlich ein „Cash Sweetener“ in Form von 8 Prozentpunkten. Gerade für Investoren, die ereignisorientiert eingestiegen sind, ein außerordentlich attraktives Angebot.
Fremdkapital zu Eigenkapital
Dass es auch anders gehen kann, zeigte sich am Fall des Modeunternehmens Takko Fashion. Zwar ist das 1982 gegründete Unternehmen bereits seit 2010 in Händen des Private-Equity-Investors Apax, der aber kein Eigenkapital nachschießen wollte. Ohne Lösung wäre die Fälligkeit der im Herbst auslaufende Anleihe gescheitert, was einem Insolvenzereignis gleichgekommen wäre. Hedgefonds hatten sich bereits zuvor opportunistisch im Bond platziert und auf einen sogenannten Debt-to-Equity-Swap gepocht. Dabei wird Fremdkapital in Eigenkapital gewandelt. Die einstigen Gläubiger übernehmen das Steuer, was eine der aggressivsten Formen der Restrukturierung darstellt.
2023 gab es bereits viele Restrukturierungen, so dass der Ausschlag des ersten Covid-Jahrs noch übertroffen werden dürfte. Gerade für aktive und ereignisorientierte Investoren bietet die Analyse von Sondersituationen ein Renditepotenzial, das nicht mit dem klassischen High-Yield-Segment korreliert. So ist bereits ersichtlich, dass große Private-Equity-Gesellschaften ihre Präsenz in Europa ausbauen. Dazu passt die Ankündigung des über 100 Mrd. schweren Finanzinvestors Bain Capital, der vor wenigen Wochen verkündete, mit jeder Menge Cash in den Startlöchern zu stehen. Ein spannendes Umfeld voller Opportunitäten.
