Schweizer Banken

Vertrauens­verlust kostet Credit Suisse Milliarden

Die Credit Suisse hat am Montagmorgen die Bedingungen der Kapitalerhöhung kommuniziert. Nach dem Plan der Führung soll eine handverlesene Gruppe von Großinvestoren ein Vorwegzeichnungsrecht erhalten.

Vertrauens­verlust kostet Credit Suisse Milliarden

dz Zürich

Die Credit Suisse hat am Montagmorgen die Bedingungen der Kapitalerhöhung kommuniziert. Die Bank braucht neues Kapital in Höhe von 4 Mrd. sfr, weist aber eine Börsenkapitalisierung von weniger als 11 Mrd. sfr auf. Es kommt also zu einer großen Verwässerung.

Nach dem Hauptplan der Credit-Suisse-Führung soll eine handverlesene Gruppe von Großinvestoren ein Vorwegzeichnungsrecht für insgesamt 462 Millionen neue Aktien erhalten. Ein Vorwegzeichnungsrecht widerspricht aber im Prinzip dem gesetzlichen Anspruch jedes Aktionärs auf jenen Teil der neuen Aktien, der seinem bisherigen Anteil entspricht. Zwar können die Aktionäre auf dieses Recht verzichten, so sich auf einer Generalversammlung die nötige qualifizierte Mehrheit dafür bildet. Doch auch dieser Verzicht kann nur „aus wichtigen Gründen“ geschehen.

Im Urteil von Peter Forstmoser, Professor für Aktienrecht an der Universität Zürich und langjähriger Partner der Zürcher Wirtschaftskanzlei Niederer Kraft Frey, ist die derzeitige finanzielle Situation der Credit Suisse ein ausreichend wichtiger Grund für eine solche Beschneidung der Rechte der Altaktionäre, wie sie der Verwaltungsrat auf der außerordentlichen Generalversammlung vom 23. November beantragen wird. Es sei vermutlich nicht vermeidbar gewesen, dass die Credit Suisse mit Blick auf die Kapitalerhöhung eine neue Ankeraktionärin präsentiert, die den Erfolg der Kapitalbeschaffung auch garantieren kann, sagte der Experte auf Anfrage der Börsen-Zeitung.

Als neue Ankeraktionärin steht die Saudi National Bank bereit. Sie will 308 Millionen neue Aktien zeichnen und so auf einen Kapitalanteil von 9,9% kommen. Die Saudis und die übrigen „qualifizierten Investoren“ bezahlen ihr Vorrecht gegenüber den Altaktionären aber mit 3,82 sfr pro neue CS-Aktie. So garantiert diese Investorengruppe dafür, dass der Credit Suisse mindestens 1,76 Mrd. sfr zufließen. Der Beitrag der bestehenden CS-Aktionäre zur Rekapitalisierung der Bank schrumpft auf 2,24 Mrd. sfr, wobei sieben bestehende Credit-Suisse-Aktien zum Bezug von zwei Neuen zum Preis von 2,52 sfr berechtigen sollen. Die Verwässerung ist bitter, aber sie wäre noch größer, wenn die Altaktionäre der Credit Suisse den Saudis am 23. November den Vortritt verweigern würden. In diesem Fall müssten sie die 4 Mrd. sfr allein stemmen. Sie müssten 1 767 Millionen neue Credit-Suisse-Titel zum Preis von lediglich 2,27 sfr pro Titel absorbieren. Drei bestehende Aktien würden dann zum Bezug von zwei neuen berechtigen. Die Eigentumsrechte der bestehenden Titel würden so um zwei Drittel verwässert. Vor diesem Hintergrund bestehen wenig Zweifel, dass der Verwaltungsrat mit seinem Hauptplan durchdringen wird.

Kapitalerhöhungen nach dem Muster, wie sie die Credit Suisse gerade vorexerziert, kommen auch bei Großfirmen immer wieder vor. Vor 20 Jahren musste sich die Zürich Versicherung notfallmäßig 3,7 Mrd. sfr beschaffen. Sie musste die neuen Aktien zu gut 50% unter damals geltenden Kurs ausgeben und den Aktionären eine Verwässerung von zwei Dritteln zumuten.

Bei der Credit Suisse hat das Anzapfen der Aktionäre Tradition. 2010 gab es 1186 Millionen CS-Aktien. Der Bestand wurde bis 2016 fast verdoppelt, nicht primär um das Kapital der Bank zu stärken, sondern um alte Rechnungen zu begleichen, Boniprogramme zu finanzieren oder um Dividenden in Form von Aktien zu entrichten. Seither beschaffte sich die Bank durch Kapitalerhöhungen weitere Milliarden – allerdings ohne ihre Situation nachhaltig zu verbessern, wie Figura zeigt. Nun zahlen die Aktionäre den hohen Preis für diesen Vertrauensverlust, der sich über Jahre hinweg in die Köpfe der Investoren hineingefressen hat.

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