„Frankfurt meets Berlin“ zur Token-Ökonomie

„Wir sind tatsächlich strategisch weit vorn“

Frühzeitige Gesetzgebung und Regulatorik haben Deutschland in der digitalen Kapitalmarkt-Transformation international in eine führende Wettbewerbsrolle gebracht. Aber der Vorsprung ist gefährdet.

„Wir sind tatsächlich strategisch weit vorn“

„Wir sind tatsächlich strategisch weit vorn“

Tokenisierter Finanzmarkt erlaubt schnellere und kostengünstigere Transaktionen – Deutschland frühzeitig positioniert – Wettbewerber holen auf

Frühzeitige Gesetzgebung und Regulatorik haben Deutschland in der digitalen Kapitalmarkt-Transformation international in eine führende Wettbewerbsrolle gebracht. Aber der Vorsprung ist gefährdet, wurde bei der Konferenz „Frankfurt meets Berlin“ zur Token-Ökonomie am Finanzmarkt deutlich. Andere holen auf.

wf Berlin

Bei der digitalen Transformation des Finanzmarktes muss der europäische Gedanke stärker in den Blick genommen werden. Dafür macht sich Florian Rentsch, Finanzplatzbeauftragter der hessischen Landesregierung, stark. „Ich möchte es nicht nur national diskutiert wissen“, sagte Rentsch bei der Konferenz „Frankfurt meets Berlin“ in der hessischen Landesvertretung in der Hauptstadt zu der Frage, wie der Standort gestärkt werden kann. Der Finanzplatz Frankfurt sei sehr international ausgerichtet. Dies untermauere allein die Präsenz von rund 150 Auslandsbanken in Frankfurt – ein „nicht gottgegebener“ Zustand.

Institutionen wie die Europäische Zentralbank, der Standardsetzer für Nachhaltigkeitsreporting ISSB oder die Anti-Geldwäsche-Behörde AMLA im Finanzzentrum am Main bieten Rentsch zufolge gute Rahmenbedingungen. Die Investoren suchten die Nähe zu den Regulatoren. Der frühere FDP-Politiker ist seit 2017 Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Sparda-Banken in Frankfurt. Das Amt des Sonderbeauftragten für die hessische Landesregierung hat er seit November inne. Um mehr privates Kapital zu mobilisieren, wie es die neue schwarz-rote Bundesregierung anstrebt, müssten die Strukturen des Finanzplatzes gerade im digitalen Wandel ständig überprüft und weiterentwickelt werden, betonte Rentsch.

Frühzeitige Gesetzgebung

Die tokenisierte Wirtschaft bietet auch am Finanzplatz enorme Vorteile: Transaktionen sind schneller und kostengünstiger. Bei der vom International Bankers Form organisierten Konferenz zur Zukunft des Finanzplatzes in der Token-Ökonomie waren sich Redner und Panelisten einig, dass Deutschland dank frühzeitiger nationaler Gesetzgebung und kluger Regulierung zu elektronischen Wertpapieren oder zu Krypto-Assets im Wettbewerb eine führende Rolle einnimmt. „Wir sind tatsächlich strategisch weit vorn“, konstatierte Alexandra Hachmeister, Director General Digitaler Euro bei der Bundesbank. Aus Sicht des Frankfurter Finanzplatzes sei es gleichwohl wichtig, eine Brücke ins politische Berlin zu schlagen. „Die Finanzindustrie verändert sich durch die Digitalisierung radikal.“

Zu den Assets-on-Chain gehöre auch die Geldseite, erläuterte Hachmeister: Cash-on-Chain. Dort sieht die Bundesbank ihre Aufgabe. Die Bereitstellung von digitalem Zentralbankgeld für die Industrie als Wholesale-Euro würde im Vergleich zum Retail-Euro allzu oft nur wenig beachtet. Bundesbank und EZB haben mittlerweile in Wholesale-Pilotprojekten Transaktionen mit „echtem Geld“ im Volumen von 1,6 Mrd. Euro getestet. In einem ersten Schritt könnten nun in den nächsten Monaten interoperable Verbindungen zu den bestehenden Target-Services geschaffen werden. Längerfristig soll die Abwicklung internationaler Finanzmarkttransaktionen so möglich werden. Weitreichende Erfahrung hat die KfW mit Marktakteuren bei der Emission elektronischer Wertpapiere gesammelt. KfW-Group-Treasurer Tim Armbruster verwies auf die Finanzmarktstabilität als zentrales Kriterium.

Der Wettbewerbsvorsprung hierzulande erfordert dennoch ständige Weiterentwicklung. In den USA hat die Regierung Trump mit „aggressiver Gesetzgebung“ den Genius Act und den Stable Act angeschoben – zwei Gesetzentwürfe, die Stablecoins regulieren, potenzielle Risiken vermindern und Verbraucher schützen sollen. Nach einem für die USA untypischen Tiefschlaf sei Dornröschen wachgeküsst, sagte Christoph Hock, Head Tokenisation & Digital Assets bei Union Investment. Großbritannien testet in Sandboxes die Token-Ökonomie für den Finanzmarkt und profitiert als Spätstarter von Erfahrungen auf dem Kontinent.

Pläne in Berlin

Doris Dietze, Unterabteilungsleiterin im Bundesfinanzministerium für Finanzmarktregulierung verwies auf die EU-Kommission, die noch im Juni Vorschläge für eine vertiefte europäische Kapitalmarktunion vorlegen will, in der digitale Geschäftsmodelle möglich und Handelsbarrieren abgebaut werden sollen. Der deutsche Koalitionsvertrag stelle in Aussicht, die Nachfrage bei der Altersvorsorge sowie die Scaleup- und Startup-Industrie zu stärken. Auch die WIN-Initiative zur Mobilisierung privaten Kapitals will die neue Bundesregierung fortführen.

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