Zurich schockiert mit Stellenabbau
Das gestern vorgelegte schwache Jahresergebnis der Zurich Insurance überraschte kaum mehr. Ein Schock für Mitarbeiter und Öffentlichkeit war dagegen der beispiellose Stellenabbau. Von den Personalmaßnahmen sollen 8 000 Mitarbeiter betroffen sein.dz Zürich – Zurich Insurance will bis Ende 2018 Personalmaßnahmen ergreifen, von denen 8 000 Mitarbeiter oder rund 15 % der weltweiten Belegschaft betroffen sein werden. Teil der Maßnahmen sind die Optimierung beziehungsweise die Automatisierung von Arbeitsprozessen sowie die Verschiebung von Stellen in Länder mit niedrigeren Arbeitskosten. Der Verwaltungsratspräsident und interimistische Konzernchef Tom de Swaan wollte oder konnte auf der Medienkonferenz in Zürich nicht tiefer in die Einzelheiten dieser “Transformation” einsteigen. Das Ziel sei es, wie schon am Investorentag vom 21. Mai 2015 angekündigt, bis Ende 2018 die Kostenbasis um 1 Mrd. Dollar zu senken. Schon früher angekündigtVerschiedene der geplanten Personalmaßnahmen seien schon früher angekündigt worden und beträfen etwa 2 000 Mitarbeiter, sagte de Swaan. Er erwähnte den im September kommunizierten Abbau von 500 Arbeitsplätzen in Deutschland sowie die im November mitgeteilten Abbauprogramme in Großbritannien (440 Stellen) und in der Schweiz (300 Stellen). Die Schweiz müsse mit einer proportionalen Verkürzung ihres Personaletats rechnen, was bezogen auf den derzeitigen Bestand von 5 100 Mitarbeitern einen Gesamtverlust von rund 750 Stellen bedeuten würde. Mitarbeiter schockiertMitarbeiter zeigten sich im Gespräch mit dieser Zeitung schockiert vom radikalen Vorgehen der Konzernführung. Mit einem solchen Einschnitt habe man nicht rechnen können, sagte ein Kaderangestellter am Hauptsitz der Schweizer Gesellschaft in Zürich. Wo die Konzernleitung den Rotstift konkret ansetzen will, weiß in der Belegschaft noch niemand. Dies ist ein Indiz dafür, dass de Swaan und seine Kollegen die schlechte Botschaft unbedingt noch selber und vor der Ankunft des neuen CEO Mario Greco verkünden wollten. Greco nimmt seine Aufgabe nicht erst im Mai, sondern bereits am 7. März in Angriff, nachdem er von der Generali in Triest kurzfristig freigestellt worden war.Grecos Hauptarbeit wird es sein, die Strategie der Zurich für die nächsten drei Jahre von 2017 bis 2019 festzulegen. Demgegenüber zielt der Stellenabbau darauf ab, Fehlentwicklungen in der Vergangenheit zu korrigieren. Die tieferen Ursachen der anstehenden Rosskur reichen 15 Jahre zurück. Damals durchlief die Zurich eine existenzielle Krise. Ein überzogener Expansionskurs und eine falsche Anlagepolitik hatten den Konzern unter Führung des charismatischen Rolf Hüppi an den Rand des Abgrundes getrieben. 2002 musste Hüppi das Feld mit einem Milliardenverlust räumen und es kam zum Abbau von 4 500 der damals noch 76 000 Stellen.Der Konzern unterzog sich einem strikten Sparkurs, um das knapp gewordene Eigenkapital wieder aufzubauen. Dabei wurden auch Investitionen in die Informatik und generell in die Automatisierung der Arbeitsprozesse zurückgestellt oder auf die lange Bank geschoben. Nach der Einschätzung von Branchenkennern ist die Zurich in puncto Produktivität im Konkurrenzvergleich ins Hintertreffen geraten.Ein Vergleich im wichtigen Schweizer Markt unterstützt die These: Während die gesamte inländische Assekuranz von 2002 bis 2014 mit 1 % weniger Mitarbeitern ein um 10 % gestiegenes Prämienvolumen bewirtschaften konnte, schrumpften Personalbestand und Geschäftsvolumen der Schweizer Gesellschaft der Zurich im gleichen Zeitraum um je rund ein Viertel.Der dramatisch verschlechterte Konzerngewinn des Vorjahres hat den Ausschlag gegeben, diese offensichtlich über viele Jahre aufgestauten Produktivitätsdefizite jetzt mit aller Härte anzugehen. 2015 musste der Konzern bei einem um 9 % gesunkenen Prämienvolumen einen um 53 % niedrigeren Gewinn von nur mehr 1,8 Mrd. Dollar ausweisen. Für die geplante Ausschüttung einer unveränderten Dividende von 17 sfr je Aktie benötigt der Konzern 2,6 Mrd. sfr oder rund 800 Mill. sfr mehr als das, was im Geschäftsjahr verdient wurde. Die Differenz geht somit zu Lasten des Eigenkapitals. Seit geraumer Zeit treibt die Zurich-Führung die Frage um, was sie mit ihrem überschüssigen Eigenkapital von 3 Mrd. Dollar anfangen soll. Ein Drittel der Antwort hat sich nun von selbst ergeben.Die Aktie ging in Zürich mit dem Markt nach unten und schloss 2,7 % schwächer bei 200 sfr.