Dividendenvorschläge

Banken sprechen wegen Dividenden mit EZB

Die Aareal Bank ist am Montag das erste deutsche Institut unter direkter EZB-Aufsicht gewesen, das eine Dividende für 2020 angekündigt hat. Weitere folgen. In ganz Euroland sprechen Institute mit der Aufsicht über Ausschüttungen in der Pandemie. Die Mehrheit dürfte indes das Geld zusammenhalten.

Banken sprechen wegen Dividenden mit EZB

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Spätestens nachdem die Aareal Bank am Montag mit der Ankündigung einer unerwartet üppigen Dividende für 2020 ihre Aktionäre begeistert hat, sind Ausschüttungen in der Finanzbranche Thema. Für alle Großbanken Eurolands ist am Freitag vergangener Woche die Frist abgelaufen, in der sie sich bei der Europäischen Zentralbank (EZB) melden sollten, sofern sie trotz des Appells der Aufseher, sich zurückzuhalten, bis Ende September Dividenden zahlen oder Aktien zurückkaufen wollen. Bundesweit wollen sich die meisten großen Banken zwar noch nicht in die Karten schauen lassen, wie sie es in der Pandemie und angesichts der Empfehlung der EZB mit der Dividende halten wollen, wie Anfragen der Börsen-Zeitung ergeben. Wer eine Ausschüttung plant und wer nicht, liegt dennoch auf der Hand.

Rahmen wird ausgeschöpft

Noch laufen die Gespräche mit den Aufsehern. Diese dürften dem Vernehmen nach noch ein paar Wochen dauern, bevor die Institute ihren Dividendenvorschlag spätestens in ihrer Einladung zur Hauptversammlung öffentlich machen.

Die EZB äußert sich nicht zur Frage, wie viele Institute sich bis Freitag gemeldet haben, um Dividendenzahlungen anzugehen. In Finanzkreisen wird indes die Erwartung geäußert, dass bei weitem nicht einmal jede zweite Großbank sich darum bemüht, ausschütten zu können, bevor die Empfehlung der Aufsicht Ende September ausläuft.

Auch dürften die Gespräche demnach weitgehend konfliktarm verlaufen. Kernargument: In ihren bisherigen Gesprächen mit Banken habe die Aufsicht ihre Erwartungen klar dargelegt, sodass Banken, die sich nach Einschätzung der EZB Dividenden nicht leisten können, sich gar nicht erst darum bemühen dürften. Das sei alles „relativ absehbar“, heißt es. Auch was den Umfang der Ausschüttungen angeht, dürfte die grobe Linie klar sein: Den von der EZB eng gesteckten Rahmen dürften ausschüttende Banken in den kommenden Monaten demzufolge jeweils voll ausschöpfen. Denn alles andere liefe auf eine Abstufung der aufsichtlichen Einschätzung zur Kapitalstärke des jeweiligen Instituts hinaus. Daran können weder die Banken noch deren Aufseher Interesse haben.

Wie die EZB Mitte Dezember festgelegt hat, muss das Volumen von Dividendenzahlungen oder Aktienrückkäufen bis September weniger als 15% der kumulierten Ergebnisse der Jahre 2019 und 2020 betragen; zugleich darf es nicht mehr als 20 Basispunkte der harten Kernkapitalquote entsprechen.

Aus diesem Grunde will die Aareal Bank zunächst nur 35 bis 40 Cent je Aktie ausschütten, den Rest der insgesamt 1,50 Euro umfassenden Dividende hingegen im Schlussquartal. Zur Auflage hat die Aufsicht zudem gemacht, dass Dividenden zahlende Banken profitabel sind und sich ihr Kapital robust entwickelt. Dabei besteht allerdings Spielraum für Interpretationen, wie das Beispiel der Aareal Bank zeigt. Denn das Institut hat infolge der Coronakrise am Montag neben einer großzügigen Ausschüttung auch den ersten Betriebsverlust seit 2005 angekündigt, allerdings wohl kaum, ohne sich zuvor zumindest des impliziten Plazets der Aufsicht vergewissert zu haben. Allerdings glänzt das Haus zugleich mit einer harten Kernkapitalquote von 20,4% per Ende September.

Unter den bundesdeutschen Großbanken sind die LBBW sowie die DZBank, beide Dickschiffe der Verbünde, klare Kandidaten für Ausschüttungen. „Ja“, beantwortet ein Sprecher des genossenschaftlichen Spitzeninstituts die Frage, ob die DZBank der EZB ihre Absicht angezeigt hat, bis Ende September 2021 auszuschütten: „Die Aufsicht hat bewusst Spielräume eröffnet, die wir aufgrund unserer Ergebnis- und Kapitalsituation auch in Anspruch nehmen werden, zumal die Mittel auch in der genossenschaftlichen Finanzgruppe verbleiben.“

Mit dem Verbleib der Mittel im Verbund argumentierte in der vergangenen Woche im Interview der Börsen-Zeitung auch Rainer Neske, Chef der LBBW. Dort bestätigt ein Sprecher nun: „Wir sind mit der EZB über eine eventuelle Ausschüttung im Austausch.“

Im Falle der Stuttgarter Landesbank ist in der Dividendendebatte Musik drin. Denn die Sparkassen im Ländle finanzieren mit der Dividende der LBBW die Raten für Kredite, die sie in der Finanzkrise aufnehmen mussten, um bei der Kapitalerhöhung zur Stabilisierung der Landesbank mitzuziehen. Nachdem diese Ausschüttung nach dem von der EZB oktroyierten Moratorium im vergangenen Jahr ausgefallen war, hatte für die Sparkassen gar eine Sonderabgabe im Raum gestanden, um den Kredit weiter bedienen zu können. Dem Vernehmen nach entschieden sich die Institute letztlich dazu, die Tilgung auszusetzen und die Zinszahlung kurzfristig zwischenzufinanzieren.

Andere deutsche Kreditinstitute äußern sich deutlich weniger konkret zur Frage von Ausschüttungen vor Ende September und entsprechende Gespräche mit der Aufsicht. So verweist die DekaBank darauf, dass vor einer Entscheidung über eine Dividende erst der Jahresabschluss festzustellen sei. Die Helaba erklärt, die Gremien würden sich „turnusgemäß im Frühjahr 2021 mit dem Jahresabschluss 2020 und der Verwendung des Bilanzgewinns befassen“, und auch die BayernLB legt sich nicht fest.

Wenig spannend ist in der Dividendenfrage der Blick auf die beiden deutschen Großbanken. Die Commerzbank, die für das vergangene Jahr neben Abschreibungen von 1,5 Mrd. Euro eine Risikovorsorge von mindestens 1,7 Mrd. Euro sowie nochmals 610 Mill. Euro an Rückstellungen für Stellenabbau angekündigt hat, dürfte angesichts tiefroter Zahlen keinen Gedanken an Ausschüttungen verschwenden. Ähnliches dürfte im Grundsatz für die Deutsche Bank gelten, auch wenn Analysten im Konsens nach fünf Jahren mit Nettoverlusten einen Nachsteuergewinn von 245 Mill. Euro erwarten, wenn Deutschlands größte Bank am 4. Februar vorläufige Zahlen für das vergangene Geschäftsjahr präsentiert.

Im Falle der Masse der sogenannten weniger bedeutenden Institute, die nicht unter europäischer, sondern deutscher Aufsicht stehen, sind die Vorgaben weniger eindeutig. So hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zwar deutlich gemacht, dass sie Ausschüttungen billigen werde, sofern die Kapitalstärke eines Instituts dies erlaube, dafür aber keine so klaren Limits genannt wie die EZB. „Sollte ein Institut eine Ausschüttung beabsichtigen, erwartet die BaFin auch weiterhin, dass dies ihr und der Deutschen Bundesbank angezeigt wird – und zwar bevor das Institut einen gesellschaftsrechtlich bindenden Beschluss erlässt“, teilte die BaFin im Dezember mit. Am gestrigen Dienstag mahnte BaFin-Präsident Felix Hufeld, angesichts der momentanen Unsicherheit sei es für Finanzinstitute umso wichtiger, für möglichst viele Eventualitäten vorzubauen, „unter anderem durch einen sehr zurückhaltenden Umgang mit Gewinnausschüttungen“.

Es droht Ärger

Juristisch kann die Aufsicht Ausschüttungen nicht verbieten. Sie kann sie allerdings aufsichtlich sanktionieren. Zudem droht auch politisch Ärger, wie die beiden finnischen Institute Alandsbanken Abp und Aktia Bank Oyj gerade erfahren. Nachdem die Banken Dividenden angekündigt haben, ohne zuvor die finnische Aufsicht zu kontaktieren, werden in der Partei von Premierministerin Sanna Marin Forderungen nach einer parlamentarischen Anhörung laut. „Wir sollten die Befugnisse der Aufsicht untersuchen, um zu prüfen, ob diese gesetzlich gestärkt werden sollten“, fordert das sozialdemokratische Parlamentsmitglied Pia Viitanen.

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