Corona-Impfstoffe

Brüssel und Berlin bremsen Vorstoß zu Patentfreigabe

Das überraschende Ansinnen der US-Regierung schickt die Titel von Impfstoffentwicklern auf Talfahrt.

Brüssel und Berlin bremsen Vorstoß zu Patentfreigabe

rec Frankfurt

Der unerwartete Vorstoß der US-Regierung zur Freigabe von Patenten befeuert die Debatte über den Umgang mit Impfstoffen und verunsichert Anleger. Vertreter der EU-Kommission und der Bundesregierung reagierten zurückhaltend auf die Ankündigung der Regierung in Washington, sich für eine befristete Aussetzung des Patentschutzes für Vakzine gegen das Coronavirus einzusetzen. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen zeigte sich zwar grundsätzlich offen für den Vorschlag, verwies aber auf andere ungelöste Hindernisse für eine breit angelegte Verteilung von Impfstoffen in aller Welt. „Die Impfstoff-Rechte sind nicht das drängendste Problem, sondern die Produktion“, sagte von der Leyen der Nachrichtenagentur Reuters.

Seit Monaten dringen Schwellen- und Entwicklungsländer darauf, den Patentschutz für Corona-Impfstoffe für die Dauer der Pandemie aufzuheben. Nun hat die amerikanische Regierung ihren Widerstand aufgegeben: Am Mittwoch sprach sich US-Prä­sident Joe Biden überraschend für ein entsprechendes Ansinnen aus, das Indien und Südafrika bei der Welthandelsorganisation (WTO) initiiert haben. Daraufhin brachen die Aktien führender Impfstoffhersteller ein. Pharmaverbände in Europa und den USA wiesen das Vorhaben umgehend zurück. Vertreter der deutschen Impfstoffproduzenten Biontech und Curevac, deren Titel zeitweise zweistellig einbüßten, äußerten sich ebenfalls ablehnend.

Kritik kam auch aus Reihen der Bundesregierung. Während Grüne und Linke im Einklang mit Menschenrechtsorganisationen auf eine rasche Umsetzung drangen, meldeten mehrere Minister der großen Koalition neben grundsätzlicher Unterstützung für eine fairere Verteilung von Impfstoffen in aller Welt Bedenken gegen das Vorhaben an. Eine Sprecherin der Bundesregierung betonte laut Reuters die Bedeutung des Schutzes geistigen Eigentums als „Quelle von Innovation“.

Bei der WTO in Genf hieß es, noch in diesem Monat könnten Verhandlungen über einen abgeschwächten Entwurf für eine Regelung zur befristeten Freigabe von Patenten beginnen. Eine Einigung erfordert Konsens aller 164 Mitgliedstaaten.

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Bericht Seite 6

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