Atomausstieg

Bund legt Streit über Entschädigungen für Atomausstieg bei

Die Bundesregierung hat sich nach jahrelangem Streit mit den Energiekonzernen RWE, Eon, EnBW und Vattenfall auf einen finanziellen Ausgleich für den beschleunigten Atomausstieg nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima vor zehn Jahren geeinigt.

Bund legt Streit über Entschädigungen für Atomausstieg bei

sp Berlin

Die Bundesregierung hat sich nach jahrelangem Streit mit den Energiekonzernen RWE, Eon, EnBW und Vattenfall auf einen finanziellen Ausgleich für den beschleunigten Atomausstieg nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima vor zehn Jahren geeinigt. Die vier Unternehmen erhalten insgesamt knapp 2,4 Mrd. Euro Entschädigung. Mit der Einigung werden alle bestehenden Rechtsstreitigkeiten beigelegt, wie die Bundesregierung mitteilte. Das umfasst auch die Klage von Vattenfall vor dem internationalen Schiedsgericht der Weltbank in Washington, mit der der schwedische Konzern bis zu 6 Mrd. Euro Entschädigung erstreiten wollte.

Die Bundesregierung setzt mit der Einigung ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2016 um, das den Unternehmen Ausgleichszahlungen für verfallene Reststrommengen und Investitionen zusprach. „Damit ist das Kapitel des Atomausstiegs endgültig beendet“, sagte ein Sprecher des Umweltministeriums am Freitag. Nach dem Reaktorunglück in Fukushima am 11. März 2011 war die damalige Bundesregierung auch unter dem Eindruck öffentlicher Proteste zu einem beschleunigten Ausstieg aus der Atomkraft zurückgekehrt, nachdem sie erst wenige Monate zuvor längere Laufzeiten für die Atommeiler genehmigt hatte. Ältere Meiler wurden vorzeitig abgeschaltet, die Laufzeiten insgesamt begrenzt. Das letzte deutsche Atomkraftwerk soll im nächsten Jahr vom Netz gehen. Das Verfassungsgericht hatte dies 2016 als rechtmäßig beurteilt, sofern die Konzerne entschädigt werden.

Was folgte, war ein jahrelanger Streit über die Höhe der Entschädigung. Erst im vergangenen Jahr hatte das Verfassungsgericht einen Versuch der Entschädigung erneut als unzureichend gerügt. Nach der jetzt gefundenen Einigung erhält RWE 880 Mill. Euro, EnBW rund 80 Mill. Euro und Eon 42,5 Mill. Euro. Auf Vattenfall entfällt mit 1,425 Mrd. Euro der größte Anteil der Entschädigung. Eon kann außerdem über die rechnerisch ihrem Miteigentumsanteil entsprechenden Strommengen der Atomkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel frei verfügen und in ihren konzerneigenen Kraftwerken verstromen, weshalb Eon im Zuge der Einigung insgesamt mit Zuflüssen in Höhe eines mittleren dreistelligen Millionenbetrages rechnet. Vattenfall erwartet nach eigenen Angaben einen zusätzlichen Erlös von 181 Mill. Euro aus der Vermarktung von Atomstrommengen, sodass die Einigung auf 1,6 Mrd. Euro hinausläuft.

„Wir begrüßen die angestrebte Vereinbarung, die nunmehr vielen Jahren kostspieliger und zeitraubender Auseinandersetzungen um den deutschen Kernkraftausstieg ein Ende setzen wird“, sagte Vattenfall-Chefin Anna Borg. Auch die Dax-Konzerne Eon und RWE kommentierten die Regelung zum Abschluss des AKW-Zeitalters zufrieden.

Kritik an der Einigung kam unter anderem von den Grünen. „Wäre Merkel ohne das hü und hott mit Laufzeitverlängerung und anschließendem Wiederausstieg nach Fukushima beim rot-grünen Atomausstieg geblieben, wäre gar keine Entschädigung fällig“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Bundestagsfraktion, Oliver Krischer. Das Bundesumweltministerium hatte für die Entschädigung der Konzerne zunächst mit einer Gesamtsumme von weniger als 1 Mrd. Euro gerechnet.

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