Finanzregulierung

Bye-bye, Bonideckel!

Der britische Schatzkanzler Kwasi Kwarteng hat vor, den Bonideckel abzuschaffen, der Sonderzahlungen an Banker auf das doppelte Jahresgehalt beschränkt. Der erhoffte Applaus blieb weitgehend aus.

Bye-bye, Bonideckel!

Von Andreas Hippin, London

Der britische Schatzkanzler Kwasi Kwarteng hat einen toxischen Einstieg gewählt, um den Abschied von der EU-Finanzregulierung einzuläuten. Er kündigte an, den Bonideckel abzuschaffen. Als verspätete Reaktion auf die Finanzkrise von 2008/09 hatte Brüssel 2014 Sonderzahlungen für Banker auf das doppelte Jahresgehalt beschränkt. „Wir brauchen globale Banken, die hier in London Arbeitsplätze schaffen, hier investieren und hier Steuern zahlen – nicht in Paris, Frankfurt oder New York“, sagte Kwarteng im Unterhaus. Der Bonideckel habe lediglich die Festgehälter der Banker nach oben getrieben oder Aktivität aus Europa wegverlagert. „Er hat nie die Gesamtvergütung gedeckelt“, sagte Kwarteng. „Lassen Sie uns also nicht hier sitzen und so tun, als sei das anders.“

Umso mehr stellt sich die Frage, warum der Schatzkanzler nun ausgerechnet diese Regel, die ihm zufolge ihren Zweck verfehlte, zuerst abschaffen will. Schon seit Tagen wurde über entsprechende Absichten diskutiert. „Wir haben uns nicht dafür starkgemacht“, sagte ein führender Manager einer Großbank in vertraulicher Runde. Die Initiative sei aus heiterem Himmel gekommen, vielleicht auf Empfehlung irgendwelcher Politberater. Auch andere City-Granden zeigten sich hinter vorgehaltener Hand überrascht. Die Branche hat sich längst angepasst – etwa in Form höherer Festgehälter. Tatsächlich wären die Auswirkungen einer Abschaffung des Bonideckels auf die vorhandene Kostenbasis einer Bank gering. Auf lange Sicht böte sie die Möglichkeit, sie etwas variabler zu gestalten. Als Auftakt für den viel diskutierten Big Bang 2.0, der die City of London voranbringen soll, taugt die Idee nicht viel. Aber vermutlich geht es Kwarteng einfach nur darum, eine vermeintliche Brexit-Dividende präsentieren zu können. Zudem will er wohl zeigen, dass man im Umgang mit der EU eine andere Herangehensweise pflegt.

Kwartengs Initiative sorgt auf einer ganz anderen Ebene für einen großen Knall: Die Regierung predigt dem öffentlichen Dienst Lohnzurückhaltung. Die Lebenshaltungskosten steigen deutlich stärker als die Einkommen. Da könnte schnell der Eindruck entstehen, dass der Schatzkanzler lieber Bankern einen höheren Verdienst ermöglicht als Krankenschwestern, die schon von den geplanten Steuersenkungen weniger profitieren als Großverdiener.