Geldpolitik

Chinas Notenbank senkt die Zinsen

Der Wirtschaftsmotor stottert, Inflation ist kein großes Thema: Das lässt der chinesischen Notenbank Raum, um die Zinsen zur Ankurbelung der Wirtschaft zu senken. Doch die hohe Verschuldung vieler Unternehmen wird zunehmend zum Problem.

Chinas Notenbank senkt die Zinsen

Die chinesische Notenbank reagiert auf die Immobilienkrise im Land und senkt die für Immobilienkredite wichtige Fünfjahresrate um 0,15 Prozentpunkte auf 4,3% und damit deutlicher als von Volkswirten im Schnitt erwartet wurde. Die People‘s Bank of China (PBoC) teilte in einer Mitteilung vom Montag zudem mit, dass der wichtige Zinssatz (Loan Prime Rate) für einjährige Kredite um 0,05 Prozentpunkte auf 3,65% falle.

Um die Wirtschaft zu stützen, hatte Chinas Zentralbank bereits vor einer Woche überraschend den Zinssatz für einjährige Refinanzierungsgeschäfte mit den Banken heruntergenommen. Die jüngsten Konjunkturdaten zum chinesischen Einzelhandel und den Investitionen hatten die politische Führung des Landes enttäuscht. Daher gab Chinas Ministerpräsident Li Keqiang am Mittwoch bei einem Treffen mit sechs hochrangigen Beamten aus wirtschaftlich wichtigen Provinzen die Devise aus, dass die Politik die Konjunktur stärker stützen müsse. Der Umgang mit der Pandemie müsse „wirksam“ mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung koordiniert werden, „um eine effektive Covid-19-Eindämmung, wirtschaftliche Stabilität und sichere Entwicklung zu gewährleisten.“ Der Premier wies damit indirekt auf die Lockdowns und andere Beschränkungen durch die strikte Null-Covid-Strategie Chinas hin, die das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt stark abbremsen.

Er rief die sechs stärksten Provinzen, die zusammen 45 % der Wirtschaftsleistung stellen, dazu auf, das Wachstum „proaktiv“ voranzutreiben. „Sie sollten wirksam ein politisches Paket zur Stabilisierung der Wirtschaft umsetzen und ihr eigenes Potenzial entfalten.“ Auch sollen sie eine führende Rolle bei der Schaffung und Bewahrung von Arbeitsplätzen übernehmen. „Schleppende Nachfrage ist ein ausgeprägtes Hindernis für wirtschaftliche Aktivität.“

Immobiliensektor in der Krise

In diese Gemengelage passt auch die Zinssenkung der Notenbank, welche die Konjunktur und insbesondere den Immobiliensektor stützen soll. Eine Reihe von chinesischen Immobilienentwicklern hat mit Liquiditätsengpässen zu kämpfen. Das im Westen bekannteste Beispiel ist das Unternehmen Evergrande, das bereits vor einem Jahr mehrfach Zahlungsfristen seiner Gläubiger verstreichen lassen musste. Zudem können die angeschlagenen Immobilienentwickler oftmals die Bauprojekte nicht pünktlich abschließen. Dies hat dazu geführt, dass eine Revolte bei Wohnungskäufern ausbrach. Sie weigerten sich, die Hypothekenzahlungen für bereits vorverkaufte, aber seitens der Bauträger nicht wie versprochen fertiggestellte Immobilienprojekte zu bezahlen. Die Lieferanten und Baukontraktpartner der Immobilienentwickler zahlen wegen nicht beglichener Forderungen ebenfalls teilweise ihre Bankkredite nicht mehr zurück.

Mit der Zinssenkung agiert die PBoC gegen den globalen Trend. Die meisten Zentralbanken – inklusive den wichtigen Instituten Fed, EZB und Bank of England – sind derzeit dabei, die Geldpolitik zu straffen. Neben China machte zuletzt die Zentralbank in der Türkei mit einer Zinssenkung von sich reden. Während in der Türkei die Inflation jedoch von Rekord zu Rekord eilt, ist die Teuerungsrate in China weiter relativ niedrig.

Angesichts der gegensätzlichen Entwicklung dürfte der Spielraum für die chinesische Geldpolitik Experten zufolge denn auch ein Stück weit begrenzt sein. So weckten die Zinserhöhungen insbesondere in den USA und in der Eurozone die Sorge, dass Kapital aus China abfließen und damit die chinesische Währung Yuan geschwächt werden könnte. Begrenzt werden die Möglichkeiten der chinesischen Notenbank auch durch die erhebliche Verschuldung vieler öffentlicher Unternehmen und der Provinzregierungen.

Börsen in China erleichtert

In der China sorgte die Zinssenkung an den Aktienmärkten für leichten Rückenwind. Die Börse in Schanghai und der Index der wichtigsten Unternehmen in Schanghai und Shenzhen legten rund ein halbes Prozent zu.

Außerhalb Chinas wurde der Schritt verhaltener aufgenommen. Anleger sahen dadurch die Probleme des chinesischen Immobilienmarkts ins Rampenlicht gerückt. Die Besorgnis über die chinesische Wirtschaft ließ den Yuan auf ein 23-Monats-Tief fallen und setzte die Aktien in der Region unter Druck.