Allianz

Die Erfolgsserie reißt

Am Freitag strahlte in München die Sonne, doch auf der diesjährigen Online-Jahrespressekonferenz ist dies der Allianz-Spitze keine Referenz wert gewesen Die Pandemie hatte Vorstandsvorsitzendem Oliver Bäte und seinem Finanzchef Giulio Terzariol,...

Die Erfolgsserie reißt

mic München

Am Freitag strahlte in München die Sonne, doch auf der diesjährigen Online-Jahrespressekonferenz ist dies der Allianz-Spitze keine Referenz wert gewesen Die Pandemie hatte Vorstandsvorsitzendem Oliver Bäte und seinem Finanzchef Giulio Terzariol, anders als in den Vorjahren, die Lust verdorben auf launige Quervergleiche zwischen Kaiserwetter über der Allianz-Konzernzentrale und dem Zahlenwerk.

Kein Wunder, denn das Jahr 2020 markiert einen Einschnitt in der Historie der Ergebnisse. Zuvor hatte die Allianz den operativen Gewinn acht Mal in Folge gesteigert. Nun sank er um 9,3% auf 10,8 Mrd. Euro. Die Prognose, ein Ergebnis in der Spannbreite von 11,5 Mrd. bis 12,5 Mrd. Euro zu erzielen, hatte schon im April eingestampft werden müssen. Eine Wende auch beim Umsatz, der bereinigt um Währungs- und Konsolidierungseffekte zurückging. Die Erlöse schrumpften um 1,8% auf 140,5 Mrd. Euro. Letztmals war diese bereinigte Erfolgsgröße im Jahr 2016 kleiner als in der Vorperiode ausgefallen, damals nur um 0,8%.

Lebensversicherer glänzen

Bäte sprach von „robusten Ergebnissen“. Die Eigenkapitalverzinsung sei mit 11,4% stark zweistellig und hätte ohne Pandemie-Verluste nördlich von 13% gelegen. Die Solvenzquote sei mit 207% fast auf dem Niveau Ende 2019 angekommen, als sie bei 212% lag. „Wir sind stolz darauf“, fügte Terzariol hinzu. Der Vorstand unterstrich, bereinigt um Covid-19-Effekte habe das operative Ergebnis über dem Rekordwert 2019 gelegen. Dies zeige, wie diversifiziert und gesund die Profitabilität sei.

Folgerichtig war die Präsentation für die Analysten auch mit dem Schlagwort „Ausdauer“ überschrieben. Diese brauchen aktuell auch die Allianz-Aktionäre. Obwohl im vierten Quartal die Erwartungen der Analysten deutlich übertroffen wurden, ging die Aktie mit einem marginalen Anstieg von 0,3% auf 195,38 Euro aus dem Handel. Der Dax dagegen legte im Schnitt um 0,8% und damit sogar noch stärker zu.

Das Zahlenwerk zeigt aber auch: Die Allianz hat die Trendwende im vierten Quartal geschafft und lässt die Pandemie großteils hinter sich. „Wir sind zum Jahresende wieder auf gutem Kurs“, sagte Terzariol. Der Endspurt erhöhte das operative Ergebnis um 8,2% auf 3,0 Mrd. Euro bei einem minimal erhöhten Umsatz von 35,6 Mrd. Euro. Damit habe man ein Viertel des ursprünglichen mittleren Gewinn-Jahresziels von 12 Mrd. Euro erreicht, so der Vorstand.

Der entscheidende Hebel: Es gab im Schlussquartal im Saldo keine Belastungen infolge der Pandemie. Ein Sonderaufwand in der Sachversicherung in Höhe von 0,2 Mrd. Euro wurde durch Wertaufholungen in den Kapitalanlagen der Lebensversicherer egalisiert (siehe Grafik). In den neun Monaten zuvor hatte die Allianz 1,3 Mrd. Euro für die Pandemie zur Seite legen müssen, und zwar fast nur in der Sachversicherung. Für ihren Einsatz in der Pandemie erhalten die Mitarbeiter laut Bäte einen zusätzlichen Urlaubstag. Die Zahl der Beschäftigten sei von 147268 auf rund 150000 gestiegen. 

Die Pandemie sorgte 2020 für tektonische Profitabilitäts-Verschiebungen zwischen den Sparten. Fast hätten die Schaden- und Unfallversicherer ihren Status als Primus abgeben müssen. Die Lebensversicherer lieferten nur 12 Mill. Euro weniger operativen Gewinn ab als ihre Kollegen. Dies ist bei 4,4 Mrd. Euro eine Quantité négligeable. Zum Vergleich: Fünf Jahre zuvor hätten sie ihren Gewinn um die Hälfte erhöhen müssen, um auf Augenhöhe mit der Sachversicherung zu kommen.

Outperformance stürzt ab

Darüber hinaus putzten sich die Vermögensverwalter heraus. Als einziger Sparte gelang ihr ein Gewinnplus (siehe Tabelle). Mit einem Anstieg um 5,5% auf 2,9 Mrd. Euro landete sie sogar fast am oberen Ende der ursprünglichen Prognose 2020. Kommentar des Finanzvorstandes: „Das ist echt ein gutes Ergebnis.“

Terzariol verwies auf zwei Rekordwerte beim verwalteten Vermögen. Insgesamt steigerte die Allianz die Anlagen um 5% auf 2,4 Bill. Euro. Das für Dritte verwaltete Vermögen stieg um 1% auf 1,7 Bill. Euro. „Das ist nicht nur eine statistische Kennzahl, das ist auch vielversprechend für 2021“, betonte Terzariol. Er lobte die Fondsgesellschaft AGI. Sie lieferte 7 Mrd. Euro zu den Nettomittelzuflüssen von 33 Mrd. Euro. Bäte strich ebenfalls ihre Leistung heraus.

Ein Warnzeichen allerdings ist im Segment Asset Management der beispiellose Absturz der Outperformance der Anlagen: Sie betrug auf Basis eines rollierenden Drei-Jahres-Durchschnitts nur noch 79% nach 92% im Vorjahr. Kunden orientieren sich bei der Auswahl der Fondsanbieter häufig an dieser Größe, die den Erfolg des Fondsmanagements signalisiert.

Die Allianz-Lebensversicherer profitierten im vergangenen Jahr auch von Assetverkäufen. So stiegen die Investmenterträge von 4,0 Mrd. Euro auf 4,2 Mrd. Euro. Dass der operative Gewinn trotzdem um 7,4% auf 4,4 Mrd. Euro sank, begründete die Allianz mit der Veräußerung der Allianz Popular in Spanien sowie in den USA mit einer Nachreservierung und einem Vorjahreseffekt. Terzariol strich heraus, dass die Neugeschäftsmarge nur von 3,2% auf 2,8% gesunken sei. Wegen niedrigerer Kapitalmarktzinsen hätte die Marge eigentlich um 1,0 Prozentpunkte sinken müssen, sagte er. Durch eine Veränderung des Mix – also das Herunterfahren von Garantien – habe die Allianz 0,6 Prozentpunkte aufgeholt.

In der Schaden- und Unfallversicherung der Allianz trieb der Gewinnrückgang um 13,4% auf 4,4 Mrd. Euro die Combined Ratio von 95,5% auf 96,3%. Zum einen fielen die Schäden aus Naturkatastrophen um 1,5 Prozentpunkte höher aus als im Vorjahr, zum anderen erhöhte laut Terzariol die Pandemie die Quote um 2 Prozentpunkte. Im Gegenzug sank die Kostenquote von 27,5% auf 26,8%. Die Zielsetzung aus dem Drei-Jahres-Plan 2019 bis 2021 gelte weiterhin, sagte der Vorstand: „Wir sind zuversichtlich, dass wir in 2021 unsere Combined-Ratio-Ambition von 93% erreichen werden.“ Dazu muss auch der bisher defizitäre Industrieversicherer AGCS beitragen (siehe Bericht auf dieser Seite).

Viel Lob für Deutschland

Der Umsatzrückgang wurde ausschließlich von den Lebensversicherern getrieben. Ihre Produktion, definiert als Barwert der Neugeschäftsbeiträge, sank um 8,3% auf 67 Mrd. Euro. Bäte wollte dies jedoch nicht überbewertet wissen, denn beratungsintensive Produkte seien pandemiebedingt schlecht zu verkaufen. Terzariol verwies zudem darauf, dass der Vorjahreswert ein Höchststand gewesen sei und die Allianz mit dem Beitragswert 2020 immer noch über dem damaligen Rekord 2018 in Höhe von 58,5 Mrd. Euro gelandet sei.

Bemerkenswert viel Lob von der Allianz-Spitze erhielt das Management in Deutschland. Bäte strich die stark verbesserte Stimmung unter den Beschäftigten heraus, aber auch den profitablen Ausbau des Marktanteils im Bereich Privatschutz: „Das ist eine tolle Leistung unserer deutschen Kollegen.“ In der Sachversicherung sank der operative Gewinn nur leicht von 1,26 Mrd. Euro auf 1,20 Mrd. Euro bei einer Combined Ratio von 93 (i.V. 92,4)%. Der deutsche Lebensversicherer erhöhte den Gewinn von 1,15 auf 1,20 Mrd. Euro.

Für Begeisterung der Analysten sorgte, dass die Allianz ihren Cash-flow erstmals wieder detailliert darlegte. Demnach erhielt die SE im vergangenen Jahr 7,3 Mrd. Euro von ihren Gesellschaften: Sach lieferte 3,1 Mrd. Euro, Leben 2,3 Mrd. und Asset Management 1,9 Mrd. Euro.

Allianz
Kennzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20202019
Umsatz (Mrd.)140,5142,4
Operatives Ergebnis10 75111855
 Schaden/Unfall4 3715 045
 Leben/Kranken4 3594708
 Assetmanagement2 8532704
 Corporate– 831– 602
Ergebnis vor Steuern 9 60411 077
Ertragsteuern2 4712 776
Periodenergebnis 16 8077 914
Ergebnis je Aktie (Euro)16,4818,90
DividendejeAktie (Euro)9,609,60
Eigenkapital80,874,0
Combined Ratio 296,395,5
Aufwand-Ertrag-Verhältnis 3 61,2 62,3
1) Auf Anteilseigner entfallend; 2) Schaden-Kosten-Quote in der Schaden-/Unfall-Sparte; 3) im Asset-managementBörsen-Zeitung