Geldwäsche

Die Musterknaben

Vergiss nicht: Verbrechen lohnt sich nicht, rappen Die Coolen Säue im Film „Die Musterknaben“, der vom Alltag zweier Kölner Polizisten handelt, denen es jedoch an Verve und Geschick mangelt, um Musterknaben zu sein. Wer der frohen Botschaft vieler...

Die Musterknaben

Vergiss nicht: Verbrechen lohnt sich nicht, rappen Die Coolen Säue im Film „Die Musterknaben“, der vom Alltag zweier Kölner Polizisten handelt, denen es jedoch an Verve und Geschick mangelt, um Musterknaben zu sein. Wer der frohen Botschaft vieler Banken landauf, landab, im nahen und fernen Ausland lauscht, die von stets hohen und noch höheren Investitionen in Mensch und Technik zur Abwehr finanzieller Machenschaften künden, mag den Eindruck gewinnen, dass Verbrechen wie Geldwäsche und Terrorfinanzierung bis zur nächsten Quartalssaison der Garaus gemacht worden sein müsste.

Hinzu gesellen sich die üblichen Bekundungen des Bedauerns, sich in der Vergangenheit zur Reinwaschung dreckiger Gelder aus Steuerhinterziehung, Menschenhandel, Korruption und Waffenschieberei unverschuldet missbrauchen lassen zu haben. In den Absichtserklärungen, fortan alles besser zu machen, höchsten ethischen Standards zu entsprechen und bei Investitionen noch eine Schippe draufzulegen, schimmert eine neue Zeit durch. Sind wir also Zeugen einer Wandlung zu einer Branche voller Musterknaben? Schön wär’s. Regulierern und Aufsehern wiederum, da haben Bankenvertreter recht, ist anzulasten, dass sie Geldwäsche zu technokratisch angehen, sich Prävention oft im Abhaken von To-do-Listen erschöpft. Auslegungshilfen stiften nicht selten mehr Verwirrung, als sie sachdienliche Hinweise leisten, lautet ein Vorwurf. Dokumentationspflichten und Datenbeschaffung – im Zuge der Kundenidentifizierung etwa – werden überbetont, lautet ein anderer. Weil hier Irrtümer rasch zu Bußgeldern führen können, unken Kritiker, dass eher Bankmitarbeiter wegen Formfehlern abgestraft als Schwerkriminelle verfolgt werden.

Dennoch sind Zeichen der Besserung erkennbar. Der Branche sind echte Fortschritte zugutezuhalten, auch wenn die eher der Sorge vor der (US-)Aufsicht mit entsprechend spürbaren finanziellen Konsequenzen bei Schindluder zu verdanken sein mögen als wahrhaftiger Läuterung. Banken investieren tatsächlich viel und sind in der Prävention um Klassen besser geworden, was ihnen auch Kontrolleure bescheinigen. Denen wiederum schwant, dass etwas dran ist an der Kritik der Beaufsichtigten. Dass sich Geldwäscheprävention im Klein-Klein zu verlieren droht und altherkömmliche Aufsichtsarchitekturen und Methoden zu oft zu wenig von Erfolg gekrönt sind. Der internationale Regelsetzer FATF etwa unterzieht sich gut drei Jahrzehnte nach seiner Gründung einer Selbstprüfung und erwägt einen stärker risikobasierten Ansatz.

Der Gegner, denen sich Standardsetzer, Banker, Ermittler und Aufseher gegenübersehen, scheint übermächtig. Jährlich etwa 120 Mrd. Euro werden allein in der EU gewaschen, von denen gerade einmal 1,2% beschlagnahmt werden. Hintermänner und Auftraggeber von Geldwäschern, die ihre mit krimineller Energie be­schaff­ten Gewinne in Sicherheit bringen, haben also we­nig zu befürchten. Die Gelder fließen weiter in Villen an der Côte d’Azur, Penthouse-Wohnungen in besten europäischen Citylagen, in Kunstwerke und Luxuskarossen oder wabern weiter durchs Finanzsystem. Jedes Jahr kommen laut UN rund 1 bis 2 Bill. Euro aus Steuerhinterziehung, Korruption und organisierter Kriminalität hinzu.

Um der Spur des Geldes folgen zu können, müssen Zuständigkeiten gestrafft, Aufseher an Schlagkraft und Expertise gewinnen. Vor allem aber muss  der Informationsaustausch verbessert werden – zwischen Banken, Banken und Aufsehern, Aufsehern und Strafverfolgern. Anders als die Möglichkeiten der global agierenden Täter enden die Befugnisse ihrer Verfolger meist an den Institutions-, spätestens an Staatsgrenzen. Hier zwecks Abhilfe die nötigen rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, wird nicht ohne Einschränkungen des Datenschutzes vonstattengehen können. In die richtige Richtung gehen daher die EU-Pläne für eine Harmonisierung der Anti-Geldwäsche-Regeln und für eine EU-Institution, die hoffentlich Aufsichtsarbitrage, Banken mit geringem Eifer und Müßiggang nationaler Aufpasser zu sanktionieren versteht sowie Verdachtsfälle an sich ziehen kann, wenn es geboten erscheint.

„Auf jeden Fall, Kriminelle, man schont euch nicht“, heißt es im Film. Das ist ebenso unwahrscheinlich wie eine Finanzbranche voller Musterknaben. Viel gewonnen wäre aber schon, wenn der verrutschte Fokus zurechtgerückt würde. Weg von der buchstabengetreuen Erfüllung von Formalien, hin zur Aufnahme der Spur derjenigen, die Fantastilliarden aus krummen Touren ins Finanzsystem schleusen.