Bilanzkontrolle

Edgar Ernst kündigt Rücktritt an

Edgar Ernst, der Präsident der Prüfstelle für Rechnungslegung, will sein Amt nach harscher Kritik an seinen Aufsichtsratsmandaten zum Jahresende niederlegen.

Edgar Ernst kündigt Rücktritt an

Von Sabine Wadewitz, Frankfurt

In der Aufarbeitung des Wirecard-Skandals ist die Bundesregierung darum bemüht, Interessenkonflikte in Aufsichtsgremien künftig zu vermeiden. So soll es nicht mehr toleriert werden, dass der Präsident der Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) parallel zu seiner Tätigkeit noch Aufsichtsratsmandate wahrnimmt. „Es muss eine klare Regelung zur Unvereinbarkeit der Tätigkeit als Mitglied der Prüfstelle mit Aufsichtsratsmandaten bei Unternehmen geben“, stellte eine Sprecherin des Bundesjustizministeriums klar. Im Zuge der grundlegenden Reform des Systems der Bilanzkontrolle sei es wichtig, dass schon der „Anschein eines Interessenkonflikts“ vermieden werde.

Nach der klaren Ansage aus Berlin hat der seit 2011 amtierende DPR-Präsident Prof. Dr. Edgar Ernst (69) gestern Abend erklärt, er werde sein Amt zum Jahresende „auf eigenen Wunsch“ niederlegen. Er hat neben seiner Tätigkeit für die DPR Aufsichtsratsmandate bei Vonovia, Tui und Metro und ist in allen drei Gremien Vorsitzender des Prüfungsausschusses. Aus den drei Mandaten strich er nach den Angaben in den Geschäftsberichten zuletzt im Jahr in Summe knapp 660000 Euro ein. Sein Salär für die hauptamtliche Tätigkeit in der DPR wird nicht offengelegt, Insider schätzen die Vergütung auf 300000 Euro. Bei seiner Befragung vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss am 11. Februar wollte Ernst nach Aussage von Teilnehmern sein Gehalt nicht nennen.

Der ehemalige Finanzvorstand  der Deutschen Post hatte jüngst noch im Pressegespräch geäußert, dass sein Vertrag bei der DPR bis 2023 läuft und er davon ausgeht, dass es für die Prüfstelle in der bisherigen Konstellation weitergeht.

Lange in der Kritik

Die Bilanzpolizei steht im Wirecard-Skandal als zentrale Enforcement-Stelle für Unternehmensabschlüsse mit in der Kritik. Als Reaktion auf die Vorwürfe, die Rechnungslegung des Zahlungsdienstleisters nicht sorgfältig genug geprüft zu haben, hatte das Bundesjustizministerium im Sommer 2020 den Vertrag mit der DPR per Ende 2021 gekündigt. Nun soll die Bilanzpolizei mit allerdings reduziertem Arbeitsprogramm doch weitermachen und sich ausschließlich auf Routineprüfungen fokussieren, während bei Verdacht oder Hinweis auf Bilanzierungsfehler die BaFin zuständig ist.

Es hatte schon in früheren Jahren Kritik an der Ämterhäufung von Ernst gegeben, woraufhin die Verfahrensordnung des Nominierungsausschusses der DPR im Mai 2016 verschärft wurde und es dem Vernehmen nach seitdem nicht mehr erlaubt ist, dass Präsidiumsmitglieder Aufsichtsratsmandate übernehmen. Als 2011 der Arbeitsvertrag mit Ernst geschlossen wurde, soll indes noch gegolten haben, dass er Aufsichtsratsposten lediglich anzeigen muss und dies der Vorsitzende des Nominierungsausschusses und dessen Vize absegnen müssen. In den Funktionen sind derzeit Axel Berger, bis Mitte 2013 selbst Vizepräsident der DPR, sowie Gerhard Ziegler, Präsident der Wirtschaftsprüferkammer. Der Nominierungsausschuss sicherte mit Bekanntgabe des Rückzugs von Ernst zu, durch eine Anpassung seiner Verfahrensordnung sicherzustellen, dass von 2022 an durch das Präsidium und die Mitglieder der Prüfstelle keine Aufsichtsratsmandate wahrgenommen werden.

Die Frage der Mandatsübernahme war jüngst wieder akut geworden, als Ernst neu in den Metro-Aufsichtsrat gewählt wurde. Um das Vorgehen rechtlich abzusichern, hatte die DPR bei der Berliner Arbeitsrechtskanzlei Arvantage eine Prüfung des Sachverhalts in Auftrag gegeben. In dem gutachterlichen Vermerk wird Ernst bescheinigt, mit der Annahme des Metro-Mandats nicht gegen DPR-Regeln verstoßen zu haben. Er habe das befolgt, was in seinem Arbeitsvertrag festgeschrieben sei. In der Politik hatte sich breiter Widerstand gegen Ernst formiert. „Ich glaube, dass er sich entscheiden muss, ob er Bilanzpolizei, Bilanzaufseher, Bilanzkon­trolleur sein will oder bei den Kontrollierten in den Aufsichtsräten sitzen will. Das ist eine von Natur aus unvereinbare Gemengelage, in der Herr Ernst da agiert. Das wird man so nicht lassen können“, sagte Flo­rian Toncar, Finanzpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion und Mitglied im Wirecard-Untersuchungsausschuss.