Finanzagentur

Ein ungeeignetes Werkzeug

Die Deutsche Finanzagentur wird im Bund-Schuldenmanagement keine ultralangen Laufzeiten einsetzen. Im Markt gibt es auch Bedenken bezüglich 50- oder 100-jähriger Bonds, so im Hinblick auf die Haushaltsdisziplin.

Ein ungeeignetes Werkzeug

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Ultralange Laufzeiten von Bundesanleihen werden im Schuldenmanagement des Bundes auf absehbare Zeit keine Rolle spielen. Tammo Diemer, Co-Geschäftsführer der Deutschen Finanzagentur, die das Emissionsgeschäft und den Kapitalmarktauftritt für den Bund verantwortet, hat solchen Fristigkeiten von 50, 60 oder gar 100 Jahren eine klare Absage erteilt (vgl. BZ vom 26. Februar). Viele Staaten und auch andere Emittenten sind gerade in den ersten Wochen dieses Jahres mit langen und ultralangen Laufzeiten am Bondmarkt aufgetreten und hatten sich über eine rege Nachfrage der Investoren freuen können, die in dem gegenwärtigen Zinsumfeld gern die Renditeaufschläge einbuchten. Frankreich etwa hatte erstmals seit 2016 wieder das 50-jährige Segment bedient, Spanien war in dieser Fälligkeit gefolgt, das Land Nordrhein-Westfalen war gar mit einem Jahrhundertbond vorstellig geworden, wie ihn im vorigen Jahr auch Österreich begeben hatte.

Der Bund ist beim Thema Ultralangläufer seit Bestehen der Deutschen Finanzagentur ab Anfang dieses Jahrtausends stets sehr zurückhaltend gewesen. Als geeignete Refinanzierungslaufzeit wurden diese Fristigkeiten bislang nicht angesehen. Im Umfeld der für das Bund-Schuldenmanagement Verantwortlichen wird konstatiert, dass aus Sicht des Bundes grundsätzlich die regelmäßige Emission ultralanger Anleihen einen interessanten Beitrag zur Verbesserung der langfristigen Kosten-Risiko-Eigenschaften des Portfolios leisten könnte. Eine Zinsfestschreibung über mehrere Generationen hinweg als Verbindlichkeit in der Zukunft in einem Umfeld extrem niedriger Zinsen sei dann sinnvoll, wenn Zinsanstiegsrisiken gesehen würden. In der Vergangenheit zeigte sich aber, dass der Markt der Bundesanleihen von einem recht konstanten Zins-/Renditerückgang geprägt war, und zwar seit Jahrzehnten. Phasen von Renditeanstiegen erstreckten sich nur über Wochen oder wenige Monate, von einer Zinswende war der Markt gar meilenweit entfernt.

Keine Verknüpfung

Unter Experten gibt es denn auch Bedenken bezüglich einer Einführung von Bund-Ultralangläufern. Denn es gibt keine Verknüpfung zwischen Ausgaben des Bundeshaushalts und Emissionen von Bundeswertpapieren, d.h., Fristigkeitsaspekte spielen bei der Finanzierung von Ausgaben des Zentralstaates Bund keine Rolle. Anders gesprochen: Es gibt keine Verbindung zwischen Laufzeit und Haushaltsdisziplin, was sich als Problem erweisen könnte.

Marktexperten weisen auch auf einen weiteren Aspekt aus Sicht des Bundes als Emittent hin. Dieser wäre, ob der Bund seine Stärke als Emittent hochliquider Anleihen im ultralangen Segment optimal nutzen könnte. Momentan profitiert der Bund in den heute etablierten Laufzeiten bis 30 Jahre von Liquiditätsprämien.

Krisenaspekt im Blick

Marktteilnehmer haben auch den Krisenaspekt im Blick. Ultralange Anleihen wären in der aktuellen Pandemie – wie auch in anderen staatlichen Krisen, also Verlust der Kreditwürdigkeit, eine Wirtschaftskrise und erhöhter Finanzierungsbedarf – nicht das Mittel der Wahl, wird im Handel festgehalten. Hier nutzen staatliche Emittenten vor allem das kurze Laufzeitsegment, um den Finanzierungsbedarf weiter decken zu können. Nach einer Krise gestalten staatliche Emittenten ihren Neustart des Kapitalmarktauftritts ebenfalls beginnend am kurzen Ende der Kurve, später hin zu längeren Laufzeiten, heißt es weiter. Lediglich bereits etablierte und damit genutzte Verbindlichkeiten würden Krisen zu überbrücken helfen.