Reflation

EZB-Debatte nimmt Fahrt auf

Wenige Tage vor der nächsten Zinssitzung diskutieren Euro-Notenbanker zunehmend intensiv über die Folgen des Anstiegs der Euro-Renditen und eine mögliche geldpolitische Reaktion. Dabei rückt nun auch verstärkt eine neuerliche Aufstockung des Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP in den Fokus.

EZB-Debatte nimmt Fahrt auf

ms Frankfurt

Die Rufe aus der Europäischen Zentralbank (EZB) nach einer geldpolitischen Reaktion auf den jüngsten starken Anstieg der Euro-Renditen werden immer lauter. Am Dienstag zeigten sich sowohl EZB-Vizepräsident Luis de Guindos als auch Direktoriumsmitglied Fabio Panetta besorgt über die möglichen Folgen des Renditeanstiegs für die Euro-Wirtschaft, und beide stellten sogar eine erneute Aufstockung des 1,85 Bill. Euro schweren Corona-Notfallanleihekaufprogramms PEPP zur Diskussion. Derweil verharrte die Euro-Inflation im Februar wie erwartet bei 0,9%. Sie dürfte aber in den nächsten Monaten weiter zulegen.

Mit den Aussagen von de Guindos und Panetta nimmt die Debatte über die Antwort der EZB auf den Anstieg der langfristigen Euro-Renditen noch einmal gehörig Fahrt auf – wenige Tage vor dem Treffen des EZB-Rats am Donnerstag nächster Woche. Die Gründe für den Renditeanstieg sind verbesserte Wachstumsaussichten und die anziehende Inflation. Dieser Anstieg steht aber dem Ziel der EZB entgegen, in der Coronakrise die Finanzierungskonditionen für die Euro-Wirtschaft günstig zu halten. Führende EZB-Vertreter hatten zuletzt wiederholt vor der Entwicklung ge­warnt. Trotz dieser verbalen Interventionen setzte sich der Trend aber im Grunde fort.

De Guindos sagte nun in einem Interview, dass man prüfen müsse, ob der Renditeanstieg im momentanen Wirtschaftsumfeld schädlich sei. „Wir müssen sehen, ob dieser Anstieg der nominalen Renditen negative Auswirkungen auf die Finanzierungsbedingungen hat“, sagte er der portugiesischen Zeitung „Público“. Die EZB sei offen, notfalls ihr PEPP-Programm zu rekalibrieren. Explizit fügte er hinzu: „einschließlich des Gesamtumfangs“ – „Wir haben Spielraum und wir haben Munition.“

Der EZB-Rat hatte PEPP erst Mitte Dezember zum zweiten Mal aufgestockt – von zuvor 1,35 Bill. Euro auf 1,85 Bill. Euro. Davon steht noch gut 1 Bill. Euro zur Verfügung. In den vergangenen Tagen hatte es bereits Forderungen aus der EZB gegeben, das Kauftempo innerhalb des aktuellen Rahmens zu erhöhen. Der EZB-Rat hat sich bei PEPP größtmögliche Flexibilität gewahrt – auch beim Tempo. Mit seinen Aussagen rückt de Guindos nun verstärkt eine neuerliche Aufstockung in den Fokus.

In die gleiche Richtung äußerte sich auch EZB-Direktoriumsmitglied Panetta. „Wir sollten nicht zögern, das Volumen der Käufe zu erhöhen und den ganzen PEPP-Rahmen auszugeben oder mehr, falls das nötig ist“, sagte er laut Redetext auf einem Webinar der italienischen Bocconi Universität. „Meine Hauptbotschaft heute kann mit dem Titel eines Songs des Elektromusik-Duos Daft Punk zusammengefasst werden: ‚Harder, better, faster, stronger‘“, so Panetta.

Bislang allerdings hat die EZB solchen­ Worten noch nicht unbedingt Taten folgen lassen. In der Handelswoche bis vergangenen Mittwoch verlangsamte sie das Tempo ihrer Anleihekäufe und auch der PEPP-Käufe­ gegenüber der Vorwoche sogar etwas. An diesem Bild, das sich bereits am Montag abgezeichnet hatte (vgl. BZ vom 2. März), änderten weitere Informationen vom Dienstag nichts. Nach Bloomberg-Berechnungen beliefen sich etwa die abgewickelten PEPP-Bruttokäufe auf 16,9 Mrd. Euro – so wenig wie seit vier Wochen nicht mehr.

Unterdessen wurde am Dienstag bekannt, dass die Inflation in Euroland im Februar bei 0,9% verharrte – so wie von Volkswirten erwartet. Die Kernrate ohne Energie und Lebensmittel ging dabei von 1,4% im Januar auf 1,1% zurück – auch das wie erwartet. Für die nächsten Monate wird aber ein weiterer Anstieg der Teuerung erwartet und auch das 2-Prozent-Ziel der EZB dürfte greifbar sein. Der weitere Ausblick ist dann aber weniger eindeutig. Die EZB geht nur von einem temporären Anstieg aus und erwartet wieder eine eher gedämpfte Teuerung. Einige Volkswirte sehen aber eine Trendumkehr (vgl. u.a. BZ vom 2. Februar).