Geldpolitik

EZB sieht steigende Inflation als temporäres Phänomen

Dass die Inflation im Euroraum zu Jahresbeginn 2021 anziehen würde, war zu erwarten gewesen. Wie deutlich das Plus ausfiel, überraschte aber dennoch viele Volkswirte – und sicher zumindest auch einige Euro-Notenbanker. Nachdem die Preise in...

EZB sieht steigende Inflation als temporäres Phänomen

ms Frankfurt

Dass die Inflation im Euroraum zu Jahresbeginn 2021 anziehen würde, war zu erwarten gewesen. Wie deutlich das Plus ausfiel, überraschte aber dennoch viele Volkswirte – und sicher zumindest auch einige Euro-Notenbanker. Nachdem die Preise in Euroland im Dezember im Vorjahresvergleich sogar noch um 0,3% gesunken waren – der fünfte Monat in Folge unter der Nulllinie –, legten sie im Januar um 0,9% zu. Und in den nächsten Monaten dürfte es weiter nach oben gehen. Im Herbst scheint selbst das aktuelle Inflationsziel der Europäischen Zentralbank (EZB) von knapp 2% erreichbar.

Dieser Trend hat vor allem mit Sonder- und Basiseffekten zu tun – so wie auch das jüngste Unterschreiten der Nulllinie vor allem solchen Effekten geschuldet war. In Deutschland ist zum Beispiel zu Jahresbeginn die im Kampf gegen die Coronakrise beschlossene temporäre Mehrwertsteuersenkung ausgelaufen. Hinzu kommt die CO2-Abgabe. Und der negative Basiseffekt bei den Energiepreisen infolge des Ölpreiseinbruchs in der Coronakrise Anfang 2020 fällt aus der Statistik heraus – er kehrt sich tendenziell sogar um. Hinzu kommt die Hoffnung, dass sich die Euro-Wirtschaft in diesem Jahr kräftig erholt, wenn die zweite und dritte Coronawelle überstanden ist.

Wie es danach weitergeht, ist aber weniger klar. Nach verbreiteter Ansicht werden auch im Euroraum mittelfristig insbesondere die unterausgelasteten Kapazitäten in der Industrie und am Arbeitsmarkt den Preisauftrieb bremsen. Zudem setzen die meisten Volkswirte nach wie vor darauf, dass weltweit der disinflationäre Trend der vergangenen Jahre und Jahrzehnte fortbesteht. Sicher ist das aber keineswegs (siehe Bericht oben).

Nach Jahren, in denen es beim Thema Inflation auch in Euroland fast immer um eine aus Sicht der EZB und vieler Ökonomen sowie Politiker zu niedrige Inflation ging – „missing inflation“, wie es in vielen EZB-Analysen hieß –, könnte sich der Wind nun drehen. Erstmals seit Jahren könnte sich in jedem Fall 2021 die EZB-Projektion für die Teuerung als zu niedrig angesetzt erweisen. Die EZB-Volkswirte sagen aktuell im Mittel eine Rate von 1,0% voraus.

Die EZB-Oberen weisen bislang aber alle Inflationssorgen stets eindringlich zurück. Der spürbare Anstieg der Teuerung in diesem Jahr sei eher ein temporäres Phänomen denn ein neuer dauerhafter Trend. Die Botschaft: An der ultralockeren Geldpolitik mit Null- und Negativzinsen und breiten Anleihekäufen wird erst einmal nicht gerüttelt. Derzeit gilt der Kampf noch allein den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie.