Luftfahrt

Finanzvorstand verordnet Lufthansa mehr Liquidität

Kaum im Amt steckt der neue Lufthansa-Finanzvorstand seine Ziele ab. Lufthansa müsse mehr Liquidität für künftige Krisen vorhalten, Remco Steenbergen spricht von 6 bis 8 Mrd. Euro.

Finanzvorstand verordnet Lufthansa mehr Liquidität

lis Frankfurt – „Wir sind durch das Schlimmste durch“, glaubt Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr. „Und wir haben vor, 2022 wieder profitabel zu sein.“ Für das laufende Jahr hat die Konzernführung indes etwas an Zuversicht verloren. War bisher davon die Rede gewesen, beim Angebot auf Jahressicht 40 bis 60% des Vorkrisenniveaus erreichen zu können, wurde diese Spanne bei Vorlage der Jahreszahlen 2020 am Donnerstag auf 40 bis 50% eingedampft. Für den Sommer wird ein „steiler Nachfrageanstieg“ erwartet, das wird aber die schwachen ersten Monate wohl nicht ausgleichen.

Cashpositiv wird man erst wieder sein, wenn das Angebot die Schwelle von 50% überschreitet, das dürfte 2021 nur in einzelnen Monaten der Fall sein. Die Nachfrage auf der innereuropäischen Kurzstrecke werde schneller zurückkommen als auf der Langstrecke, erwartet Spohr, und die Airlines der Gruppe seien in der Lage, das Angebot kurzfristig auf 70% des Vorkrisenniveaus auszuweiten.

Das Unternehmen sei liquiditätsseitig stabil, betonte der neue Finanzvorstand Remco Steenbergen, zudem sei man für das laufende Jahr durchfinanziert. Allerdings wird derzeit überlegt, die stille Einlage über 4,5 Mrd. Euro, die der deutsche Staat zugesichert hat, möglicherweise abzurufen. Diese würde dann als Eigenkapital gelten. Das Eigenkapital ist im vergangenen Geschäftsjahr von rund 10,3 auf knapp 1,4 Mrd. Euro abgesackt, die Eigenkapitalquote klappte auf nur noch 3,5 (24)% zusammen. „Wir werden irgendwann kapitalerhöhende Maßnahmen brauchen“, ergänzte Spohr, der überdies betonte, dass sich das Unternehmen lieber am Kapitalmarkt als beim deutschen Steuerzahler verschulde. Zur Diskussion könnte eine Kapitalerhöhung und/oder der Verkauf von Unternehmensteilen stehen. Demnächst soll der Finanzdienstleister Airplus ins Schaufenster gestellt werden, zudem ist die Veräußerung des internationalen Geschäfts des Caterers LSG geplant. Geprüft wird auch die Trennung von einem (Minderheits-)Anteil an Lufthansa Technik (siehe unten stehenden Artikel).

Zur Bewältigung künftiger Krisen verordnet CFO Steenbergen der Lufthansa ein dickeres Liquiditätspolster. „Es ist wichtig, dass wir die Eigenmittel für die Fixkosten für neun bis zwölf Monate haben“, betonte er. Steenbergen bezifferte die notwendige Liquidität auf 6 bis 8 Mrd. Euro. Ende des vergangenen Jahres lag die Liquidität bei 10,6 Mrd. Euro, nachdem die Staaten Deutschland, Schweiz, Österreich und Belgien dem Unternehmen finanziell zu Hilfe geeilt waren. Zu Beginn der Coronakrise im März 2020 war das Finanzpolster auf 4,3 Mrd. Euro plus 800 Mill. Euro ungenutzter Kredite beziffert worden. Branchenkenner hatten damals die eher geringe Kapitalausstattung der Fluggesellschaft kritisiert und sie mit dafür verantwortlich gemacht, dass dem Unternehmen der Kapitalmarkt zeitweise verschlossen war.

Das vergangene Geschäftsjahr war von den Verwerfungen durch die Coronavirus-Pandemie geprägt. Die Erlöse schnurrten um 63% auf knapp 13,6 Mrd. Euro zusammen, sowohl beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) als auch beim Konzernergebnis landete die Fluggesellschaft tief in der Verlustzone. Bis auf die Frachtsparte schrieben alle Geschäftsfelder rote Zahlen, den dicksten Brocken lieferten dabei die Airlines mit einem bereinigten Ebit von –5,4 Mrd. Euro ab, bei Erlösen von 7,2 Mrd. Euro. Neben den operativen Verlusten haben Abschreibungen und Wertberichtigungen maßgeblich zu dem Konzernverlust von 6,7 Mrd. Euro beigetragen. Dabei mussten rund 1,5 Mrd. Euro Wertberichtigungen auf ausgeflottete Flugzeuge vorgenommen werden, außerdem belasteten nicht genutzte Treibstoffkostensicherungsmaßnahmen die Ergebnisrechnung. Letztere hatten laut Steenbergen einen negativen Effekt von 779 Mill. Euro, davon waren 639 Mill. Euro cashwirksam. Die Sicherungsquote wird nun nach unten angepasst, es sollen nur noch 65% des Bedarfs abgesichert werden, statt bisher bis zu 85%. „Und wir haben die Absicherungsstruktur verändert, um besser auf Schwankungen reagieren zu können“, sagt der neue CFO.

Beim freien Cash-flow ist die Lufthansa 2020 bei –3,7 Mrd. Euro gelandet. Dabei haben vor allem Rückzahlungen für nicht absolvierte Flüge von fast 3,9 Mrd. Euro belastet. Da dieser Posten sich im laufenden Jahr so nicht wiederhole, erwartet der CFO den freien Cash-flow 2021 auf dem Niveau des dann erzielten bereinigten Ebit. Eine Prognose wagt Lufthansa indes noch nicht, es gebe noch zu viele Unsicherheiten. Steenbergen rechnet aber damit, dass der Verlust beim Ebit geringer ausfällt als 2020.

Lufthansa
Konzernzahlen nach IFRS
in Mill. Euro20202019
Umsatz1358936424
bereinigtes Ebit−54512026
Konzernergebnis−67251213
operat. Cash-flow−23284030
freier Cash-flow−3669203
Investitionen12733559
Nettokreditverschuldung        9922        6662
Eigenkapitalquote (%)3,524,0
Dividende
Marktkapitalisierung (4.3.2021)                   7500
Börsen-Zeitung