EU-Klimaschutzpaket

„Fit for 55“ weckt Furcht vor grüner Inflation

Das Klimaschutz-Maßnahmenpaket, mit dem die EU-Kommission ihr Klimaziel für 2030 erreichen will, weckt Furcht vor einer zusätzlichen „grünen Inflation“ durch den Anstieg des CO2-Preises.

„Fit for 55“ weckt Furcht vor grüner Inflation

cru Frankfurt

Das umfassende Klimaschutz-Maßnahmenpaket, das die EU-Kommission an diesem Mittwoch präsentieren will, um ihr hochgeschraubtes Klimaziel für 2030 zu erreichen, weckt Sorgen über eine zusätzliche „grüne Inflation“ durch den Anstieg des CO2-Preises. Das geht aus einer aktuellen Analyse der Investmentbank Morgan Stanley hervor. Die als Effekt der Maßnahmen unter anderem erwartete Verdoppelung des Preises für CO2-Emissionsrechte auf 100 Euro je Tonne würde demnach „eine kumulative Auswirkung auf die Stromkosten der Haushalte von 12% haben, was zu einem Anstieg der Gesamtinflation im Euroraum um 35 Basispunkte beitragen könnte – unter der Annahme, dass die Gewichtung (3%) von Strom im Warenkorb unverändert bleibt“, warnt Analyst Jacob Nell. Allerdings sei dies eine kurzfristige Wirkung, die irgendwann später durch die zu erwartende vermehrte Stromproduktion aus Sonne und Wind gedämpft werde.

Der CO2-Preis überträgt sich so stark auf die in einigen europäischen Ländern 2021 ohnehin schon stark gestiegenen Strompreise, weil fossile Kraftwerke Emissionsrechte erwerben müssen und weil der Preis für den Strom aus eben diesen Kraftwerken sich auf den gesamten Markt überträgt („Grenzkraftwerke“).

Auf dem Weg zur Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 hat sich die Europäische Union das Zwischenziel gesetzt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55% zu senken. Das Maßnahmenpaket wird deswegen „Fit for 55“ genannt. Das EU-Klimaschutzpaket treibt den CO2-Preis unter anderem deshalb, weil das Tempo der Verringerung der gesamten Menge der an die Industrie zugeteilten Emissionsrechte von jährlich 2% auf 4% verdoppelt werden soll. Außerdem soll der Anteil der kostenlos zugeteilten Menge an Emissionsrechten stark reduziert werden sowie neuerdings Verkehr und Wohnen einbezogen werden. Gleichzeitig ist auch ein CO2-Zoll auf Importe von Stahl, Zement und Strom geplant sowie eine Kerosinsteuer, wie aus früheren Entwürfen für das Paket hervorgeht.

Interessenvertreter der betroffenen Branchen sind längst alarmiert: Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, warnte, die deutsche Industrie erwarte vom EU-Klimaschutzpaket ein klares Bekenntnis zum Industrie- und Innovationsstandort Europa. „Der Klimaplan der EU muss sich an der Kosteneffizienz seiner Maßnahmen und dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft messen lassen.“ Im Zentrum müsse eine ausreichende Menge erneuerbarer Energien stehen.

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