Treasuries

Gesunde Entwicklung am US-Staatsanleihenmarkt

Am US-Staatsanleihenmarkt (Treasuries), aber auch an anderen Staatsanleihemärkten wie etwa der Eurozone wird seit einigen Wochen der sogenannte Reflation Trade aufgesetzt.

Gesunde Entwicklung am US-Staatsanleihenmarkt

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Am US-Staatsanleihenmarkt (Treasuries), aber auch an anderen Staatsanleihemärkten wie etwa der Eurozone wird seit einigen Wochen der sogenannte Reflation Trade aufgesetzt. Anleger rechnen damit, dass die Konjunkturprogramme der Staaten, die zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Folgen der Covid-19-Pandemie ins Leben gerufen werden, in Verbindung mit den Maßnahmen der Zentralbanken, wie umfangreichen Kaufprogrammen von Anleihen, zu einer wirtschaftlichen Erholung führen werden und damit auch inflationäre Tendenzen freisetzen. Dies sollte im Ergebnis zu einer restriktiveren Geldpolitik und damit höheren Leitzinsen führen. An den Anleihemärkten wird diese Entwicklung vorweggenommen und führt somit zu höheren Bond­renditen.

Steilere Kurve

In der jüngeren Vergangenheit hat sich damit auch der Kurvenversteilungstrend bei US-Staatsanleihen fortgesetzt. Die Treasuries haben ihre jüngste Handelsspanne durchbrochen und neue Zyklus-Höchstwerte bei Renditen erreicht. Die 2-%-Marke bei den 30-jährigen Treasuries­ bot kurzfristig Unterstützung, aber beim zweiten Versuch durchbrachen die Renditen sie mühelos, wird etwa bei Twenty Four Asset Management festgehalten, die zu Vontobel Asset Management gehört.

Das kurze Marktende bleibe gut verankert, da sich die Marktteilnehmer von der Forward Guidance der Fed ermutigen ließen, dass es vor dem Jahr 2023 keine Zinserhöhung geben werde. Gleichzeitig seien an den Märkten auch die US-Inflationserwartungen deutlich gestiegen. Die Fünf-Jahres-Break-even-Rate sei von 1,96% zum Jahresende mittlerweile auf rund 2,40% gestiegen. „Dieses neue Niveau ist von größerer Bedeutung, da die Inflationserwartungen seit dem Jahr 2011 nicht mehr so hoch waren und auch in den vergangenen 20 Jahren immer nur kurzfristig über 2,50% lagen“, sagt Mark Holman, CEO von Twenty Four Asset Management.

„Unserer Meinung nach kommen beide Entwicklungen nicht überraschend, wobei die Inflationserwartungen eindeutig mehr Gewicht haben. Wir wissen, dass wir nun ab März tatsächliche Inflation erleben werden, wenn die Basiseffekte des Index allmählich einsetzen“, führt Holman aus. Doch angesichts von rund neun Millionen verlorenen Arbeitsplätzen in den USA, die noch zu ersetzen seien, messe man den in den nächsten Monaten veröffentlichten Zahlen wenig Bedeutung bei. „Diese Daten ermahnen Anleger jedoch, die etwas längerfristigen Inflationserwartungen zu berücksichtigen“, sagt Holman und ergänzt: „Wir halten es für wahrscheinlich, dass wir eine Art von Inflation erleben könnten, welche die US-Notenbank Fed auf den Plan rufen würde. Ein Szenario, das bei Anleiheportfolios berücksichtigt werden sollte. Laut Holman seien in nächster Zeit insbesondere sechs Faktoren zu berücksichtigen.

Geldpolitik bleibt locker

Erstens: Im zweiten Halbjahr dieses Jahres dürfte es zu einem sehr starken Konjunkturwachstum kommen. „Die im Rahmen des Konjunkturpakets in Höhe von 1,9 Bill. Dollar bereitgestellten Mittel werden noch in dieser Periode ausgegeben“, so Holman. Drittens: Die extrem lockere Geldpolitik der Fed und die quantitativen Lockerungen würden weiterhin gelten. „Banken haben während der Pandemie Kredite vergeben, was am Rekordwachstum der Geldmenge M2 in den vergangenen zwölf Monaten abzulesen ist. Sie werden nicht davor zurückschrecken, ihre Bilanzen unter den günstigen Bedingungen der zweiten Jahreshälfte weiter auszuweiten“, führt der Experte weiter aus.

Die Verbraucher hätten gespart und seien nun bereit, ihre Ersparnisse auszugeben – wobei diese aufgeschobene Nachfrage derzeit nur eine Hypothese sei – ihr Beweis stehe verständlicherweise noch aus. Sechstens: Schließlich könnten höhere Inflationserwartungen auch als selbsterfüllende Prophezeiung wirken.

Damit stellt sich auch die Frage, ob dieses Szenario die Fed beunruhigen wird. „Beim derzeitigen Stand der Dinge ist das nicht zu erwarten. Denn die Fed dürfte die etwas höheren Inflationserwartungen begrüßen, da sie ihren Zielen entgegenkommen“, meint Holman. Angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen werde die Fed vorerst auf eine Revision ihrer Geldpolitik verzichten. Die entscheidende Frage sei, wie schnell wieder Arbeitsplätze geschaffen würden. „Veränderungen auf dem US-Arbeitsmarkt folgen dem Zyklus in der Regel mit einer Verzögerung und langsamer als andere Wirtschaftsdaten, wobei wir einräumen müssen, dass das Tempo, mit dem sich einige wirtschaftliche Variablen in diesem Zyklus entwickelt haben, beispiellos ist“, sagt Holman.

Nur allmählicher Anstieg

Was der Fed jedoch Sorgen bereiten könnte, sei das Tempo der Veränderungen an den Zinsmärkten. Der allmähliche Anstieg von Treasury-Renditen seit nicht von Nachteil. „Tatsächlich ist es aus Anlegersicht eine gesunde Entwicklung und hilft ihnen dabei, sich zukünftig ausgewogener zu positionieren. Wenn jedoch die Treasury-Renditen noch weiter steigen und diese Entwicklung anhält, dann kann dies zu einer Verschärfung der Finanzierungsbedingungen führen, und andere Anlageklassen könnten in den Ausverkauf von Anleihen hineingezogen werden“, so der Experte. Für die Fed wäre dies eine unerwünschte Entwicklung. Die bisherige Entwicklung an den Märkten sei einigermaßen geordnet abgelaufen.