Mögliche Insolvenz

Greensill-Debakel bedroht deutsche Anleger

Die mutmaßliche Schieflage der Investmentfirma Greensill Capital trifft erneut einen Fonds: Nachdem schon die Credit Suisse ein Produkt eingefroren hatte, teilte am Dienstag die Schweizer GAM mit, dass sie einen Fonds mit Greensill auflöst. Derweil ist unklar, was mit der deutschen Greensill Bank geschieht.

Greensill-Debakel bedroht deutsche Anleger

jsc/fir/bg Frankfurt

Die Unsicherheit um die Finanzfirma Greensill Capital erreicht die Schweizer Fondsbranche. Wie das Fondshaus GAM am Dienstag mitteilte, löst es ein Vehikel mit Greensill auf. Die Schließung des 842 Mill. Dollar schweren „GAM Greensill Supply Chain Fi­nance Fonds“ markiere das Ende der Partnerschaft mit dem Unternehmen. Der Fonds zähle weniger als zehn Investoren, das Vermögen sei vollständig versichert.

Am Montag hatte die Credit Suisse einen milliardenschweren Fonds, der ähnlich wie das GAM-Vehikel Forderungen von Lieferanten an Unternehmen vorfinanziert, eingefroren. GAM verweist auf die „jüngsten Marktentwicklungen und die daraus resultierende Medienberichterstattung im Zusammenhang mit Supply Chain Finance“.

Gespräche mit Apollo laufen

Zuvor hatten Medienberichte über eine mögliche Insolvenz von Greensill die Runde gemacht. Das Unternehmen ist selbst in der Lieferkettenfinanzierung aktiv. Zu den Berichten äußert sich Greensill aber nicht. Auf Nachfrage erklärte ein Sprecher stattdessen, dass die Gesellschaft noch in dieser Woche eine Vereinbarung mit einer führenden globalen Finanzfirma abschließen könnte: „Es wird erwartet, dass die Transaktion große Teile des Geschäfts von Greensill und des verwalteten Vermögens umfassen wird.“ Bei dem Käufer dürfte es sich um die Private-Equity-Gesellschaft Apollo handeln, wie in Finanzkreisen zu hören ist.

Greensill unterhält laut Medienberichten Geschäftsbeziehungen zu der britischen Energie- und Metallgesellschaft GFG Alliance des britisch-indischen Stahlunternehmers Sanjeev Gupta, zu der auch der Stahlkonzern Liberty Steel gehört. Laut „Financial Times“ hat Greensill in der Vergangenheit komplexe Finanzierungen für GFG Alliance auf den Weg gebracht, die wiederum im Mittelpunkt des Fondsskandals standen, der 2018 GAM erschüttert hatte. Der nun eingefrorene „Supply Chain Finance Fonds“ habe allerdings keine Finanzierung der GFG Alliance enthalten und stehe mit damaligen Fondsschließungen nicht im Zusammenhang, hebt GAM hervor. Während die Aktie der Gesellschaft kurz nach der Mitteilung am Dienstagmittag noch schwanke, beendete sie den Handelstag mit einem Plus.

Welche Folgen sich für die deutsche Tochter Greensill Bank AG ergeben könnten, blieb unklar. Doch im Falle des Verkaufs des operativen Geschäfts von Greensill Capital könnte sie sich in das bestehende Apollo-Portfolio einfügen. Der Investor hat gemeinsam mit dem US-Pensionsfonds Teacher Retirement System of Texas sowie dem Finanzinvestor Grovepoint in Norddeutschland bereits ein kleines Bankenreich zusammengekauft: In der Oldenburgischen Landesbank gingen Bremer Kreditbank, Bankhaus Neelmeyer und Wüstenrot Bank auf (siehe auch Seite 3).

Die in Bremen ansässige Greensill Bank ist in den vergangenen Jahren überproportional gewachsen. Das hat die Finanzaufsicht BaFin auf den Plan gerufen, die Klumpenrisiken in den Kreditengagements mit Gupta ausgemacht haben will. Der „Financial Times zufolge hat die BaFin der Bank nun einen Sonderbeauftragten zur Seite gestellt, der das Tagesgeschäft überwacht. Das ausgereichte Kreditvolumen hat sich allein im Jahr 2019 auf 2,85 Mrd. Euro nahezu versechsfacht und ließ die Bilanzsumme von 666 Mill. auf 3,8 Mrd. Euro anschwellen, wie aus dem jüngsten Geschäftsbericht 2019 hervorgeht.

Zur Refinanzierung greift die Bank auf institutionelle Anleger sowie über die Raisin-Plattform Weltsparen auf Privatkunden zurück. Der zufolge halten gut 15000 Kunden Festgelder bei der Greensill Bank. Das vermittelte Volumen betrage „mehrere hundert Millionen Euro“, teilte Weltsparen auf Anfrage mit. Ende 2019 betrugen die Gesamteinlagen 3,27 Mrd. Euro. Die BaFin äußerte sich auf Anfrage nicht zu der Bank.