Betrugsverdacht

Greensill wird zum Wahlkampfthema

Mit dem Hinweis, dass es der Prüfungsverband des privaten Einlagensicherungsfonds war, der die BaFin auf die Missstände bei der Bremer Greensill Bank aufmerksam gemacht habe, lenkt der Bankenverband die Aufmerksamkeit auf die Aufsichtsbehörde. Kritik hagelt es von allen Parteien – mit Ausnahme der SPD.

Greensill wird zum Wahlkampfthema

lee/bn/bg/Reuters

Frankfurt – Im Fall der unter Betrugsverdacht stehenden und von der Aufsicht geschlossenen Greensill Bank reicht der Bundesverband deutscher Banken (BdB) den schwarzen Peter an die BaFin weiter und verweist auf eine frühzeitige Intervention seines Prüfungsverbands. „Es war der Prüfungsverband, der die BaFin bereits Anfang 2020 auf die Probleme der Greensill Bank hingewiesen hat“, erklärte ein Sprecher des Bankenverbands am Donnerstag.

Die Prüfer hätten umgehend Maßnahmen ergriffen, da sich das Management der Greensill Bank offenbar nicht an die von ihnen gesetzten Regeln gehalten habe. „Dies gilt vor allem für die von dem Institut forcierte Ausweitung des Geschäftsvolumens“, heißt es vom Verband weiter.

Mit dem am Vortag von der BaFin über die Greensill Bank verhängten Moratorium rückt der Einlagensicherungsfonds der privaten Banken erneut in den Blickpunkt, nur wenige Monate, nachdem die Pleite von Wirecard Sorgen um einen Entschädigungsfall bei deren Banktochter geschürt hatte. Deren unter die Bestimmungen der freiwilligen Einlagensicherung fallende Depositen hatten sich kurz vor dem Insolvenzantrag auf 590 Mill. Euro belaufen. Dank des Verkaufs der Wirecard Bank an Santander kam es damals nicht zum Entschädigungsfall.

Greensill könnte für den privaten Einlagensicherungsfonds jedoch ungleich teurer werden. Die privaten Einlagen des Instituts werden auf 1 Mrd. Euro geschätzt. Die Sicherungsgrenze liegt laut BdB bei 74,7 Mill. Euro pro Einleger, von denen allein der Einlagen-Broker Weltsparen nach eigenen Angaben 15 000 an das Bremer Institut vermittelt hatte.

Mitten im Wahlkampf rückt der Hinweis des BdB die BaFin erneut in den Fokus. Sie hatte die Greensill Bank erst im Sommer vergangenen Jahres, also Monate nach dem Wink des Prüfungsverbands des privaten Einlagensicherungsfonds, ins Visier genommen. Die Kritik der Finanzpolitiker ließ nicht lang auf sich warten. „Offenbar ist die BaFin Hinweisen wieder einmal sehr spät nachgegangen“, sagte der grüne Bundestagsabgeordnete Danyal Bayaz der Nachrichtenagentur Reuters.

Kulturproblem der Behörde

„Wenn sich bewahrheiten sollte, dass die BaFin auch im Fall Greensill Warnungen in den Wind geschlagen hat, dann wäre das ein weiterer Beleg für das Kulturproblem, das die Behörde hat“, sagte FDP-Politiker Florian Toncar. Der entstandene Schaden wäre vermeidbar gewesen, monierte der CSU-Finanzpolitiker Hans Michelbach: „Seit etwa einem Jahr mehrten sich Berichte über erhebliche Missstände bei Greensill, ohne dass die BaFin eingeschritten wäre.“

Dagegen nahm SPD-Politikerin Cansel Kiziltepe die unter Rechts- und Fachaufsicht des SPD-geführten Bundesfinanzministeriums stehende BaFin in Schutz: „Die BaFin ist schon seit längerem bei Greensill aktiv und hat immer schärfere Maßnahmen eingeleitet“, sagte die Parlamentarierin, wie Bayaz, Michelbach und Toncar Mitglied im Wirecard-Untersuchungsausschuss, Reuters. „Bisher ist nicht erkennbar, dass die BaFin zu spät reagiert hat.“ Kiziltepe rügte vielmehr Fintechs, die über weitgehend unbekannte Häuser wie Greensill Bank Einlagen von Privaten einsammeln. Ein Sprecher der BaFin erklärte, die Behörde habe bereits 2020 „entschlossen und tatkräftig“ gehandelt und mit dem BdB sowie dem Prüfverband eng kooperiert. Die Prüfungen des Verbands hätten Klumpenrisiken gezeigt, aber keine Indizien für Betrug. Im ersten Halbjahr 2020 habe die BaFin eigene Untersuchungen angestellt.

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