Schwellenländeranleihen

High-Yield-Schwellenländeranleihen 2021 auf der Überholspur

High-Yield-Staatsanleihen (HY) der Schwellenländer in Hartwährung haben sich in der Anfangsphase der Coronakrise schlechter entwickelt als ihre Investment-Grade-Pendants (IG), da Risikoaversion und die Sorge vor Zahlungsausfällen zu einem deutlich...

High-Yield-Schwellenländeranleihen 2021 auf der Überholspur

High-Yield-Staatsanleihen (HY) der Schwellenländer in Hartwährung haben sich in der Anfangsphase der Coronakrise schlechter entwickelt als ihre Investment-Grade-Pendants (IG), da Risikoaversion und die Sorge vor Zahlungsausfällen zu einem deutlich massiveren Abverkauf geführt haben. Dessen ungeachtet hat HY seit Mai gegenüber IG aufgeholt und zeigt (in Gesamtrenditen) seit November des letzten Jahres eine deutlich bessere Performance. Diese Entwicklung dürfte sich 2021 größtenteils fortsetzen, da die Wirtschafts- und Finanzzyklen weiter voranschreiten.

Die Notenbanken der Industrieländer reagierten zu Beginn der Krise schnell, indem sie den globalen Finanzmärkten in historischem Ausmaß Liquidität zur Verfügung stellten, um die Erholung zu unterstützen und die wirtschaftlichen Schäden zu begrenzen. Schwellenländer mit soliden Fundamentaldaten zählten zu den ersten Profiteuren dieser globalen Liquiditätsschwemme. Investment-Grade-Staatsanleihen konnten ihre Verluste bis zum Juni 2020 bereits wieder vollständig wettmachen. Ihre Spreads liegen nun unter dem Vorkrisenniveau. Dies scheint im Widerspruch zu den Fundamentaldaten zu stehen, wenn man die dramatische Verschlechterung der wirtschaftlichen Aussichten und den massiven Anstieg der Staatsverschuldung in den Schwellenländern berücksichtigt. Doch eine höhere Verschuldung führt nicht automatisch zu geringerer Bonität.

Das Verhältnis der Verschuldung zum BIP liegt in vielen Ländern heute auf Rekordwerten oder nahe daran und dürfte für die nächsten fünf Jahre über dem Vorkrisenniveau bleiben – um 24% des Bruttoinlandsprodukts in den größten entwickelten Volkswirtschaften und um durchschnittlich zwölf Prozentpunkte in den Schwellenländern. Doch dank der viel niedrigeren Notenbankzinssätze dürften die Kosten, die bei der Bedienung der Schulden anfallen, über die nächsten fünf Jahre in einem typischen Schwellenland um weniger als zwei Prozentpunkte steigen. In den entwickelten Ländern werden sie sogar sinken. Die Kosten der Schuldentilgung sind im historischen Maßstab für die meisten Emerging Markets nicht besonders hoch und dürften die Schuldentragfähigkeit nicht gefährden.

Diese Prognosen setzen dabei nicht voraus, dass die Zinsen für alle Zeiten am Boden bleiben. Sie berücksichtigen vielmehr bereits, dass die großen Notenbanken ihre Leitzinsen mit hoher Wahrscheinlichkeit ab 2023 schrittweise erhöhen werden. Dies wird der Fall sein, sobald die Produktionslücken geschlossen sind – bei der US-Notenbank jedoch erst, nachdem die Inflation dauerhaft über ihrem Inflationsziel von 2% liegt.

Die HY-IG-Spreaddifferenz bei Staatsanleihen, d.h. die zusätzlichen Fremdkapitalkosten, die für Nicht-IG-Staatsanleihen im Vergleich zu ihren IG-Pendants zu zahlen sind, geht seit Mai zurück. Doch mit ca. 456 Basispunkten ist der Spread immer noch um etwa 100 Basispunkte höher als vor der Krise und liegt rund 136 Basispunkte über dem Durchschnitt der letzten zehn Jahre. Insgesamt sind wir überzeugt, dass die moderate Verschlechterung der Fundamentalrisiken, die wir bei den meisten HY-Staatsanleihen beobachtet haben, durch die deutlich gelockerten Finanzierungsbedingungen nach der Krise überkompensiert werden dürften. Folglich wird der HY-IG-Spread nicht nur zu seinem langjährigen Durchschnitt zurückkehren, sondern sich mit hoher Wahrscheinlichkeit über die nächsten zwei Jahre über diesen Punkt hinaus verengen. Das liegt daran, dass die Anlageklasse weiterhin eine große Anzahl von Anlegern anziehen wird, da attraktive Renditen ein seltenes Gut bleiben werden.

Ein starker Dollar war für den Großteil des Zeitraums 2015 bis 2019 von Nachteil für die Dollarschulden der Schwellenländer, denn er verteuert den Schuldendienst für die meisten EM-Staatsanleihen. Der Handelskonflikt zwischen den USA und China hat den meisten Schwellenländern in den letzten drei Jahren zusätzlichen Gegenwind gebracht. Die Abschwächung des Dollar um etwa 10% seit Mai 2020 und der Wahlsieg von Joe Biden – dessen Chinapolitik wahrscheinlich sehr viel berechenbarer ausfallen wird – bescheren den Schwellenländern ein deutlich positiveres Umfeld als vor der Krise.

Die üppige Liquidität in der Zeit nach der globalen Finanzkrise sorgte dafür, dass der HY-IG-Spread Anfang 2010 auf unter 200 Basispunkte sank. Doch diese Krise traf die Emerging Markets eindeutig weniger hart als die Pandemie. In der aktuellen Situation wäre ein Szenario wie nach der globalen Finanzkrise wohl noch zu optimistisch. Nach unserer Einschätzung ist eine Orientierung am ersten Quartal 2018 realistischer – damals verengte sich der IG-HY-Spread auf ca. 260 Basispunkte. Dieser Vergleich mag überraschen, da die Wirtschafts- und Finanzzyklen zu diesem Zeitpunkt an einem vollkommen anderen Punkt standen – die Fed erhöhte angesichts einer außergewöhnlich niedrigen Arbeitslosigkeit die Zinsen. Doch der US-Dollar bewegte sich (gemessen am DXY-Index) um die Marke von 90, was sehr nah bei seinem heutigen Niveau liegt und damals ein Dreijahrestief markierte. Zudem nahm der Handelskonflikt zwischen China und den USA gerade erst an Fahrt auf und die Märkte hatten ihn noch nicht eingepreist. Daher halten wir dies im Hinblick auf Spread-Differenzen für einen guten Orientierungspunkt.

Expansionsphase

Die nächste Konjunkturphase ist die Expansion: Das BIP wächst über den vorherigen Höchststand hinaus, in den Volkswirtschaften zeigen sich Kapazitätsengpässe und die Finanzierungsbedingungen werden schwieriger. Wir sehen der vollständigen Erholung der Weltwirtschaft und der Expansionsphase der Konjunktur freudig entgegen – diese dürfte jedoch erst Ende 2022 und 2023 eintreten. Sorgen vor einer Entwicklung wie dem historischen „Taper Tantrum“ – also ein Umfeld, in dem Anleihen aggressiv abverkauft werden, weil die Fed ein Ende der quantitativen Lockerung angekündigt hat – halten wir daher zu diesem Zeitpunkt für verfrüht. Auch wenn die US-Renditen angesichts von Impfstoffoptimismus und moderat höheren Inflationserwartungen steigen, werden die US-Zinsen wegen der anhaltenden Kapazitätsreserven und der geringen Inflation mit hoher Wahrscheinlichkeit über die nächsten zwei Jahre unterhalb des Vorkrisenniveaus bleiben.