Wahlen

Historischer Rechtsruck in Italien

Italien wird künftig von einem Rechtsbündnis unter Führung der postfaschistischen Fratelli d’Italia regiert. Die Allianz erhielt bei den Parlamentswahlen eine breite Mehrheit.

Historischer Rechtsruck in Italien

bl/ms Mailand/Frankfurt

Historischer Rechtsruck in Italien: Die Rechtskoalition aus den postfaschistischen Fratelli d’Italia, der rechtsnationalen Lega und der Mitte-rechts-Partei Forza Italia hat bei den Parlamentswahlen in Italien sowohl im Senat als auch im Abgeordnetenhaus eine breite Mehrheit erhalten. Stärkste Einzelpartei wurden mit 26% der Stimmen die Fratelli d’Italia, deren Chefin Giorgia Meloni neue Ministerpräsidentin und damit Nachfolgerin von Mario Draghi werden dürfte. Es wird erwartet, dass Staatspräsident Sergio Mattarella sie frühestens Ende Oktober mit der Regierungsbildung beauftragen wird. Mitte Oktober treten die beiden Kammern zu ihren konstituierenden Sitzungen zusammen. Die Wahlbeteiligung war mit nur 63% die niedrigste in der Nachkriegsgeschichte.

Während die Regierungen Ungarns und Polens sowie rechtsex-treme Parteien in Westeuropa die Wahl Melonis begrüßten, zeigten sich viele andere Europa-Politiker alarmiert. Italien steuere mit einer Ministerpräsidentin Meloni auf eine „antidemokratische und antieuropäische Regierung“ zu, erklärte Rasmus Andresen, der Sprecher der deutschen Grünen-Abgeordneten. Auch die französische Regierung äußerte sich besorgt. Andere Regierungen verhielten sich dagegen vorsichtig – auch die Bundesregierung.

Meloni selbst äußerte sich am Tag nach den Wahlen nicht. Sie twitterte: „Die Italiener haben uns eine große Verantwortung übertragen. Es ist jetzt unsere Verpflichtung, sie nicht zu enttäuschen und alles zu tun, um der Nation Würde und Stolz zurückzugeben.“ Meloni, die eine tiefergehende europäische Integration ablehnt, verhält sich seit Wochen sehr zurückhaltend, während ihre künftigen Regierungspartner Lega und Forza Italia, die starke Stimmenverluste hinnehmen mussten, teure Wahlversprechen gemacht haben.

Top-Banker und Ex-EZB-Notenbanker Lorenzo Bini Smaghi erwartet „einige harte Diskussionen mit der Europäischen Kommission“, wie er im Interview der Börsen-Zeitung sagt. Dabei dürfte es etwa um den EU-Wiederaufbaufonds gehen. Inmitten eines Krieges und einer weltweiten Rezession fordert Bini Smaghi mehr Miteinander: „Europa muss diese Probleme ge­meinsam angehen, anstatt dass jedes Land in eine andere Richtung marschiert.“

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