Marktausblick

Alle Augen auf die EZB

In der neuen Woche ist die EZB-Sitzung das zentrale Ereignis. Mancher Akteur bezweifelt, dass die Zeit des billigen Geldes vorbei ist.

Alle Augen auf die EZB

Von Kai Johannsen, Frankfurt

Das zentrale Ereignis für die Akteure an den internationalen Finanzmärkten wird in der neuen Handelswoche die Sitzung des geldpolitischen Rates der Europäischen Zentralbank (EZB) sein. Denn wieder einmal wird sich dabei alles um die Frage drehen, ob die Währungshüter des Euroraumes sich langsam, aber sicher in Richtung Abkehr von der Politik des ultrabilligen Geldes bewegen werden. Hierzu hatte es jüngst an den Märkten wieder Gesprächsstoff gegeben aufgrund von Äußerungen von EZB-Präsidentin Christine Lagarde.

Denn den Ausführungen zufolge benötigt die Eurozone aus Sicht von Lagarde angesichts der Erholung nach den massiven Konjunkturhilfen voraussichtlich nur noch eine zielgerichtete Unterstützung. „Wir kommen aus dieser Pandemie mit Volkswirtschaften heraus, die stabilisiert sind, mit wenig anhaltender Störung“, führte die EZB-Chefin Lagarde in einem „Time“-Interview aus. Die Pandemie hat laut Lagarde nicht viele Schäden in den Industrienationen hinterlassen, wenn man sich die Arbeitslosenzahlen ansehe. Bei den wirtschaftlichen Aktivitäten werde zum Ende dieses Jahres wieder das Level von vor der Covid-19-bedingten Krise erreicht. Aus ihrer Sicht sind jetzt eher „chirurgisch genaue Maßnahmen“ erforderlich. „Es ist nicht länger eine Frage der massiven Unterstützung, es wird eine Frage der fokussierten, zielgerichteten Unterstützung in denjenigen Sektoren sein, die schwer getroffen worden sind“, führte Lagarde in dem Interview weiter aus.

EZB-Chefvolkswirt Philip Lane wies darauf hin, dass sich die EZB auf die Finanzierungsbedingungen und nicht auf ein bestimmtes Tempo beim Krisenbondkaufprogramm PEPP konzentriert. Und auch der französische Notenbankgouverneur Villeroy de Galhau deutete eine mögliche Verlangsamung der PEPP-Käufe in naher Zukunft an. Ähnlich äußerte sich der österreichische Notenbankchef Robert Holzmann.

Renditen könnten steigen

Sollte es am Donnerstag im Urteil der Marktteilnehmer zu weiteren ähnlichen Äußerungen seitens der EZB kommen, könnten durchaus Renditesteigerungen bei den Bundesanleihen, aber auch in der Eurozonenperipherie die Folge sein. Marktakteure würden dann ein langsames Ende der QE-Politik der EZB einpreisen. Am Aktienmarkt könnte es zu einer erhöhten Volatilität und Kursrücksetzern kommen. Aber es gibt im Markt auch durchaus Stimmen, die nicht mit einem nahenden Ende der Politik des billigen Geldes seitens der EZB rechnen. Dazu gehört etwa Tomasz Wieladek, Ökonom beim Vermögensverwalter T. Rowe Price. „EZB-Chefvolkswirt Lane sagte uns, dass er das PEPP-Programm als eine Art Versicherung gegen Abwärtsrisiken betrachtet. Das bedeutet, dass das Programm so lange weiterläuft, wie die Abwärtsrisiken durch die Pandemie bestehen. Dabei muss es sich nicht zwangsläufig um einen großen Covid-Ausbruch in der Eurozone handeln, sondern es könnte sich auch um eine von Covid ausgelöste Verlangsamung der wirtschaftlichen Aktivität in den USA oder China handeln, die auf die Eurozone übergreift“, so Wieladek. Da es wahrscheinlich sei, dass diese Abwärtsrisiken in der Winterzeit bestehen bleiben, wird die EZB seiner Meinung nach auf der Dezembersitzung den Umfang des PEPP ausweiten. Sollte dies nicht der Fall sein, werde sie das APP auf dieser Sitzung ausweiten. „Ein abruptes Ende des Ankaufprogramms von Vermögenswerten ist unwahrscheinlich“, so Wieladek.