Technische Analyse

Der Dax nimmt Anlauf auf neue Allzeithochs

Die Ausgangslage für den Dax ist günstig, meint Marc Kiewitz von Activtrades. Daher dürfte der deutsche Leitindex nun Anlauf zu neuen Allzeithochs nehmen.

Der Dax nimmt Anlauf auf neue Allzeithochs

Technische Analyse

Der Dax nimmt Anlauf auf neue Allzeithochs

Von Marc Kiewitz *)

Die vergangenen Jahre waren für die meisten an den Aktienmärkten aktiven Investoren wahrlich kein Zuckerschlecken. In den zurückliegenden 24 Monaten wies der deutsche Aktienindex Dax gleich 13-mal eine negative Monatsperformance aus. Eine ungewöhnlich hohe Quote von 54%, die unter dem Strich auch dazu führte, dass der Index per Ende Oktober rund 900 Punkte oder mehr als 5% unter seinem zwei Jahre zuvor erreichten Niveau lag. Nun gibt es aber einige Anzeichen dafür, dass die Leidenszeit zu Ende geht.

Aus fundamentaler Sicht sind hier in allererster Linie die Kapitalmarktzinsen zu nennen, die als großer Störfaktor ihr Hoch vorläufig erreicht haben könnten. Die zehnjährige Rendite deutscher Bundesanleihen, die vor zwei Jahren noch im negativen Bereich lag, war in der Spitze fast bis auf 3% hochgeschossen. Hier ist eine ausgedehnte Verschnaufpause mit Blick auf die Entwicklung der Konjunktur und auch der Inflation sehr gut vorstellbar. Für die Aktienmärkte wäre das vor allem deshalb wichtig, weil Anleihen mittlerweile wieder zu einer echten Alternative für viele renditesuchende Anleger geworden sind.

Günstige Bewertung

Ein weiterer wichtiger Einflussfaktor ist die Bewertung. Derzeit rangiert der Dax mit einem 12-Monats-Forward-KGV von weniger als 11 deutlich unter seinem langjährigen Durchschnitt. Dasselbe gilt für das gerade in Krisenzeiten noch aussagekräftigere KBV. Der Dax wird aktuell nur mit dem 1,3-fachen Buchwert seiner Indexmitglieder bewertet, während hier in den vergangenen 20 Jahren im Schnitt Werte von 1,5 zu Buche standen.

Fakt ist aber auch, dass der Dax nach ausgeprägten Korrekturphasen auch schon auf oder sogar leicht unter seinem Buchwert gehandelt wurde. Eine extreme Unterbewertung liegt demnach aktuell noch nicht vor. In Bezug auf das KGV stellt sich zudem die Frage, wie realistisch die aktuell noch recht positiven Gewinnschätzungen der Analysten für die kommenden Quartale sind. Hier sehen wir größere Risiken.

Die aktuell verhaltene Stimmung werten wir als Kontraindikator – und auch die Saisonalität lässt auf Chancen auf eine Fortsetzung der Ende Oktober gestarteten Erholung schließen. November und Dezember sind historisch betrachtet unter den Top 3 der positiv verlaufenden Dax-Monate. Überhaupt befinden wir uns noch bis zum Frühjahr in der „besseren“ Jahreszeit, nachdem vor allem der August und der September ihren Ruf als Korrektur-Monate mal wieder eindrucksvoll bestätigt haben.

Aus charttechnischer Sicht verlief die Entwicklung beim Dax in den vergangenen Monaten ebenfalls lehrbuchmäßig. Die im Herbst 2022 gestartete Kursrally war geprägt von drei dynamischen Aufwärtsbewegungen und zwei korrektiven Phasen. Nach solch einer insgesamt also fünfwelligen Bewegung kommt es häufig zu einer längeren und/oder stärker ausgeprägten Gegenbewegung. Bei einem intakten Trend, von dem man in der technischen Analyse bis zum Beweis des Gegenteils erst einmal ausgeht, verläuft eine solche Gegenbewegung in der Regel dreiwellig. Genau das haben wir beim Dax seit dem Ende Juli markierten Allzeithoch auch gesehen. Zwei dynamische Abwärtsschübe wurden durch eine schwache Erholung im Sommer kurz unterbrochen.

Positiv aus Sicht der Dax-Bullen ist, dass die Korrektur bis in die Unterstützungszone zwischen 14.460 und 14.676 Punkten hineingelaufen ist. Zudem wurden in dieser Phase ca. 40% der gesamten Aufwärtsbewegung seit dem Herbst 2022 korrigiert. Noch besser wäre eine klassische 50%-Korrektur (bis ca. 14.200 Punkte) samt Fehlausbruch an der unteren Range der o.a. Unterstützungszone gewesen. Aber die Börse ist nun mal kein Wunschkonzert. Trotzdem bleibt dieser Bereich zunächst ein möglicher Anlaufpunkt, falls der Dax doch noch eine weitere Schleife nach unten machen sollte. Dieses Szenario kann aus charttechnischer Sicht erst dann mit einer hohen Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, wenn der Index das letzte Zwischentief der Abwärtsbewegung bei 15.456 Punkten nachhaltig überwinden kann. In Kombination mit dem 50%-Retracement der gesamten Korrektur bei ca. 15.577 Punkten befindet sich hier eine recht massive Widerstandszone. Dieser Bereich dient daher auch als prädestinierte erste Zielmarke der gerade angelaufenen Aufwärtsbewegung.

Deutlich bessere Ausgangslage

Die Ausgangslage für den deutschen Leitindex ist nach der von der Dauer und dem Ausmaß her fast perfekt in den Ablaufplan passenden Korrektur auf jeden Fall deutlich besser, als dies im Sommer der Fall war. Doch was ist im Falle einer erneuten Kursrally zu erwarten? Nach dem ersten, o.g. Etappenziel bieten sich der Widerstand bei 16.043 Punkten (Hochpunkt der Erholung im August) sowie natürlich das Allzeithoch bei 16.529 als weitere Zielmarken an. Im Falle neuer Rekorde lässt sich das weitere charttechnische Potenzial dann zum Beispiel durch eine Spiegelung der Korrekturbewegungen nach oben ermitteln. Das würde für den Dax einen möglichen Anstieg bis auf 18.400 Punkte bedeuten. Beim Blick auf das große Bild wären demnach mittel- bis langfristig sogar Notierungen von über 20.800 Punkten denkbar.

*) Marc Kiewitz ist Chief Commercial Officer bei Activtrades Europe.