Märkte am Abend

Die Angst vor einem Crash bei Tech-Werten geht jetzt um

Hierzulande begeistern die Berichte von Siemens Energy und Allianz die Börsianer. An der Nasdaq geht aber nach den jüngsten Verlusten die Angst vor einem Crash der Tech-Werte um. Auch bei Anleihen steht Big Tech im Fokus.

Die Angst vor einem Crash bei Tech-Werten geht jetzt um

Aktienmärkte

Die Angst vor einem Crash bei Tech-Werten geht jetzt um

Siemens Energy und Allianz begeistern mit Top-Zahlen

kjo/wrü Frankfurt

Während am deutschen Aktienmarkt die Berichte von Siemens Energy und Allianz bei Börsianern Begeisterung hervorriefen, geht der bange Blick an die Wall Street. Denn dort macht sich nach den neuerlichen Verlusten von Donnerstag Angst breit, dass sich die Korrektur an der Nasdaq zu einem Crash im Technologiesektor ausweitet. Nach Äußerungen von Notenbankern hegen Anleger zunehmend Zweifel, ob die Fed die Zinsen im laufenden Jahr noch ein weiteres Mal senken wird. Und ohne diesen Zins-Turbo könnte es bei den hoch bewerteten und in diesem Jahr stark gestiegenen Tech-Werten eben schwierig werden. Der S&P eröffnete am Freitag mit einem Minus von 0,2%. Der Nasdaq 100 holte im frühen Geschäft anfängliche Verluste wieder auf.

„Die Euphorie über das Ende des Shutdowns in den USA ist vollständig verflogen, jetzt schwinden auch noch die Hoffnungen auf eine weitere Zinssenkung durch die US-Notenbank“, kommentiert Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar von RoboMarkets. Besonders zinssensible Technologiewerte dürften vor diesem Hintergrund wenig gefragt bleiben. Deka-Chefvolkswirt Ulrich Kater beobachtet eine Rotation vom Tech-Sektor in defensive Sektoren. Aus Sicht der Experten von Indexradar wabert zudem erneut die Mahnung eines möglichen „KI-Platzen“ durch die Märkte. Investoren würden deshalb derzeit Aktien mit Bewertungsfantasie meiden. Außerdem warten sie auf Konjunkturdaten, die nach dem Ende des Shutdowns wieder veröffentlicht werden.

Deutsche mit Buy für Siemens Energy

Der Dax hat am Freitag bis zum späten Nachmittag 0,8% auf 23.854 Punkte verloren. Dabei büßten Infineon 2,1% und SAP 3,1% ein. Mit den Zielen für das Geschäftsjahr 2028 im Rücken haben die Aktien von Siemens Energy ihr Rekordhoch angesteuert. Sie kletterten bis zum späten Nachmittag um 8,6% auf 109,70 Euro und kamen dem Höchststand vom Monatsanfang bei fast 114 Euro damit sehr nahe. Im laufenden Jahr steht für die Aktie bereits ein Kurplus von mehr als 120% zu Buche. Deutsche Bank Research hat das Kursziel für Siemens Energy von 115 auf 120 Euro angehoben und die Einstufung auf „Buy“ belassen.

DZ mit Kursziel 417 Euro für Allianz

Auch die Allianz hat nach guten Neunmonatszahlen ihren Ausblick für das Gesamtjahr angehoben. Die Allianz-Aktie gewann bis nachmittags 1,7% auf 369,20 Euro. Im Vergleich zum Schlusskurs Ende 2024 von 295,60 hat die Allianz-Aktie damit heuer bereits 25% zugelegt. Die DZ Bank empfiehlt die Allianz mit einem Kursziel von 417 Euro zum Kauf.

Beste Pferde im Stall

„Siemens Energy und Allianz sind die besten Pferde im Stall“, sagte ein Börsianer. „Dazu kommen noch die Deutsche Bank und die Commerzbank, die in diesem Jahr auch deutlich zugelegt haben.“

Tech mit großen Anleihen

Auch am Unternehmensanleihemarkt haben die Anleger die großen US-Technologiekonzerne im Blick. Angeführt von Meta, Alphabet und Oracle sah der Markt verschiedene Emissionen von Bonds. Der Hintergrund: Der Investitionsboom im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) erreicht neue Dimensionen, und die Finanzierung erfolgt zunehmend auch über den Kapitalmarkt. Im Jahr 2025 werden Microsoft, Oracle, Apple, Amazon, Meta und Alphabet nach Unternehmensangaben gemeinsam mehr als 400 Mrd. Dollar investieren – ein sprunghafter Anstieg gegenüber geschätzten 234 Mrd. Dollar im Jahr 2024 und 160 Mrd. Dollar im Jahr 2023, halten die Analysten von J.P. Morgan fest. 

Iain Stealey, International Chief Investment Officer in der Fixed Income, Currency & Commodities Gruppe bei J.P. Morgan Asset Management, sieht im Anleihemarkt eine effiziente Möglichkeit für die Tech-Giganten, die Mittel für den Ausbau der KI-Infrastruktur zu beschaffen. „Dass die Emissionen so stark nachgefragt werden, zeigt das Vertrauen der Anleger in die Fundamentaldaten dieser Unternehmen und in die Tiefe des US-Kreditmarkts.“ Aus Sicht von Stealey gilt es jedoch, die weitere Entwicklung der Fundamentaldaten genau zu beobachten und bei der Auswahl der Anleihen selektiv vorzugehen.

Bedenken tauchen auf

Zuletzt hatten sich bei Bonds aus dem US-Tech-Sektor die Risikoaufschläge erhöht. Der Grund dafür war, dass die Anleger zunehmend Sorgen haben bezüglich des Themas KI. Die Euphorie, die die Investoren seit geraumer Zeit begleitete, scheint aktuell etwas zu weichen. Bei weiten Anlegerkreisen tauchen angesichts der gigantischen Investitionen, die das Thema KI in den kommenden Jahren erfordern wird, Bedenken auf hinsichtlich möglicherweise entstehender Überkapazitäten, langfristiger Rentabilitätsaspekte und des enormen Energiebedarfs, der damit einhergehen wird. Etwas Kopfzerbrechen bereitet den Anlegern aber auch, dass die US-Tech-Giganten den Anleihemarkt anzapfen, um finanzielle Mittel zu bekommen, obwohl so manche Adresse auf komfortablen Cash-Polstern sitzt.

Robuste Bilanzen

Trotz der Emissionen sind die Bilanzen der Tech-Giganten laut J.P. Morgan weiter sehr robust. Nach Schätzungen von J.P. Morgan Asset Management verfügt Meta selbst nach der jüngsten Anleiheplatzierung über mehr Barmittel als Schulden. Die Gesamtverschuldung liege bei dem rund 0,5-fachen des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen. Auch die Gewinn- und Umsatzaussichten blieben stabil – ein Zeichen dafür, dass die hohen Investitionen auf einer soliden finanziellen Basis stehen würden.

„Die Rückkehr der großen Tech-Emittenten zeigt die enorme Aufnahmekapazität des US-Investment-Grade-Markts,“ sagt Stealey. „Für Investoren eröffnen sich dadurch Chancen, qualitativ hochwertige Unternehmensanleihen zu attraktiveren Bewertungen zu erwerben als noch zu Jahresbeginn.“