Drastischer Kurssturz bei Gerresheimer
Aktienmärkte
Drastischer Kurssturz bei Gerresheimer
BaFin prüft Verpackungshersteller – Geopolitische Spannungen treiben Rüstungsaktien
tom Frankfurt
Eine Prüfung der BaFin hat dafür gesorgt, dass die Aktie von Verpackungshersteller Gerresheimer sich am Mittwoch zeitweise im freien Fall befand. Nachdem die Finanzaufsicht ankündigte, den Konzernabschluss zum 30. November 2024 und den zugehörigen Lagebericht von Gerresheimer prüfen zu wollen, sackten die Papiere in der Spitze um 38% ab und die Aktie erreichte mit 26,52 Euro ein Tief seit fünfzehn Jahren. Erst eine Stellungnahme des Verpackungsherstellers nahm dann etwas Druck von der Aktie, die am späten Nachmittag aber immer noch gut 15% im Minus lag.
Laut BaFin liegen konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass gegen Rechnungslegungsvorschriften verstoßen wurde. Wie es weiter heißt, wurden möglicherweise Umsatzerlöse für einige Verträge mit Kunden erfasst, obwohl die Umsätze noch nicht realisiert waren. Gerresheimer sagte seine Kooperation zu, um den Sachverhalt zu klären. Das Unternehmen vertritt aber die Auffassung, korrekt bilanziert zu haben. Analyst Pallav Mittal von der britischen Bank Barclays hält den drastischen Kursrutsch für übertrieben. Denn schließlich beträfen die Prüfungen weniger als 5% der Umsätze und Profite. Seine Einstufung bleibt daher auf „Overweight“.
Talfahrt geht weiter
Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass der Verpackungshersteller schlechte Nachrichten hinnehmen musste. Die Aktie hat dieses Jahr fast die Hälfte an Wert verloren und seit dem zwei Jahre alten Rekordhoch von 122,90 Euro sogar 70%. Mehrere Gewinnwarnungen und das Aus für geführte Übernahmegespräche haben zuletzt das Bild getrübt.
Der deutsche Leitindex notierte am Mittwoch zum Handelsschluss 0,2% höher bei 23.667 Zählern. Damit pendelt der Dax weiter um die Marke von 23.600 Punkten. Für Zurückhaltung sorgten gleich mehrere schlechte Nachrichten: So trübte sich die Stimmung beim Ifo-Geschäftsklimaindex im September überraschend ein und versetzte der Hoffnung auf eine Konjunkturerholung einen Dämpfer. Der Index sank erstmals nach einer Serie von sechs Anstiegen.
Powell dämpft Hoffnungen
Belastend wirkten auch zurückhaltende Äußerungen von Fed-Chef Jerome Powell zur künftigen Geldpolitik, die zuvor bereits der jüngsten Rekordjagd an der Wall Street ein Ende gesetzt hatten. „Als Powell die Anleger am Dienstag daran erinnerte, dass weitere Kürzungen nicht garantiert seien, schreckten die Märkte zurück“, sagten Analysten von BCA Research.
Und auch die geopolitische Entwicklung bereitet Anlegern Sorgen. „Provokationen sind nichts Neues, doch die aktuelle Dynamik könnte schnell in einen offenen militärischen Konflikt münden“, kommentierte Frank Sohlleder, Analyst bei ActivTrades, die zunehmenden Spannungen zwischen Nato und Russland. Zumindest ließen überraschende Äußerungen von Donald Trump zum Ukraine-Krieg Anleger wieder bei Rüstungswerten zugreifen. Der US-Präsident hatte sich zuletzt zuversichtlich gezeigt, dass die Ukraine mit Unterstützung der EU und der Nato ihr von Russland besetztes Gebiet vollständig zurückerobern kann. Das ist eine rhetorische Kehrtwende, nachdem er bislang erklärt hatte, dass Kiew für ein Ende des Krieges Gebiete abtreten müsse. Unmut lösten bei Trump die fehlende Verhandlungsbereitschaft des Kreml und Verletzungen des Nato-Luftraums durch Russland aus. Trump sprach sich auch für den Abschuss russischer Flugzeuge über Nato-Territorium aus. Die Aktie von Rheinmetall zog daraufhin im Dax um knapp 3% an. Die Papiere von Renk und Hensoldt verteuerten sich im MDax sogar um mehr als 7%.
Bestellungen treiben SFC Energy an
Unter Druck stand nach einem skeptischen Branchenkommentar der Deutschen Bank der Chemiesektor. Lanxess rutschten nach einer gestrichenen Kaufempfehlung im MDax um über 6% ab. Im Dax verbuchten auch BASF und Brenntag Verluste, im MDax mussten Evonik Abschläge hinnehmen.
Im SDax profitierten SFC Energy von weiteren Bestellungen und stiegen auf den höchsten Stand seit April. Anfang August waren die Papiere nach einer überraschenden Gewinnwarnung des Brennstoffzellen-Anbieters in der Spitze um fast ein Drittel abgestürzt.