Drohender US-Shutdown verunsichert Anleger
Angesichts des drohenden Shutdowns in den Vereinigten Staaten haben die Anleger am deutschen Aktienmarkt am Dienstag vorsichtig agiert. Der Leitindex Dax gab minimal auf 23.737 Punkte nach. Damit droht dem Börsenbarometer auf Quartalssicht der erste Rückgang nach vier Anstiegen in Folge.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen gewann am Dienstag 0,10% auf 30.148 Zähler. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 ging es um 0,15% abwärts. Gold stieg derweil am Morgen auf ein Rekordhoch bevor der Preis wieder bröckelte.
In den USA streiten Demokraten und Republikaner regelmäßig bis zur letzten Minute über den Haushalt. Aber selten war ein Shutdown – also ein Stillstand der Regierungsgeschäfte – so wahrscheinlich wie dieses Mal. Die Positionen der beiden großen Parteien sind zu weit voneinander entfernt, weswegen politische Beobachter nicht damit rechnen, dass der Etat für die kommenden zwölf Monate rechtzeitig verabschiedet wird.
Ohne eine Einigung im US-Kongress in letzter Minute droht ab Mittwoch ein Stillstand der Arbeit in US-Regierungsbehörden. Im Kongress muss eine Einigung zum Haushalt erzielt werden, damit frisches Geld fließen kann. Dafür sind Stimmen der Demokraten nötig.
Was der Shutdown kostet
Jede Woche Stillstand der Regierungsbehörden koste 0,2 Prozentpunkte an Wirtschaftswachstum, kommentierte Anlagestratege Stephen Innes von SPI Asset Management. Aktuell werde die USA von Piloten mit verbundenen Augen geflogen, und die Passagiere seien entsprechend unruhig.
Marktanalyst Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets schrieb: „Auch wenn drohende Haushaltssperren in der Vergangenheit meistens in letzter Sekunde abgewendet werden konnten, kann nicht garantiert werden, dass es auch dieses Mal so kommt.“ Wer unsicher sei, kaufe Gold. Das Edelmetall hatte denn auch am Dienstag seine Rekordjagd zwischenzeitlich beschleunigt fortgesetzt. Etwas weniger skeptisch äußerte sich Marktanalyst Christian Henke vom Handelshaus IG. Ein Shutdown sei „für die Märkte kein Zuckerschlecken“, doch der Einfluss auf die Börsen sei recht überschaubar.
Gold auf Rekordhoch
Der Preis für die Feinunze Gold (etwa 31,1 Gramm) stieg im frühen Handel um bis zu 1% auf fast 3.872 US-Dollar. Das Edelmetall war damit so teuer wie noch nie. Mit dem Anstieg baute der Goldpreis sein Jahresplus auf mehr als 47% aus und steuert auf den stärksten Jahresanstieg seit 1979 zu. Im weiteren Verlauf des Vormittags bröckelte der Preis aber wieder und stand gegen Mittag knapp 1% im Minus.
Mit dem Anstieg in dieser Woche kletterte das Edelmetall im bisherigen Jahresverlauf deutlich mehr als viele andere Anlageklassen. So verteuerte sich etwa der Bitcoin, die älteste und bekannteste Digitalwährung, seit Ende 2024 nur etwas mehr als ein Fünftel. Der Dax konnte im bisherigen Jahresverlauf rund 19% zulegen.
In den vergangenen drei Jahren hat der Goldpreis um mehr als 130% angezogen, wobei geopolitische Risiken wie der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine die Flucht in den als vergleichsweise sicher eingeschätzten Anlagehafen verstärkt haben. Hinzu kommen die aggressive Zollpolitik der US-Regierung sowie die Angriffe von US-Präsident Donald Trump gegen die US-Notenbank Fed, die Sorgen um die Unabhängigkeit der Notenbank verstärken.
Hornbach und Puma im Fokus
Bei den Unternehmen rückte Hornbach Holding in den Fokus. Die Muttergesellschaft der Baumarktkette Hornbach steigerte zwar den Umsatz im zweiten Geschäftsquartal weiter. Allerdings belasteten höhere Personalkosten das Ergebnis. Die Erlös- und Gewinnkennziffern blieben Händlern zufolge hinter den Erwartungen zurück. Die Aktien sackten um gut 5% ab und waren damit das klare Schlusslicht im Nebenwerte-Index SDax.
An der MDax-Spitze zogen die Papiere von Puma um mehr als 5% an. Die französische Investmentbank Exane BNP Paribas hatte ihre negative Einschätzung der Aktien des Sportartikelherstellers aufgegeben. Analyst Warwick Okines sieht das Unternehmen in einer Sondersituation. Der Turnaround könnte zwar schwieriger werden als beim Rivalen Adidas, es komme jedoch auch mögliches Übernahmeinteresse ins Spiel.
Lufthansa droht Streik
Dahinter stiegen die Aktien von Auto1 um fast 4%. Der Gebrauchtwagenhändler hatte die Ausweitung seiner Aufbereitungskapazitäten um drei Standorte in Italien, Österreich und den Niederlanden gemeldet. Für die Analystin Doyinsola Sanyaolu von der Citigroup passt dies zum Vorhaben, das Wachstum im Retail-Geschäft Autohero in nächster Zeit in Schwung zu bringen.
Anteilsscheine der Lufthansa aber schwächelten weiter und fielen am MDax-Ende um mehr als 4%. Ambitionierte Mittelfristziele vom Kapitalmarkttag hatten zu Wochenbeginn zunächst einen weiteren Anstieg gebracht, bevor die Papiere abdrehten. Analyst Harry Gowers von der US-Bank JPMorgan erwartet eine ein- bis zweijährige Übergangsphase mit geringen Barmittelzuflüssen. Indes droht ein umfassender Streik der Piloten. Bei einer Urabstimmung votierte eine sehr deutliche Mehrheit für einen Arbeitskampf bei der Lufthansa-Kerngesellschaft und der Frachttochter Lufthansa Cargo.