Nachhaltigkeit

Green Finance auf dem Vormarsch

Die Emissionen im Bereich des Marktsegments Green und Sustainable Finance haben einen sehr guten Jahresauftakt erlebt. Immer mehr Emittenten springen auf diesen Zug auf. Das ist auch ein Ergebnis der Covid-19-Krise. Das Thema grün und nachhaltig wird immer höher auf der Agenda gewichtet.

Green Finance auf dem Vormarsch

kjo Frankfurt

Das Emissionsgeschäft mit nachhaltigen Finanzierungen – das sogenannte Green und Sustainable Finance – hat sich im ersten Quartal 2021 nochmals beschleunigt. Mit einem Emissionsvolumen von 199 Mrd. Euro wurde im Vergleich mit dem entsprechenden Vorjahresquartal (Volumen 50,2 Mrd. Euro) der vierfache Wert erreicht. Dies geht aus einer Studie von Capmarcon, einer auf Unternehmensfinanzierung spezialisierte Beratungsgesellschaft, hervor, die der Börsen-Zeitung vorab vorliegt. Damit knüpft das Marktsegment von Green und Sustainable Finance nahtlos an die gute Entwicklung des vorigen Jahres an. In der Krise kristallisierte sich heraus, dass das Thema grüner und nachhaltiger Finanzierungen einen immer höheren Stellenwert be­kommt – bei Investoren und Emittenten gleichermaßen. Klima- und Umweltprojekte sowie insbesondere auch soziale Aspekte werden immer stärker betont.

Auf öffentliche Kreditnehmer entfiel dabei ein Anteil von 63%. Finanzinstitute und Versicherungen begaben etwa 16% der weltweiten grünen Finanzierungen. Unternehmen der Realwirtschaft emittierten 21% der nachhaltigen Finanzinstrumente. Maßgeblich getrieben wurde diese Entwicklung laut Capmarcon vom staatlichen Finanzierungsgebaren. Zur teilweisen Kompensation der durch die Coronapolitik verursachten Kollateralschäden sei der Mittelbedarf der öffentlichen Hände massiv gestiegen, heißt es bei Capmarcon weiter. Drastisch zugenommen habe der insbesondere von Staaten begebene Anteil sozialer Finanzierungen. Die Kommission der Europäischen Union (EU) habe hierzu im Umfang von 39,5 Mrd. Euro im Jahr 2020 und von 14 Mrd. Euro im ersten Quartal 2021 maßgeblich beigetragen.

Enorme Anstiege

Die Anstiege sind enorm: Angesichts von fast 200 Mrd. Euro an neuen Green-Finance-Transaktionen in den ersten drei Monaten dieses Jahres kommt das erste Vierteljahr 2021 auf ein Plus gegenüber der Vorperiode von 27% und gegenüber der Vorjahresperiode von 297%. Die Zahl der arrangierten grünen Transaktionen sei von 176 im ersten Quartal 2020 auf nun 355 gestiegen, heißt es weiter.

Das durchschnittliche Emissionsvolumen sei in erster Linie aufgrund der vermehrten staatlichen Begebungen deutlich nach oben gegangen. Noch im ersten Halbjahr 2020 seien grüne Finanzinstrumente nur sehr verhalten verwendet, die Prioritäten anders gesetzt worden, heißt es bei Capmarcon. Doch mit wachsendem Finanzierungsbedarf sei es dann spätestens ab dem Schlussquartal 2020 zu einer Flut von Green Financing gekommen. Gestiegen ist auch die Zahl der Jumboemissionen mit einem Einzelvolumen von 1 Mrd. Euro und mehr: 43 Transaktionen im ersten Quartal 2021 verglichen mit 25 im Vorquartal und zwölf im Vorjahresquartal. Zudem hat es einen konstanten Anteil der Debüt-Emittenten gegeben. Von Januar bis März dieses Jahres kamen wieder zahlreiche Unternehmen an den Markt, die erstmals nachhaltige Finanzierungen einsetzten. Deren Transaktionsvolumen erreichte im ersten Quartal 2021 mit 102 Emissionen einen Gesamtwert von 47,5 Mrd. Euro. Ihr Anteil am Gesamtvolumen lag mit etwa 24% aber auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahresquartal. Die in dieser Zeit gestiegene durchschnittliche Emissionsgröße – aktuell 560 Mill. Euro statt zuvor 285 Mill. Euro – sei auf neue staatliche Emittenten zurückzuführen, die meist Emissionen im Umfang von mehreren Milliarden Euro arrangieren lassen würden.

Der Euro dominiert

Unter den Emissionswährungen für Green Financing habe der Euro seine Dominanz weiter erhöht, und zwar aufgrund der umfangreichen öffentlichen Transaktionen europäischer Staaten und der EU. Der Anteil des Euro am Gesamtvolumen stieg laut Capmarcon von 53% im ersten Quartal 2020 auf nunmehr 62%. Das verstärkte grüne Europageschäft habe maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung gehabt, aber auch Emittenten außerhalb Europas hätten zunehmend den Euro genutzt. Die Bedeutung des Dollar sei entsprechend zurückgegangen von 31% auf aktuell 26%. Auch wenn das relative Gewicht anderer Währungen mit Erstarken des Euros deutlich abgenommen habe, seien einige Währungen deutlich häufiger genutzt worden, so zum Beispiel die schwedische und norwegische Krone, und zwar aufgrund der immer stärker nachhaltig anlegenden skandinavischen Investoren. Skandinavien hat bei der Entwicklung von Green und Sustainable Finance in den vergangenen Jahren eine maßgebliche Rolle gespielt, insbesondere in Schweden und Norwegen wird das Thema seit Jahren großgeschrieben.

Realwirtschaft macht weniger

Der Anteil der Realwirtschaft ist deutlich rückläufig bei den europäischen Emissionen. Seien im ersten Quartal 2020 noch 45% der grünen Emissionen auf Unternehmen der Realwirtschaft entfallen, so seien es aktuell gerade einmal 22% gewesen. „Im gegenwärtigen Umfeld nutzen viele Unternehmen nicht die günstigen grünen Finanzierungsmöglichkeiten“, heißt es bei den Experten weiter. Anlass sei wohl meist der vermeintliche Aufwand, Geschäftsmodelle nachhaltiger zu gestalten. Gleichwohl habe sich der absolute Betrag im Quartalsvergleich auf rund 43 Mrd. Euro fast verdoppelt. Weiteres Wachstum hänge wesentlich vom künftigen Gestaltungswillen ab.