GesprächBirgitte Olsen, Bellevue Asset Management

„Jetzt sehen wir wieder Mittelzuflüsse“

Nach schweren Jahren haben sich die Bedingungen für europäische Small und Mid Caps jetzt deutlich gebessert, sagt Fondsmanagerin Birgitte Olsen. Nebenwerte seien günstig bewertet. Das Aufholpotenzial sei erheblich.

„Jetzt sehen wir wieder Mittelzuflüsse“

Im Gespräch: Birgitte Olsen

„Jetzt sehen wir wieder Mittelzuflüsse“

Die Lenkerin des Bellevue Europe Small Cap Fonds über die inzwischen wieder ausgezeichneten Perspektiven für Nebenwerte

Von Werner Rüppel, Frankfurt

Nach schweren Jahren haben sich die Bedingungen für europäische Small und Mid Caps deutlich gebessert, sagt Fondsmanagerin Birgitte Olsen. Alle Treiber für eine Erholung seien da. Vor allem seien Nebenwerte im Vergleich zu Large Caps noch günstig bewertet. Im Gespräch verrät sie einige ihrer Lieblingswerte.

Die vergangenen Jahre sind eine schwere Zeit für europäische Nebenwerte gewesen. Denn zulegen konnten in erster Linie die Large Caps. „Seit Ende 2021 sind wir mit europäischen Small und Mid Caps durch die Wüste gegangen. Jetzt ist die Durststrecke vorbei“, erklärt Birgitte Olsen, Head Entrepreneur Investments und Fondsmanagerin bei Bellevue Asset Management im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Small und Mid Caps seien bei Investoren zunehmend gefragt. Sie sehe inzwischen wieder Mittelzuflüsse. „Wenn ich mir die Welt anschaue, dann haben wir jetzt alle Treiber, die für eine Erholung zählen“, sagt sie. „Manche Anleger stehen zwar noch an der Seitenlinie, beginnen sich aber für das Segment zu interessieren.“

Wie die erfahrene Managerin des bereits 2011 aufgelegten Bellevue Entrepreneur Europe Small Aktienfonds erläutert, haben vor allem der Krieg in der Ukraine, die höheren Energiepreise, der Zusammenbruch der Lieferketten sowie die Rekordinflation und die daraus resultierende deutliche geldpolitische Straffung Nebenwerte belastet. Auch die Gewinne der Small und Mid Caps seinen daraufhin stark zurückgegangen. Dies habe dann zu einer Neubewertung des Sektors geführt. Klassischerweise hätten Nebenwerte ja eine Prämie von etwa 20% gegenüber Large Caps. Nur sei die Bewegung so weit gegangen, dass der Abschlag der Titel aus der zweiten Reihe fast 15% betragen habe.

Inzwischen habe sich das Umfeld wieder grundlegend geändert. Die Lieferketten hätten sich normalisiert und auch die Inflation sei wieder unter Kontrolle. „Small und Mid Caps profitieren von der aggressiven Lockerung der Geldpolitik durch die EZB, die Liquidität hat zugenommen und auch die Kreditvergabe“, sagt Olsen. „Hinzu kommt der historische Paradigmenwechsel in der deutschen Fiskalpolitik. Das Infrastrukturprogramm über 500 Mrd. Euro ist schon richtig groß. Es ist natürlich noch nicht angekommen, wird aber ein positiver Treiber für Wachstum sein.“

Talsohle durchschritten

Die konjunkturelle Ausgangslage sei gewesen: kein Wachstum in Europa und Negativwachstum in Deutschland. Dies ändere sich jetzt. „Die Frühindikatoren für Deutschland und Europa zeigen eindeutig nach oben“, erklärt Olsen. Die Talsohle sei durchschritten, 2026 und 2027 zeichne sich ein besseres Wirtschaftsumfeld ab. Treiber seien neben den massiven Verteidigungsausgaben die Investitionen in Infrastruktur.

Die Kurse der Nebenwerte hätten bereits angezogen, was sich nicht zuletzt auch in der Performance des gut 150 Mill. Euro schweren Fonds zeige. Dieser hat im laufenden Jahr bis Ende August 22,2% zugelegt, auch Sicht von drei Jahren errechnet sich eine Gesamtrendite von 50,9%. „Dabei sind europäische Small und Mid Caps immer noch relativ niedrig bewertet", erläutert die Fondslenkerin. "Wir haben also noch erhebliches Aufholpotenzial. Und die Gewinnentwicklung für 2026 bestätigt die Erholung.“

Worin der Fonds investiert

Investoren würden sich jetzt zunehmend wieder für Engagements abseits der großen Aktienindizes interessieren. „Wir sind ein fundamental ausgerichteter Stock-Picker-Fonds und setzten auf qualitativ hochwertige Unternehmen“, erläutert Olsen ihren Investmentansatz. „Uns gefallen eigentümergeführte Firmen mit starken Ankerinvestoren, einer hohen Eigenkapitalquote und einer mittel- bis langfristigen Perspektive.“

Ineffizienzen zunutze machen

Gerade bei Small Caps lohne es sich, genau hinzuschauen. „Es gibt viele Ineffizienzen bei Nebenwerten. Und diese wollen wir uns natürlich auch zunutze machen“, so die Fondsmanagerin. „Wir setzen nicht nur auf Wachstumswerte, sondern auch stark auf Value, sprich auf Unternehmen mit einem niedrigen KGV und einer hohen Dividendenrendite. Das ist sehr nützlich für unsere Outperformance.“

Olsen schaut auf viele Branchen. „Wir mögen Businessmodelle mehr als dass wir bestimmte Branchen bevorzugen. Seit Trump 2.0 und seiner Zollpolitik sind die Branchen auch weniger homogen geworden. Sie müssen da schon sehr genau auf die Position eines Unternehmens in den USA oder die Produktion in den USA schauen. Diese Störfaktoren helfen uns, denn wir waren schon immer Stockpicker“, sagt die Aktienexpertin. „Die Unternehmen in unserem Portfolio sind alle gut aufgestellt und weisen eine geringe Nettoverschuldung auf. Dadurch können diese Unternehmen auch ihren Cashflow für organisches Wachstum einsetzen.“

In Cloetta investiert

Olsen beschäftigt sich intensiv mit den Einzelwerten. „Wir sind zum Beispiel in Cloetta investiert, ein schwedischer Süßwarenhersteller. Wenn Sie bei Ikea sind, finden Sie dort die Süßigkeiten von Cloetta. Das kennt kaum jemand außerhalb Skandinaviens“, erläutert die Stockpickerin. „Eine andere unserer Top-Positionen ist die französische Virbac, ein globaler Spezialist für Tiergesundheit. Durch die Humanisierung der Haustiere ist Tiergesundheit ein robuster Wachstumsmarkt.“

Wichtig sei bei der Aktienauswahl vor allem Erfahrung. „Ich bin seit über 30 Jahre in der Finanzindustrie tätig. Dieses Portfolio und diese Strategien, das machen wir schon seit 20 Jahren.“