Geld oder BriefMitsubishi Electric

Mitsubishi Electric wächst mit Waffentechnik

Trotz Währungs- und Zollhürden erwartet der japanische Mischkonzern einen Rekordgewinn im neuen Geschäftsjahr. Wachstumstreiber ist das Rüstungsgeschäft.

Mitsubishi Electric wächst mit Waffentechnik

Mitsubishi Electric wächst mit Waffentechnik

Geld oder Brief

Von Martin Fritz, Tokio

Mit seiner Spartenstruktur ähnelt Mitsubishi Electric anderen klassischen Mischkonzernen in Japan wie Hitachi und Panasonic. Der Schwerpunkt liegt auf Geschäften rings um Infrastruktur und Elektronik und reicht von Steuerungen für elektrische Anlagen über Fabrikautomatisierung und Autoelektrik, Aufzüge und Klimaanlagen bis zu Halbleitern. Der Umsatz von 5,3 Bill. Yen von Mitsubishi Electric (ME) liegt rund 40% unter Hitachi und Panasonic, aber an der Börse ist der Konzern mit 6 Bill. Yen (37 Mrd. Euro) rund doppelt so viel wert wie Panasonic, aber zwei Drittel weniger als Hitachi, was sich mit Hitachis höherer operativer Marge und deutlich höherem Kurs-Gewinn-Verhältnis erklären lässt.

Rekordgewinn erwartet

Mitsubishi Electric gibt einen positiven Ausblick: Das Management strebt für das neue Geschäftsjahr (seit 1. April) einen Rekord-Betriebsgewinn von 430 Mrd. Yen (2,6 Mrd. Euro) an – trotz des Abzugs von 47 Mrd. Yen (288 Mill. Euro) durch die erwartete Aufwertung des Yen und von 30 Mrd. Yen (184 Mill. Euro) durch die Folgen der US-Zölle. Diese Kalkulation beruht auf dem 10%-Grundzoll und dem 25%-Tarif für Stahl und Aluminium. Zusätzliche Belastungen von bis zu 40 Mrd. Yen will ME durch Preiserhöhungen auffangen. Die operative Marge soll zum Vorjahr um 0,9 Punkte auf 8,0% steigen.

Die optimistische Prognose begründet ME mit dem erwarteten Wachstum des Infrastrukturgeschäfts. Hauptverantwortlich dafür ist die Subsparte „Verteidigung und Weltraumsysteme“. Hier erwartet ME einen Anstieg des Gewinns um 22% auf 35 Mrd. Yen und der Einnahmen um 16% auf 410 Mrd. Yen (2,5 Mrd. Euro), sodass die operative Marge auf 8,5% steigt. Als Gründe nannte der Konzern in einem separaten Briefing die Zunahme der Verteidigungsausgaben und die „grundlegende Stärkung“ der japanischen Abwehrfähigkeiten. Der Jahresumsatz mit Waffentechnik soll daher bis 2030 bei einer Marge von 10% auf 600 Mrd. Yen (3,7 Mrd. Euro) wachsen – eine sehr konservative Schätzung, denn allein in diesem Jahr rechnet der Konzern mit neuen Aufträgen im Volumen von 600 Mrd. Yen, vier Mal so viel wie 2023. Mitsubishi Electric ist seit den 1960er Jahren in der Rüstungsentwicklung tätig und auf Laser, Lenkflugkörper und Radar spezialisiert.

Japans Regierung verfolgt die Politik, die Verteidigungsausgaben in den fünf Jahren bis 2027 um insgesamt knapp zwei Drittel auf 2% der Wirtschaftsleistung schrittweise anzuheben. Sie verdoppelte die maximale Gewinnmarge, die Rüstungshersteller haben dürfen, um staatliche Aufträge zu erhalten, auf 15%, um die Branche finanziell zu unterstützen. Im Verlauf der letzten zehn Jahre lockerte die Regierung zudem die Exportbeschränkungen, ebenfalls mit der Absicht, die eigenen Hersteller zu stärken. Japan „ist ein seltener Fall, in dem ein Land über eine entwickelte Rüstungsindustrie verfügt, ohne etwas zu exportieren“, sagt CLSA-Analyst Edward Bourlet. Umgekehrt bedeutet dies jedoch auch, dass die japanischen Hersteller keine Auftraggeber im Ausland haben und Tauglichkeitsnachweise für ihre Systeme fehlen.

Vorreiter beim Rüstungsexport

Die fünf größten japanischen Rüstungsunternehmen (Mitsubishi Heavy Industries, Kawasaki Heavy Industries, Fujitsu, NEC und ME) erzielten 2023 lediglich einen Umsatz von 10 Mrd. Dollar, weniger als 2% der Weltausgaben, und bauten vor allem US-Waffen in Lizenz für die eigenen Streitkräfte. ME konzentriert sich auf (Abwehr-)Raketen- und Radarsysteme oder Komponenten davon, die im modernen Krieg unverzichtbar sind. Beim Export war ME daher ein Vorreiter: ME lieferte ein mobiles und ein stationäres Radarsystem für die militärische Luftraumüberwachung an die Philippinen. Als erster japanischer Hersteller kooperiert der Konzern seit knapp zwei Jahren mit einer ausländischen Regierung: Mit dem australischen Militär entwickelt man gemeinsam Lasertechnologien für Kampfjets und Panzer.

Fokus auf Kostensenkung

Trotz der auf längere Sicht guten Auftragslage dürfte der Anteil des Rüstungsgeschäfts am Gesamtumsatz von ME in den nächsten Jahren allerdings voraussichtlich nur rund 10% erreichen. Das könnte erklären, warum die Aktie vom Hype um Rüstungsaktien relativ wenig profitierte. Nomura-Analyst Masaya Yamasaki stuft die Aktie als „neutral“ ein und sein Zielpreis von 2.700 Yen liegt unter dem aktuellen Kurs. Aber mit einem aktuellen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 18 und einem Kurs-Buch-Verhältnis von 1,5 ist der Anteilschein moderat bewertet. Nomura prognostiziert einen Anstieg des Gewinns je Aktie von zuletzt 156 Yen um 11% auf 173,5 Yen im übernächsten Geschäftsjahr. Das Management hat die Aktionäre im Blick: Ende April verkündete es einen Aktienrückkauf über 100 Mrd. Yen (613 Mill. Euro). Die Dividende für 2024/5 betrug 50 Yen, das entspricht einer Rendite von 1,8%. Im neuen Jahr soll die Ausschüttung auf 55 Yen steigen.

Für die Aktie spricht auch das Bestreben, Kosten zu senken. Ein Beispiel ist der geplante Umbau der Lieferketten in China im Bereich Fabrikautomatisierung. Statt Teile und Produkte vor allem aus Japan nach China zu importieren, will man mehr chinesische Zulieferer und Produzenten gewinnen. Deren Produkte könnten im Niedrigpreissegment als Zweitmarken von ME in China positioniert werden. Die Japaner wären nur für Inspektionen und Wartung zuständig.