Nachhaltige Assets

Sustainability-Linked Bonds Konkurrenz für Green Bonds

Sustainability-Linked Bonds dürften 2022 das Wachstum des Green-Bond-Marktes verlangsamen und in einigen Sektoren verhindern, dass das Greenium zurückgeht.

Sustainability-Linked Bonds Konkurrenz für Green Bonds

Das sogenannte Greenium ist eine Besonderheit grüner Bonds. Es beschreibt die Höhe des Renditeabschlags, den Investoren zu akzeptieren bereit sind, wenn sie in grüne Anleihen anstatt in konventionelle Bonds investieren. Zuletzt ist das Greenium im Durchschnitt über den gesamten Markt hinweg zurückgegangen. Mitte März betrug es 2,64 Basispunkte. Und es dürfte im Verlauf des Jahres weiter fallen, auf einen Durchschnittswert von ca. zwei Basispunkten. Schaut man jedoch genauer in die einzelnen Branchen und auf deren Emittenten, so zeigen sich durchaus erhebliche Unterschiede in der Höhe der Renditeabschläge.

Grundsätzlich lässt sich das Greenium vor allem aus dem Ungleichgewicht von Angebot und Nachfrage erklären. Der steigenden Nachfrage nach grünen Bonds steht ein mitunter noch begrenztes Angebot der Emittenten entgegen. Obwohl sich das Emissionsvolumen 2021 laut Refinitiv mit 553 Mrd. US-Dollar gegenüber dem Vorjahr verdoppelt hat, machen die Green Bonds erst einen kleinen Anteil am gesamten Anleihemarkt aus.

Vor diesem Hintergrund weisen Sektoren, in denen die Emission grüner Bonds inzwischen Gang und Gäbe ist, ein geringeres Greenium auf. Zu diesen Branchen gehören insbesondere der Versorgungssektor und die Finanzinstitute. Dies ist leicht zu erklären. Der Versorgungssektor steht im Zentrum des grünen Transformationsprozesses und be­gibt strukturell eine große Anzahl grüner Anleihen. Und der Finanzsektor finanziert mit Krediten – oft mit großen Volumina im Immobilien­sektor – die Transformation seiner Kunden und hat deshalb einen großen Refinanzierungsbedarf. Zyklische Sektoren, wie zum Beispiel die Konsumgüterbranche, befinden sich hingegen zumeist noch in einem sehr frühen Stadium des Marktes für grüne Anleihen. Das Greenium fällt hier in der Regel höher aus. Im Bereich der zyklischen Konsumgüter etwa machte es zuletzt rund 13 Basispunkte aus. Die Anzahl grüner Bonds hat in den vergangenen Jahren beständig zugenommen. Und auch für das laufende Jahr ist mit einem weiterhin schnellen Wachstum zu rechnen. Anteil daran haben insbesondere Staaten bzw. überstaatliche Organisationen wie die EU. Zur Finanzierung des nachhaltigen Umbaus der Wirtschaft hat Brüssel eine Reihe von Programmen mit hohen Emissionsvolumina aufgelegt. Seit Anfang des Jahres hat zudem der Krieg in der Ukraine die Notwendigkeit deutlich gemacht, dass Europa von russischen Energieimporten unabhängig werden muss. Am 8. März stellte die Europäische Kommission Pläne für „Repower EU“ vor, ein Paket, das die Abhängigkeit Europas von russischen fossilen Brennstoffen weit vor 2030 beenden soll. Die Ausgabe von „Repower EU“-Gemeinschaftsschuldtiteln durch die Europäische Union in einem grünen Format scheint nach einer heftigen Debatte zwischen ihren Mitgliedstaaten inzwischen eine vernünftige Option zu sein. Aber auch von Seiten der Unternehmen kommen neue, starke Angebotsimpulse. Automobilhersteller und ihre Zulieferer begeben nunmehr regelmäßig Emissionen, um die Produktion sauberer Fahrzeuge zu finanzieren. Und auch der Chemiesektor hat sich auf den Markt für grüne Anleihen gewagt. Diese Entwicklung dürfte einen wichtigen Beitrag dazu leisten, dass die Renditeabschläge in Form des Greeniums weiter zurückgehen.

Dem ansteigenden Angebot an Green Bonds steht auf der anderen Seite eine ungebrochene Nachfrage gegenüber, die zuletzt auch durch den Einmarsch Russlands in der Ukraine weiter angestiegen ist. Im aktuell risikoaversen Umfeld steigt das Interesse von Investoren an sicheren Anlagen. Dabei setzen sie auch auf grüne Anleihen. Denn diese scheinen sich gegenüber klassischen Anleihen tendenziell besser zu verhalten. Dies könnte zum einen auf das defensivere Profil des grünen Anleiheuniversums sowie andererseits darauf zurückzuführen sein, dass der Markt davon ausgeht, dass die grüne Investorenbasis einen längeren Anlagehorizont im Blick hat, es folglich weniger schnell zu einem Abverkauf kommen könnte.

Die große Ungewissheit bei der Entwicklung des Greeniums liegt jedoch im verstärkten Aufkommen der sogenannten Sustainability-Linked Bonds. Anders als bei Green Bonds ist deren Mittelverwendung nicht projektgebunden, d.h., der Erlös steht für allgemeine Unternehmenszwecke zur Verfügung. Die konkreten Merkmale dieser Anleihen sind davon abhängig, ob der Emittent seine definierten Nachhaltigkeitsziele erreicht. Zuletzt ist dieses Marktsegment stark gewachsen. Sustainability-Linked Bonds haben den Primärmarkt im letzten Jahr mit einem Emissionsvolumen von über 100 Mrd. US-Dollar geradezu überflutet.

Hohes Maß an Flexibilität

Sustainability-Linked Bonds bieten ein hohes Maß an Flexibilität, da deren Zielbestimmung sozusagen in den Händen der emittierenden Un­ternehmen bleibt, was bei grünen, nachhaltigen oder sozialen Anleihen nicht der Fall ist. Es scheint daher wahrscheinlich, dass verschiedene Sektoren, insbesondere zyklische Branchen, verstärkt auf diesen Anleihetyp setzen könnten. In jenen Sektoren wird das Greenium dann stark vom Verhältnis zwischen grünen Anleihen und konventionellen Anleihen sowie Sustainability-Linked Bonds abhängen und könnte möglicherweise höher sein. Investoren sollten das Wachstum dieser Anlageklasse daher genau beobachten, denn deren Entwicklung wird entscheidende Auswirkungen auf das Gree­nium haben. Bei Unternehmen aus Sektoren, in denen zuungunsten der eigentlichen grünen Anleihen vermehrt Sustainability-Linked Bonds emittiert werden, wird das Greenium wohl in Folge steigen. Beispiele hierfür sind Industrieunternehmen – mit Ausnahme der Automobilhersteller, die keine Schwierigkeiten haben dürften, den „grünen“ Charakter ihrer Investitionen nachzuweisen. In Frage kommen darüber hinaus auch Unternehmen aus den Bereichen Konsumgüter, Pharma und Technologie sowie Unternehmen mit einem schwächeren operativen Leverage, d.h. mit einem größeren Anteil an Betriebsausgaben und variablen Kosten. Einen Gegensatz dazu bildet die Finanzbranche. Aus regulatorischen Gründen können Banken keine Sustainability-Linked Bonds emittieren. Bis auf Weiteres werden sie also nur grüne Anleihen emittieren. Insgesamt jedoch dürften Sustainability Linked Bonds 2022 das Wachstum des Green-Bond-Marktes verlangsamen und in den genannten Sektoren verhindern, dass das Greenium zurückgeht.